Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.Ewig stummen Edelfräulein,
Eine wie die Andre, Oheim, Nein, die konnten mich nicht reizen. Doch das Mäuslein mit den scharfen Zähnen und der scharfen Zunge, Die so gröblich mich behandelt, Wie's ein Raubgesell verdienet, Aber niemals noch erfahren, Die ist just nach meinem Sinne; Und ich schwör's bei meiner Ehre, Sie wird mein! -- Doch laßt's genug sein, Wundert Euch nicht meiner Rede, Wisst, der "tolle" Junker spricht sie. Hier die andern Brieflein. -- Prüft sie, Sind aus Meister Gottfrieds Sacke." Eifrig griff nach ihnen Wunfried, Neigte sich und las und las sie; Endlich zuckt er auf vor Schrecken, Ließ die Pergamente sinken Und starrt' sprachlos in die Flammen. "Also war's vergeblich -- -- Alles!" Murmelt er mit bleichen Wangen. -- "Was? was ist vergeblich, Oheim?" "Graf von Eppstein ist der Schlinge, Ist der Holzenburg entkommen, Hier dies Brieflein bringt die Kunde An das Sanct Kartäuser Kloster, Daß statt über Eisenach er Hat den Weg nach Cöln genommen." Und des Abtes Hände knittern Aufgeregt das Unglücksschreiben, Ewig ſtummen Edelfräulein,
Eine wie die Andre, Oheim, Nein, die konnten mich nicht reizen. Doch das Mäuslein mit den ſcharfen Zähnen und der ſcharfen Zunge, Die ſo gröblich mich behandelt, Wie's ein Raubgeſell verdienet, Aber niemals noch erfahren, Die iſt juſt nach meinem Sinne; Und ich ſchwör's bei meiner Ehre, Sie wird mein! — Doch laßt's genug ſein, Wundert Euch nicht meiner Rede, Wiſſt, der „tolle“ Junker ſpricht ſie. Hier die andern Brieflein. — Prüft ſie, Sind aus Meiſter Gottfrieds Sacke.“ Eifrig griff nach ihnen Wunfried, Neigte ſich und las und las ſie; Endlich zuckt er auf vor Schrecken, Ließ die Pergamente ſinken Und ſtarrt' ſprachlos in die Flammen. „Alſo war's vergeblich — — Alles!“ Murmelt er mit bleichen Wangen. — „Was? was iſt vergeblich, Oheim?“ „Graf von Eppſtein iſt der Schlinge, Iſt der Holzenburg entkommen, Hier dies Brieflein bringt die Kunde An das Sanct Kartäuſer Kloſter, Daß ſtatt über Eiſenach er Hat den Weg nach Cöln genommen.“ Und des Abtes Hände knittern Aufgeregt das Unglücksſchreiben, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0066" n="52"/> <lg n="3"> <l>Ewig ſtummen Edelfräulein,</l><lb/> <l>Eine wie die Andre, Oheim,</l><lb/> <l>Nein, die konnten mich nicht reizen.</l><lb/> <l>Doch das Mäuslein mit den ſcharfen</l><lb/> <l>Zähnen und der ſcharfen Zunge,</l><lb/> <l>Die ſo gröblich mich behandelt,</l><lb/> <l>Wie's ein Raubgeſell verdienet,</l><lb/> <l>Aber niemals noch erfahren,</l><lb/> <l>Die iſt juſt nach meinem Sinne;</l><lb/> <l>Und ich ſchwör's bei meiner Ehre,</l><lb/> <l>Sie wird mein! — Doch laßt's genug ſein,</l><lb/> <l>Wundert Euch nicht meiner Rede,</l><lb/> <l>Wiſſt, der „tolle“ Junker ſpricht ſie.</l><lb/> <l>Hier die andern Brieflein. — Prüft ſie,</l><lb/> <l>Sind aus Meiſter Gottfrieds Sacke.“</l><lb/> <l>Eifrig griff nach ihnen Wunfried,</l><lb/> <l>Neigte ſich und las und las ſie;</l><lb/> <l>Endlich zuckt er auf vor Schrecken,</l><lb/> <l>Ließ die Pergamente ſinken</l><lb/> <l>Und ſtarrt' ſprachlos in die Flammen.</l><lb/> <l>„Alſo war's vergeblich — — Alles!“</l><lb/> <l>Murmelt er mit bleichen Wangen.</l><lb/> <l>— „Was? was iſt vergeblich, Oheim?“</l><lb/> <l>„Graf von Eppſtein iſt der Schlinge,</l><lb/> <l>Iſt der Holzenburg entkommen,</l><lb/> <l>Hier dies Brieflein bringt die Kunde</l><lb/> <l>An das Sanct Kartäuſer Kloſter,</l><lb/> <l>Daß ſtatt über Eiſenach er</l><lb/> <l>Hat den Weg nach Cöln genommen.“</l><lb/> <l>Und des Abtes Hände knittern</l><lb/> <l>Aufgeregt das Unglücksſchreiben,</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [52/0066]
Ewig ſtummen Edelfräulein,
Eine wie die Andre, Oheim,
Nein, die konnten mich nicht reizen.
Doch das Mäuslein mit den ſcharfen
Zähnen und der ſcharfen Zunge,
Die ſo gröblich mich behandelt,
Wie's ein Raubgeſell verdienet,
Aber niemals noch erfahren,
Die iſt juſt nach meinem Sinne;
Und ich ſchwör's bei meiner Ehre,
Sie wird mein! — Doch laßt's genug ſein,
Wundert Euch nicht meiner Rede,
Wiſſt, der „tolle“ Junker ſpricht ſie.
Hier die andern Brieflein. — Prüft ſie,
Sind aus Meiſter Gottfrieds Sacke.“
Eifrig griff nach ihnen Wunfried,
Neigte ſich und las und las ſie;
Endlich zuckt er auf vor Schrecken,
Ließ die Pergamente ſinken
Und ſtarrt' ſprachlos in die Flammen.
„Alſo war's vergeblich — — Alles!“
Murmelt er mit bleichen Wangen.
— „Was? was iſt vergeblich, Oheim?“
„Graf von Eppſtein iſt der Schlinge,
Iſt der Holzenburg entkommen,
Hier dies Brieflein bringt die Kunde
An das Sanct Kartäuſer Kloſter,
Daß ſtatt über Eiſenach er
Hat den Weg nach Cöln genommen.“
Und des Abtes Hände knittern
Aufgeregt das Unglücksſchreiben,
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