Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.Als müsse aus gähnendem Felsenthor
Der schwarze Ritter jäh sprengen hervor, Und der Wasserklang, der zum Ohre ihr dringt, Ganz wie sein spöttisches Lachen ihr klingt. Doch Alles bleibt ruhig, in sonniger Pracht, So friedlich, so traulich die Erde rings lacht, Sie fühlt wie ihr Herze aufathmet so leicht, Wie süße Ruhe es heimlich beschleicht, Da schwindet all' Grauen, in Rosenpracht mild Versinket sein ängstlich, unheimliches Bild. Im Schatten der Eiche, welch' köstliche Rast, So ganz bei den Rehen und Hirschen zu Gast! Jung Heinrich pflegt nach dem Mahl nicht der Ruh', Er rufet die Schützen, die Hunde herzu, Stürmt jubelnd die blumigen Auen hinan, Zu schauen, zu spüren ein Wild sich im Tann. Sophia in wonniger, seltener Lust, Athmet die Waldluft mit wogender Brust, In lieblichen Träumen die Blumen sie bricht, Zum Kranze, zur Kurzweil ihr Finger sie sticht, Und Nella wandelt in Wiese und Hain Und sammelt der Fürstin die Blüthen ein. Und weiter und weiter auf blumigem Pfad Hat sich schon Nella dem Abgrund genaht, Da sprossen und nicken am grauen Gestein Zwei blutrothe Nelken im Sonnenschein, Sanft senkt sich der Berg hier, Grasstreifen breit Furchen die Felswand des Breitengescheid, Ein wenig nur klettern, ein wenig nur Muth, Dann wandelt's am Felsen sich sicher und gut! Und Nella, sie wagt es, sie sieht es sich ab Als müſſe aus gähnendem Felſenthor
Der ſchwarze Ritter jäh ſprengen hervor, Und der Waſſerklang, der zum Ohre ihr dringt, Ganz wie ſein ſpöttiſches Lachen ihr klingt. Doch Alles bleibt ruhig, in ſonniger Pracht, So friedlich, ſo traulich die Erde rings lacht, Sie fühlt wie ihr Herze aufathmet ſo leicht, Wie ſüße Ruhe es heimlich beſchleicht, Da ſchwindet all' Grauen, in Roſenpracht mild Verſinket ſein ängſtlich, unheimliches Bild. Im Schatten der Eiche, welch' köſtliche Raſt, So ganz bei den Rehen und Hirſchen zu Gaſt! Jung Heinrich pflegt nach dem Mahl nicht der Ruh', Er rufet die Schützen, die Hunde herzu, Stürmt jubelnd die blumigen Auen hinan, Zu ſchauen, zu ſpüren ein Wild ſich im Tann. Sophia in wonniger, ſeltener Luſt, Athmet die Waldluft mit wogender Bruſt, In lieblichen Träumen die Blumen ſie bricht, Zum Kranze, zur Kurzweil ihr Finger ſie ſticht, Und Nella wandelt in Wieſe und Hain Und ſammelt der Fürſtin die Blüthen ein. Und weiter und weiter auf blumigem Pfad Hat ſich ſchon Nella dem Abgrund genaht, Da ſproſſen und nicken am grauen Geſtein Zwei blutrothe Nelken im Sonnenſchein, Sanft ſenkt ſich der Berg hier, Grasſtreifen breit Furchen die Felswand des Breitengeſcheid, Ein wenig nur klettern, ein wenig nur Muth, Dann wandelt's am Felſen ſich ſicher und gut! Und Nella, ſie wagt es, ſie ſieht es ſich ab <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0136" n="122"/> <lg n="4"> <l>Als müſſe aus gähnendem Felſenthor</l><lb/> <l>Der ſchwarze Ritter jäh ſprengen hervor,</l><lb/> <l>Und der Waſſerklang, der zum Ohre ihr dringt,</l><lb/> <l>Ganz wie ſein ſpöttiſches Lachen ihr klingt.