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Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

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Diejenigen aber/ welche wie oben gemeldt/
allererst umb den Medico schicken/ wann die
Hauß-Mittel nichts helffen wollen/ haben eben
einen gar zu kurtz barbirten Verstand/ und kön-
ten sicher ihre grobe einfältige Concepte auf
der Stockfisch-Mühl ein wenig poliren und
subtilisiren lassen. Solche Leuthe seyn natür-
lich wie die gebährenden Jgel/ dann wann diese
zur Geburth kommen/ und empfinden daß die
jungen Jgel mit ihrer stachlenden und spitzigen
Haut schon anfangen zu stechen/ schieben sie die
Geburth auf/ so viel immer möglich/ unterdes-
sen aber wächset die spitzige Haut je länger/ je
grösser/ und müssen nachmahls die Alten noch
grössere Schmertzen im Gebähren ausstehen;
bey mir lautet solches Aufschieben so viel/ als
wann in einem Hauß unversehens eine Feuers-
Brunst entstünde/ der Hauß-Vater aber sagte
zu seinem 4. Jährigen Kinde: gehe und schaue/
daß du das Feuer auslöschest/ ich will unterdes-
sen warten/ solst du endlich zu schwach darzu
seyn/ so werde ich nachmahls bey dem Brunn
schon Wasser schöpffen/ und die Brunst auf ein-
mahl löschen. Was wäre dieses nicht für eine
einfältige Anstalt/ gewißlich sie könte unter die
Hirn-Kranckheiten/ und dieser Hauß-Vater/
wann es das Heilige Evangelium nicht verbie-
then thäte/ unter die gewaltigsten General-

Nar-

Diejenigen aber/ welche wie oben gemeldt/
allererſt umb den Medico ſchicken/ wann die
Hauß-Mittel nichts helffen wollen/ haben eben
einen gar zu kurtz barbirten Verſtand/ und koͤn-
ten ſicher ihre grobe einfaͤltige Concepte auf
der Stockfiſch-Muͤhl ein wenig poliren und
ſubtiliſiren laſſen. Solche Leuthe ſeyn natuͤr-
lich wie die gebaͤhrenden Jgel/ dann wann dieſe
zur Geburth kommen/ und empfinden daß die
jungen Jgel mit ihrer ſtachlenden und ſpitzigen
Haut ſchon anfangen zu ſtechen/ ſchieben ſie die
Geburth auf/ ſo viel immer moͤglich/ unterdeſ-
ſen aber waͤchſet die ſpitzige Haut je laͤnger/ je
groͤſſer/ und muͤſſen nachmahls die Alten noch
groͤſſere Schmertzen im Gebaͤhren ausſtehen;
bey mir lautet ſolches Aufſchieben ſo viel/ als
wann in einem Hauß unverſehens eine Feuers-
Brunſt entſtuͤnde/ der Hauß-Vater aber ſagte
zu ſeinem 4. Jaͤhrigen Kinde: gehe und ſchaue/
daß du das Feuer ausloͤſcheſt/ ich will unterdeſ-
ſen warten/ ſolſt du endlich zu ſchwach darzu
ſeyn/ ſo werde ich nachmahls bey dem Brunn
ſchon Waſſer ſchoͤpffen/ und die Brunſt auf ein-
mahl loͤſchen. Was waͤre dieſes nicht fuͤr eine
einfaͤltige Anſtalt/ gewißlich ſie koͤnte unter die
Hirn-Kranckheiten/ und dieſer Hauß-Vater/
wann es das Heilige Evangelium nicht verbie-
then thaͤte/ unter die gewaltigſten General-

Nar-
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[1024/1040] Diejenigen aber/ welche wie oben gemeldt/ allererſt umb den Medico ſchicken/ wann die Hauß-Mittel nichts helffen wollen/ haben eben einen gar zu kurtz barbirten Verſtand/ und koͤn- ten ſicher ihre grobe einfaͤltige Concepte auf der Stockfiſch-Muͤhl ein wenig poliren und ſubtiliſiren laſſen. Solche Leuthe ſeyn natuͤr- lich wie die gebaͤhrenden Jgel/ dann wann dieſe zur Geburth kommen/ und empfinden daß die jungen Jgel mit ihrer ſtachlenden und ſpitzigen Haut ſchon anfangen zu ſtechen/ ſchieben ſie die Geburth auf/ ſo viel immer moͤglich/ unterdeſ- ſen aber waͤchſet die ſpitzige Haut je laͤnger/ je groͤſſer/ und muͤſſen nachmahls die Alten noch groͤſſere Schmertzen im Gebaͤhren ausſtehen; bey mir lautet ſolches Aufſchieben ſo viel/ als wann in einem Hauß unverſehens eine Feuers- Brunſt entſtuͤnde/ der Hauß-Vater aber ſagte zu ſeinem 4. Jaͤhrigen Kinde: gehe und ſchaue/ daß du das Feuer ausloͤſcheſt/ ich will unterdeſ- ſen warten/ ſolſt du endlich zu ſchwach darzu ſeyn/ ſo werde ich nachmahls bey dem Brunn ſchon Waſſer ſchoͤpffen/ und die Brunſt auf ein- mahl loͤſchen. Was waͤre dieſes nicht fuͤr eine einfaͤltige Anſtalt/ gewißlich ſie koͤnte unter die Hirn-Kranckheiten/ und dieſer Hauß-Vater/ wann es das Heilige Evangelium nicht verbie- then thaͤte/ unter die gewaltigſten General- Nar-

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Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 1024. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/1040>, abgerufen am 22.11.2024.