Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886. "Pax vobiscum"! nickt der Alte, Und das Fräulein sprengt von dannen, Silberhelle Flocken rieseln Abgestreifet von den Tannen; Doch der Klausner wächst und reckt sich, Schaut ihr nach und lacht verstohlen: "Für den Heller, Jungfrau Nella, Will ich mir den Ablaß holen, Wenn ich frecher Raubgeselle Jene schwere Schuld begangen, Mir ein Mäuslein, hinterlistig, Sammt dem Herzen einzufangen!" -- An dem Burgthor fragte Nella,
Forschte eifrig beim Gesinde Nach dem alten, fremden Klausner Mit der räthselhaften Binde Vor dem Munde. Doch sie hörte Nur die theilnahmslose Mähre, Daß er schon seit langen Jahren Oefters Gast beim Ritter wäre, Daß er drüben auf dem Berge Gegenüber einsam hause; Dort der Wachtthurm, holzgezimmert, Bilde seine stille Klause. Nella hört's und seufzt und sinnet, Greift zu Spindel, Flachs und Rade, Schreitet zu des Ohms Gemache Nieder von der Kemenate, Setzt sich schweigend zum Kamine, Auf der Männer Rede lauschend, v. Eschstruth, Katz' und Maus. 11
„Pax vobiscum“! nickt der Alte, Und das Fräulein ſprengt von dannen, Silberhelle Flocken rieſeln Abgeſtreifet von den Tannen; Doch der Klausner wächſt und reckt ſich, Schaut ihr nach und lacht verſtohlen: „Für den Heller, Jungfrau Nella, Will ich mir den Ablaß holen, Wenn ich frecher Raubgeſelle Jene ſchwere Schuld begangen, Mir ein Mäuslein, hinterliſtig, Sammt dem Herzen einzufangen!“ — An dem Burgthor fragte Nella,
Forſchte eifrig beim Geſinde Nach dem alten, fremden Klausner Mit der räthſelhaften Binde Vor dem Munde. Doch ſie hörte Nur die theilnahmsloſe Mähre, Daß er ſchon ſeit langen Jahren Oefters Gaſt beim Ritter wäre, Daß er drüben auf dem Berge Gegenüber einſam hauſe; Dort der Wachtthurm, holzgezimmert, Bilde ſeine ſtille Klauſe. Nella hört's und ſeufzt und ſinnet, Greift zu Spindel, Flachs und Rade, Schreitet zu des Ohms Gemache Nieder von der Kemenate, Setzt ſich ſchweigend zum Kamine, Auf der Männer Rede lauſchend, v. Eſchſtruth, Katz' und Maus. 11
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„Pax vobiscum“! nickt der Alte,
Und das Fräulein ſprengt von dannen,
Silberhelle Flocken rieſeln
Abgeſtreifet von den Tannen;
Doch der Klausner wächſt und reckt ſich,
Schaut ihr nach und lacht verſtohlen:
„Für den Heller, Jungfrau Nella,
Will ich mir den Ablaß holen,
Wenn ich frecher Raubgeſelle
Jene ſchwere Schuld begangen,
Mir ein Mäuslein, hinterliſtig,
Sammt dem Herzen einzufangen!“ —
An dem Burgthor fragte Nella,
Forſchte eifrig beim Geſinde
Nach dem alten, fremden Klausner
Mit der räthſelhaften Binde
Vor dem Munde. Doch ſie hörte
Nur die theilnahmsloſe Mähre,
Daß er ſchon ſeit langen Jahren
Oefters Gaſt beim Ritter wäre,
Daß er drüben auf dem Berge
Gegenüber einſam hauſe;
Dort der Wachtthurm, holzgezimmert,
Bilde ſeine ſtille Klauſe.
Nella hört's und ſeufzt und ſinnet,
Greift zu Spindel, Flachs und Rade,
Schreitet zu des Ohms Gemache
Nieder von der Kemenate,
Setzt ſich ſchweigend zum Kamine,
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