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Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.

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Und der Wind erhebt sich leise,
Streift mit kühlem Athem seufzend
Um die Stirn des Waldkinds, daß die
Goldbraunlock'gen Haare wehen,
Wie ein Heil'genschein, im Glanze
Zitternd klaren Sonnenlichtes,
Und er streift die Blüthenglocken
Und die Gräser auf der Halde,
Daß sie grün und lautlos wogen,
Wie ein Meer von Wehmuthsthränen.
Und die Hulden senken traurig
Ihre rosigen Gesichtlein,
Sprechen zu dem Schmetterlinge:
"Schmeichle tröstend um die Arme,
Bringe Du ihr uns're Küsse,
Sage ihr, die Liebesfeien
Schweben vor den Thron der Minne,
Süßes Glück ihr zu erflehen;
Tröste, tröste unsern Liebling."
Und das bunte Pfauenauge
Flattert drauf um Guda's Wangen,
Flüstert leis ins Ohr den Auftrag;
Aber bittrer schluchzt das Mägdlein,
Und die blauen Glockenblumen
Tragen selt'nen Thau im Kelche,
Thau, der sie zu Boden drücket
Mit der Last geheimer Sehnsucht,
Thränenthau aus Mädchenaugen,
Still geweint im Leid der Liebe!
Hulden, Vögel, Blumen lauschten,
Ob die Maid all' ihren Jammer
Und der Wind erhebt ſich leiſe,
Streift mit kühlem Athem ſeufzend
Um die Stirn des Waldkinds, daß die
Goldbraunlock'gen Haare wehen,
Wie ein Heil'genſchein, im Glanze
Zitternd klaren Sonnenlichtes,
Und er ſtreift die Blüthenglocken
Und die Gräſer auf der Halde,
Daß ſie grün und lautlos wogen,
Wie ein Meer von Wehmuthsthränen.
Und die Hulden ſenken traurig
Ihre roſigen Geſichtlein,
Sprechen zu dem Schmetterlinge:
„Schmeichle tröſtend um die Arme,
Bringe Du ihr unſ're Küſſe,
Sage ihr, die Liebesfeien
Schweben vor den Thron der Minne,
Süßes Glück ihr zu erflehen;
Tröſte, tröſte unſern Liebling.“
Und das bunte Pfauenauge
Flattert drauf um Guda's Wangen,
Flüſtert leis ins Ohr den Auftrag;
Aber bittrer ſchluchzt das Mägdlein,
Und die blauen Glockenblumen
Tragen ſelt'nen Thau im Kelche,
Thau, der ſie zu Boden drücket
Mit der Laſt geheimer Sehnſucht,
Thränenthau aus Mädchenaugen,
Still geweint im Leid der Liebe!
Hulden, Vögel, Blumen lauſchten,
Ob die Maid all' ihren Jammer
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[151/0165] Und der Wind erhebt ſich leiſe, Streift mit kühlem Athem ſeufzend Um die Stirn des Waldkinds, daß die Goldbraunlock'gen Haare wehen, Wie ein Heil'genſchein, im Glanze Zitternd klaren Sonnenlichtes, Und er ſtreift die Blüthenglocken Und die Gräſer auf der Halde, Daß ſie grün und lautlos wogen, Wie ein Meer von Wehmuthsthränen. Und die Hulden ſenken traurig Ihre roſigen Geſichtlein, Sprechen zu dem Schmetterlinge: „Schmeichle tröſtend um die Arme, Bringe Du ihr unſ're Küſſe, Sage ihr, die Liebesfeien Schweben vor den Thron der Minne, Süßes Glück ihr zu erflehen; Tröſte, tröſte unſern Liebling.“ Und das bunte Pfauenauge Flattert drauf um Guda's Wangen, Flüſtert leis ins Ohr den Auftrag; Aber bittrer ſchluchzt das Mägdlein, Und die blauen Glockenblumen Tragen ſelt'nen Thau im Kelche, Thau, der ſie zu Boden drücket Mit der Laſt geheimer Sehnſucht, Thränenthau aus Mädchenaugen, Still geweint im Leid der Liebe! Hulden, Vögel, Blumen lauſchten, Ob die Maid all' ihren Jammer

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Zitationshilfe: Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/165>, abgerufen am 15.05.2024.