Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

der Geistliche von der Musik immer vergnügter wurde
und lustige Geschichten aus seiner Jugend erzählte:
wie auch er zur Vakanz über Berge und Thäler gezo¬
gen, und oft hungrig und durstig, aber immer fröhlich
gewesen, und wie eigentlich das ganze Studentenleben
eine große Vakanz sey zwischen der engen düstern Schule
und der ernsten Amtsarbeit -- da tranken die Studen¬
ten noch einmal herum, und stimmten dann frisch ein
Lied an, daß es weit in die Berge hineinschallte:

Nach Süden nun sich lenken
Die Vöglein allzumal,
Viel' Wandrer lustig schwenken
Die Hüt' im Morgenstrahl.
Das sind die Herrn Studenten,
Zum Thor hinaus es geht,
Auf ihren Instrumenten
Sie blasen zum Valet:
Ade in die Läng' und Breite
O Prag, wir ziehn in die Weite:
Et habeat bonam pacem,
Qui sedet post fornacem!
Nachts wir durch's Städtlein schweifen,
Die Fenster schimmern weit,
Am Fenster dreh'n und schleifen
Viel schön geputzte Leut.
Wir blasen vor den Thüren
Und haben Durst genung,
Das kommt vom Musiziren,
Herr Wirth, einen frischen Trunk!
Und siehe über ein Kleines
Mit einer Kanne Weines
Venit ex sua domo --
Beatus ille homo!

der Geiſtliche von der Muſik immer vergnuͤgter wurde
und luſtige Geſchichten aus ſeiner Jugend erzaͤhlte:
wie auch er zur Vakanz uͤber Berge und Thaͤler gezo¬
gen, und oft hungrig und durſtig, aber immer froͤhlich
geweſen, und wie eigentlich das ganze Studentenleben
eine große Vakanz ſey zwiſchen der engen duͤſtern Schule
und der ernſten Amtsarbeit — da tranken die Studen¬
ten noch einmal herum, und ſtimmten dann friſch ein
Lied an, daß es weit in die Berge hineinſchallte:

Nach Suͤden nun ſich lenken
Die Voͤglein allzumal,
Viel' Wandrer luſtig ſchwenken
Die Huͤt' im Morgenſtrahl.
Das ſind die Herrn Studenten,
Zum Thor hinaus es geht,
Auf ihren Inſtrumenten
Sie blaſen zum Valet:
Ade in die Laͤng' und Breite
O Prag, wir ziehn in die Weite:
Et habeat bonam pacem,
Qui sedet post fornacem!
Nachts wir durch's Staͤdtlein ſchweifen,
Die Fenſter ſchimmern weit,
Am Fenſter dreh'n und ſchleifen
Viel ſchoͤn geputzte Leut.
Wir blaſen vor den Thuͤren
Und haben Durſt genung,
Das kommt vom Muſiziren,
Herr Wirth, einen friſchen Trunk!
Und ſiehe uͤber ein Kleines
Mit einer Kanne Weines
Venit ex sua domo —
Beatus ille homo!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0132" n="122"/>
der Gei&#x017F;tliche von der Mu&#x017F;ik immer vergnu&#x0364;gter wurde<lb/>
und lu&#x017F;tige Ge&#x017F;chichten aus &#x017F;einer Jugend erza&#x0364;hlte:<lb/>
wie auch er zur Vakanz u&#x0364;ber Berge und Tha&#x0364;ler gezo¬<lb/>
gen, und oft hungrig und dur&#x017F;tig, aber immer fro&#x0364;hlich<lb/>
gewe&#x017F;en, und wie eigentlich das ganze Studentenleben<lb/>
eine große Vakanz &#x017F;ey zwi&#x017F;chen der engen du&#x0364;&#x017F;tern Schule<lb/>
und der ern&#x017F;ten Amtsarbeit &#x2014; da tranken die Studen¬<lb/>
ten noch einmal herum, und &#x017F;timmten dann fri&#x017F;ch ein<lb/>
Lied an, daß es weit in die Berge hinein&#x017F;challte:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Nach Su&#x0364;den nun &#x017F;ich lenken</l><lb/>
              <l>Die Vo&#x0364;glein allzumal,</l><lb/>
              <l>Viel' Wandrer lu&#x017F;tig &#x017F;chwenken</l><lb/>
              <l>Die Hu&#x0364;t' im Morgen&#x017F;trahl.</l><lb/>
              <l>Das &#x017F;ind die Herrn Studenten,</l><lb/>
              <l>Zum Thor hinaus es geht,</l><lb/>
              <l>Auf ihren In&#x017F;trumenten</l><lb/>
              <l>Sie bla&#x017F;en zum Valet:</l><lb/>
              <l>Ade in die La&#x0364;ng' und Breite</l><lb/>
              <l>O Prag, wir ziehn in die Weite:</l><lb/>
              <l rendition="#aq">Et habeat bonam pacem,</l><lb/>
              <l rendition="#aq">Qui sedet post fornacem!</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>Nachts wir durch's Sta&#x0364;dtlein &#x017F;chweifen,</l><lb/>
              <l>Die Fen&#x017F;ter &#x017F;chimmern weit,</l><lb/>
              <l>Am Fen&#x017F;ter dreh'n und &#x017F;chleifen</l><lb/>
              <l>Viel &#x017F;cho&#x0364;n geputzte Leut.</l><lb/>
              <l>Wir bla&#x017F;en vor den Thu&#x0364;ren</l><lb/>
              <l>Und haben Dur&#x017F;t genung,</l><lb/>
              <l>Das kommt vom Mu&#x017F;iziren,</l><lb/>
              <l>Herr Wirth, einen fri&#x017F;chen Trunk!</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;iehe u&#x0364;ber ein Kleines</l><lb/>
              <l>Mit einer Kanne Weines</l><lb/>
              <l rendition="#aq">Venit ex sua domo &#x2014;</l><lb/>
              <l rendition="#aq">Beatus ille homo!</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0132] der Geiſtliche von der Muſik immer vergnuͤgter wurde und luſtige Geſchichten aus ſeiner Jugend erzaͤhlte: wie auch er zur Vakanz uͤber Berge und Thaͤler gezo¬ gen, und oft hungrig und durſtig, aber immer froͤhlich geweſen, und wie eigentlich das ganze Studentenleben eine große Vakanz ſey zwiſchen der engen duͤſtern Schule und der ernſten Amtsarbeit — da tranken die Studen¬ ten noch einmal herum, und ſtimmten dann friſch ein Lied an, daß es weit in die Berge hineinſchallte: Nach Suͤden nun ſich lenken Die Voͤglein allzumal, Viel' Wandrer luſtig ſchwenken Die Huͤt' im Morgenſtrahl. Das ſind die Herrn Studenten, Zum Thor hinaus es geht, Auf ihren Inſtrumenten Sie blaſen zum Valet: Ade in die Laͤng' und Breite O Prag, wir ziehn in die Weite: Et habeat bonam pacem, Qui sedet post fornacem! Nachts wir durch's Staͤdtlein ſchweifen, Die Fenſter ſchimmern weit, Am Fenſter dreh'n und ſchleifen Viel ſchoͤn geputzte Leut. Wir blaſen vor den Thuͤren Und haben Durſt genung, Das kommt vom Muſiziren, Herr Wirth, einen friſchen Trunk! Und ſiehe uͤber ein Kleines Mit einer Kanne Weines Venit ex sua domo — Beatus ille homo!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines T… [mehr]

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/132
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/132>, abgerufen am 23.11.2024.