sich, umb nicht erkannt zu werden in derglei- chen Habit verstellen, die Leuthe betrügen, und offters die Reisende in denen Wäldern und Büschen, wo sie ihrer mächtig werden, wo nicht ermorden, wenigstens ihnen doch das Jhrige abnehmen, und wo mir anders recht ist, scheinet an denen Federn dieses Vogels er auch aus gleicher Arth zu seyn; und weil die Sonne zu rüste gehet, so kommt meine Her- ren Söhne, wir wollen unterdessen sehen, was uns unsere Meyer-Mutter gutes zugerichtet hat, und dieses Maul-Affens erwarten, umb unsern Spaß mit ihme zu haben, und zu se- hen, ob bey diesem Unkraut noch ein Halm schöner Weitzen wird anzutreffen seyn, wel- cher bey Abziehung seiner Larve und Abstrei- chung seiner Schmincke bald wird kunt wer- den. Wie nun Eckarth mit seinen zwey Gä- sten nach Hause kam, satzte ihnen die Meyer- Mutter eine abgesottene Milch mit Sem- meln eingebrockt, einen Ziegen-Käse, Butter und frisch gebacken Brod zur Vesper für; nachdem sie gessen hatten, meldete Eckarths Diener an, es sey der Ziegeuner vor der Thür und bäthe umb Audientz. Eckarth hieß ihn einkommen, und befahl ihm zu sitzen, darauff redete ihn Eckarth folgender Gestalt an: Mein Freund, wer ihr auch seyd, mich wundert sehr,
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ſich, umb nicht erkannt zu werden in derglei- chen Habit verſtellen, die Leuthe betruͤgen, und offters die Reiſende in denen Waͤldern und Buͤſchen, wo ſie ihrer maͤchtig werden, wo nicht ermorden, wenigſtens ihnen doch das Jhrige abnehmen, und wo mir anders recht iſt, ſcheinet an denen Federn dieſes Vogels er auch aus gleicher Arth zu ſeyn; und weil die Sonne zu ruͤſte gehet, ſo kommt meine Her- ren Soͤhne, wir wollen unterdeſſen ſehen, was uns unſere Meyer-Mutter gutes zugerichtet hat, und dieſes Maul-Affens erwarten, umb unſern Spaß mit ihme zu haben, und zu ſe- hen, ob bey dieſem Unkraut noch ein Halm ſchoͤner Weitzen wird anzutreffen ſeyn, wel- cher bey Abziehung ſeiner Larve und Abſtrei- chung ſeiner Schmincke bald wird kunt wer- den. Wie nun Eckarth mit ſeinen zwey Gaͤ- ſten nach Hauſe kam, ſatzte ihnen die Meyer- Mutter eine abgeſottene Milch mit Sem- meln eingebrockt, einen Ziegen-Kaͤſe, Butter und friſch gebacken Brod zur Veſper fuͤr; nachdem ſie geſſen hatten, meldete Eckarths Diener an, es ſey der Ziegeuner vor der Thuͤr und baͤthe umb Audientz. Eckarth hieß ihn einkommen, und befahl ihm zu ſitzen, darauff redete ihn Eckarth folgender Geſtalt an: Mein Freund, wer ihr auch ſeyd, mich wundert ſehr,
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ſich, umb nicht erkannt zu werden in derglei-
chen Habit verſtellen, die Leuthe betruͤgen,
und offters die Reiſende in denen Waͤldern
und Buͤſchen, wo ſie ihrer maͤchtig werden, wo
nicht ermorden, wenigſtens ihnen doch das
Jhrige abnehmen, und wo mir anders recht
iſt, ſcheinet an denen Federn dieſes Vogels er
auch aus gleicher Arth zu ſeyn; und weil die
Sonne zu ruͤſte gehet, ſo kommt meine Her-
ren Soͤhne, wir wollen unterdeſſen ſehen, was
uns unſere Meyer-Mutter gutes zugerichtet
hat, und dieſes Maul-Affens erwarten, umb
unſern Spaß mit ihme zu haben, und zu ſe-
hen, ob bey dieſem Unkraut noch ein Halm
ſchoͤner Weitzen wird anzutreffen ſeyn, wel-
cher bey Abziehung ſeiner Larve und Abſtrei-
chung ſeiner Schmincke bald wird kunt wer-
den. Wie nun Eckarth mit ſeinen zwey Gaͤ-
ſten nach Hauſe kam, ſatzte ihnen die Meyer-
Mutter eine abgeſottene Milch mit Sem-
meln eingebrockt, einen Ziegen-Kaͤſe, Butter
und friſch gebacken Brod zur Veſper fuͤr;
nachdem ſie geſſen hatten, meldete Eckarths
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und baͤthe umb Audientz. Eckarth hieß ihn
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/133>, abgerufen am 21.11.2024.
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