</l><lb/> <l>Doch Alles bleibt ruhig, in ſonniger Pracht,</l><lb/> <l>So friedlich, ſo traulich die Erde rings lacht,</l><lb/> <l>Sie fühlt wie ihr Herze aufathmet ſo leicht,</l><lb/> <l>Wie ſüße Ruhe es heimlich beſchleicht,</l><lb/> <l>Da ſchwindet all' Grauen, in Roſenpracht mild</l><lb/> <l>Verſinket ſein ängſtlich, unheimliches Bild.</l><lb/> <l>Im Schatten der Eiche, welch' köſtliche Raſt,</l><lb/> <l>So ganz bei den Rehen und Hirſchen zu Gaſt!</l><lb/> <l>Jung Heinrich pflegt nach dem Mahl nicht der Ruh',</l><lb/> <l>Er rufet die Schützen, die Hunde herzu,</l><lb/> <l>Stürmt jubelnd die blumigen Auen hinan,</l><lb/> <l>Zu ſchauen, zu ſpüren ein Wild ſich im Tann.</l><lb/> <l>Sophia in wonniger, ſeltener Luſt,</l><lb/> <l>Athmet die Waldluft mit wogender Bruſt,</l><lb/> <l>In lieblichen Träumen die Blumen ſie bricht,</l><lb/> <l>Zum Kranze, zur Kurzweil ihr Finger ſie ſticht,</l><lb/> <l>Und Nella wandelt in Wieſe und Hain</l><lb/> <l>Und ſammelt der Fürſtin die Blüthen ein.</l><lb/> <l>Und weiter und weiter auf blumigem Pfad</l><lb/> <l>Hat ſich ſchon Nella dem Abgrund genaht,</l><lb/> <l>Da ſproſſen und nicken am grauen Geſtein</l><lb/> <l>Zwei blutrothe Nelken im Sonnenſchein,</l><lb/> <l>Sanft ſenkt ſich der Berg hier, Grasſtreifen breit</l><lb/> <l>Furchen die Felswand des Breitengeſcheid,</l><lb/> <l>Ein wenig nur klettern, ein wenig nur Muth,</l><lb/> <l>Dann wandelt's am Felſen ſich ſicher und gut!</l><lb/> <l>Und Nella, ſie wagt es, ſie ſieht es ſich ab</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [122/0136]
Als müſſe aus gähnendem Felſenthor
Der ſchwarze Ritter jäh ſprengen hervor,
Und der Waſſerklang, der zum Ohre ihr dringt,
Ganz wie ſein ſpöttiſches Lachen ihr klingt.
Doch Alles bleibt ruhig, in ſonniger Pracht,
So friedlich, ſo traulich die Erde rings lacht,
Sie fühlt wie ihr Herze aufathmet ſo leicht,
Wie ſüße Ruhe es heimlich beſchleicht,
Da ſchwindet all' Grauen, in Roſenpracht mild
Verſinket ſein ängſtlich, unheimliches Bild.
Im Schatten der Eiche, welch' köſtliche Raſt,
So ganz bei den Rehen und Hirſchen zu Gaſt!
Jung Heinrich pflegt nach dem Mahl nicht der Ruh',
Er rufet die Schützen, die Hunde herzu,
Stürmt jubelnd die blumigen Auen hinan,
Zu ſchauen, zu ſpüren ein Wild ſich im Tann.
Sophia in wonniger, ſeltener Luſt,
Athmet die Waldluft mit wogender Bruſt,
In lieblichen Träumen die Blumen ſie bricht,
Zum Kranze, zur Kurzweil ihr Finger ſie ſticht,
Und Nella wandelt in Wieſe und Hain
Und ſammelt der Fürſtin die Blüthen ein.
Und weiter und weiter auf blumigem Pfad
Hat ſich ſchon Nella dem Abgrund genaht,
Da ſproſſen und nicken am grauen Geſtein
Zwei blutrothe Nelken im Sonnenſchein,
Sanft ſenkt ſich der Berg hier, Grasſtreifen breit
Furchen die Felswand des Breitengeſcheid,
Ein wenig nur klettern, ein wenig nur Muth,
Dann wandelt's am Felſen ſich ſicher und gut!
Und Nella, ſie wagt es, ſie ſieht es ſich ab
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