Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

genung, wenn er ihrer nun zehen haben solte,
würde der Edelmann und sein Schreiber mit ih-
me nicht zu rechte kommen. So muß wohl sein
Weib etliche Kloben Flachs zur Fröhne spinnen,
sonsten würde sie es auch wohl bleiben lassen. Der
Pfarr-Herr lächelte und fragte weiter, was
kanst du denn bethen? Jch antwortete: Das
Vater Unser, und wann ich mich schlaffen lege
oder auffstehe, mache ich mit der Hand drey
Creutze über den Leib und sage: Das walt
GOTT der Vater, GOTT der Sohn
und GOTT der Heilige Geist, Amen.
Wann wir essen, bethen wir HERR
GOTT
Himmlischer Vater etc. Nachdem
fragte der Pfarr-Herr: Hast du Lust zu dienen,
will ich dich zu mir nehmen und dich in deinen
Christenthum besser unterrichten. Wer war
froher als ich. Jch antwortete: Ja Herr
Pfarr Herr, ich werde ihm in allen willfährig
und gehorsam seyn. Hierauf nahm er mich an,
und muste ich auf ihn und seinen Bruder, der
ein Knabe in meinem Alter war, warten, die
Kleider sauber halten, und was mehr nöthig
war zutragen. Dieser sein Bruder hatte mich
gerne umb sich, und wann ich Zeit übrig hatte,
unterrichtete er mich im Lesen, so daß ich in einen
halben Jahr wohl lesen kunte. Hernach schrieb

er
Y y

genung, wenn er ihrer nun zehen haben ſolte,
wuͤrde der Edelmann und ſein Schreiber mit ih-
me nicht zu rechte kommen. So muß wohl ſein
Weib etliche Kloben Flachs zur Froͤhne ſpiñen,
ſonſten wuͤrde ſie es auch wohl bleibẽ laſſen. Der
Pfarr-Herr laͤchelte und fragte weiter, was
kanſt du denn bethen? Jch antwortete: Das
Vater Unſer, und wann ich mich ſchlaffen lege
oder auffſtehe, mache ich mit der Hand drey
Creutze uͤber den Leib und ſage: Das walt
GOTT der Vater, GOTT der Sohn
und GOTT der Heilige Geiſt, Amen.
Wann wir eſſen, bethen wir HERR
GOTT
Himmliſcher Vater ꝛc. Nachdem
fragte der Pfarr-Herr: Haſt du Luſt zu dienen,
will ich dich zu mir nehmen und dich in deinen
Chriſtenthum beſſer unterrichten. Wer war
froher als ich. Jch antwortete: Ja Herr
Pfarr Herr, ich werde ihm in allen willfaͤhrig
und gehorſam ſeyn. Hierauf nahm er mich an,
und muſte ich auf ihn und ſeinen Bruder, der
ein Knabe in meinem Alter war, warten, die
Kleider ſauber halten, und was mehr noͤthig
war zutragen. Dieſer ſein Bruder hatte mich
gerne umb ſich, und wann ich Zeit uͤbrig hatte,
unterrichtete er mich im Leſen, ſo daß ich in einen
halben Jahr wohl leſen kunte. Hernach ſchrieb

er
Y y
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0721" n="705"/>
genung, wenn er ihrer nun zehen haben &#x017F;olte,<lb/>
wu&#x0364;rde der Edelmann und &#x017F;ein Schreiber mit ih-<lb/>
me nicht zu rechte kommen. So muß wohl &#x017F;ein<lb/>
Weib etliche Kloben Flachs zur Fro&#x0364;hne &#x017F;pin&#x0303;en,<lb/>
&#x017F;on&#x017F;ten wu&#x0364;rde &#x017F;ie es auch wohl bleibe&#x0303; la&#x017F;&#x017F;en. Der<lb/>
Pfarr-Herr la&#x0364;chelte und fragte weiter, was<lb/>
kan&#x017F;t du denn bethen? Jch antwortete: Das<lb/>
Vater Un&#x017F;er, und wann ich mich &#x017F;chlaffen lege<lb/>
oder auff&#x017F;tehe, mache ich mit der Hand drey<lb/>
Creutze u&#x0364;ber den Leib und &#x017F;age: Das walt<lb/><hi rendition="#fr">GOTT</hi> der Vater, <hi rendition="#fr">GOTT</hi> der Sohn<lb/>
und <hi rendition="#fr">GOTT</hi> der Heilige Gei&#x017F;t, Amen.<lb/>
Wann wir e&#x017F;&#x017F;en, bethen wir <hi rendition="#fr">HERR<lb/>
GOTT</hi> Himmli&#x017F;cher Vater &#xA75B;c. Nachdem<lb/>
fragte der Pfarr-Herr: Ha&#x017F;t du Lu&#x017F;t zu dienen,<lb/>
will ich dich zu mir nehmen und dich in deinen<lb/>
Chri&#x017F;tenthum be&#x017F;&#x017F;er unterrichten. Wer war<lb/>
froher als ich. Jch antwortete: Ja Herr<lb/>
Pfarr Herr, ich werde ihm in allen willfa&#x0364;hrig<lb/>
und gehor&#x017F;am &#x017F;eyn. Hierauf nahm er mich an,<lb/>
und mu&#x017F;te ich auf ihn und &#x017F;einen Bruder, der<lb/>
ein Knabe in meinem Alter war, warten, die<lb/>
Kleider &#x017F;auber halten, und was mehr no&#x0364;thig<lb/>
war zutragen. Die&#x017F;er &#x017F;ein Bruder hatte mich<lb/>
gerne umb &#x017F;ich, und wann ich Zeit u&#x0364;brig hatte,<lb/>
unterrichtete er mich im Le&#x017F;en, &#x017F;o daß ich in einen<lb/>
halben Jahr wohl le&#x017F;en kunte. Hernach &#x017F;chrieb<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y y</fw><fw place="bottom" type="catch">er</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[705/0721] genung, wenn er ihrer nun zehen haben ſolte, wuͤrde der Edelmann und ſein Schreiber mit ih- me nicht zu rechte kommen. So muß wohl ſein Weib etliche Kloben Flachs zur Froͤhne ſpiñen, ſonſten wuͤrde ſie es auch wohl bleibẽ laſſen. Der Pfarr-Herr laͤchelte und fragte weiter, was kanſt du denn bethen? Jch antwortete: Das Vater Unſer, und wann ich mich ſchlaffen lege oder auffſtehe, mache ich mit der Hand drey Creutze uͤber den Leib und ſage: Das walt GOTT der Vater, GOTT der Sohn und GOTT der Heilige Geiſt, Amen. Wann wir eſſen, bethen wir HERR GOTT Himmliſcher Vater ꝛc. Nachdem fragte der Pfarr-Herr: Haſt du Luſt zu dienen, will ich dich zu mir nehmen und dich in deinen Chriſtenthum beſſer unterrichten. Wer war froher als ich. Jch antwortete: Ja Herr Pfarr Herr, ich werde ihm in allen willfaͤhrig und gehorſam ſeyn. Hierauf nahm er mich an, und muſte ich auf ihn und ſeinen Bruder, der ein Knabe in meinem Alter war, warten, die Kleider ſauber halten, und was mehr noͤthig war zutragen. Dieſer ſein Bruder hatte mich gerne umb ſich, und wann ich Zeit uͤbrig hatte, unterrichtete er mich im Leſen, ſo daß ich in einen halben Jahr wohl leſen kunte. Hernach ſchrieb er Y y

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/721
Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 705. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/721>, abgerufen am 22.11.2024.