virginis. Hur ist eine kothige, daher: "hur im "rothen rocke", bekannt ist. Von den witben ist in obseru. feudalibus und in der angezogenen disp. gehandelt worden. Söne und töchter durften nicht leichte frühe heiraten. Indessen heiset das sprüchwort: "armer leute rinder, und reicher "leute kinder sind bald feil". Die unverheirate- ten töchter trugen einen schnatz, oder fliegende hare, die verehelichten eine haube. Ein weib träget kei- nen bastard, d. i. die mutter wird wegen der un- ehelichen kinder als eine rechte mutter, ausser bei verdammter vermischung und der lehnsfolge, an- gesehen, Hertparoem. 4 s. 262 B. I, Pistorius cent. 3 paroem. 11 s. 259. Sie durften auch der mutter wapen nicht füren.
§ 77
Zwitter oder altfiele heiset eine person beiderleivon den zwittern. geschlechts, oder der 2 geburtsglider hat. Altfiel ist ein hoher fehler. Sie erbeten anfänglich nicht, iedoch nachher. Zwitter nennet man unter den menschen, thieren und pflanzen diejenigen ge- wächse, die entweder von zweierlei geschlechte, oder geschlechts-glidern sind, welche eigentlich zwitter heisen, oder von zweierlei besonderer materie etwas an sich haben. Unter den menschen und thieren zweifelt man billig an den zwittern, oder läugnet die eigentlichen zwitter vielmehr, als unmöglich. Denn die abirrung an einem geburtsglide, da z. e. bei weibespersonen sich etwas grösseres noch zeiget, machet keinen zwitter, öconomisches lexicon sp. 3390.
Sie-
der Teutſchen nach dem geſchlechte.
virginis. Hur iſt eine kothige, daher: „hur im „rothen rocke„, bekannt iſt. Von den witben iſt in obſeru. feudalibus und in der angezogenen diſp. gehandelt worden. Soͤne und toͤchter durften nicht leichte fruͤhe heiraten. Indeſſen heiſet das ſpruͤchwort: „armer leute rinder, und reicher „leute kinder ſind bald feil„. Die unverheirate- ten toͤchter trugen einen ſchnatz, oder fliegende hare, die verehelichten eine haube. Ein weib traͤget kei- nen baſtard, d. i. die mutter wird wegen der un- ehelichen kinder als eine rechte mutter, auſſer bei verdammter vermiſchung und der lehnsfolge, an- geſehen, Hertparoem. 4 ſ. 262 B. I, Piſtorius cent. 3 paroem. 11 ſ. 259. Sie durften auch der mutter wapen nicht fuͤren.
§ 77
Zwitter oder altfiele heiſet eine perſon beiderleivon den zwittern. geſchlechts, oder der 2 geburtsglider hat. Altfiel iſt ein hoher fehler. Sie erbeten anfaͤnglich nicht, iedoch nachher. Zwitter nennet man unter den menſchen, thieren und pflanzen diejenigen ge- waͤchſe, die entweder von zweierlei geſchlechte, oder geſchlechts-glidern ſind, welche eigentlich zwitter heiſen, oder von zweierlei beſonderer materie etwas an ſich haben. Unter den menſchen und thieren zweifelt man billig an den zwittern, oder laͤugnet die eigentlichen zwitter vielmehr, als unmoͤglich. Denn die abirrung an einem geburtsglide, da z. e. bei weibesperſonen ſich etwas groͤſſeres noch zeiget, machet keinen zwitter, oͤconomiſches lexicon ſp. 3390.
Sie-
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der Teutſchen nach dem geſchlechte.
virginis. Hur iſt eine kothige, daher: „hur im
„rothen rocke„, bekannt iſt. Von den witben iſt in
obſeru. feudalibus und in der angezogenen diſp.
gehandelt worden. Soͤne und toͤchter durften
nicht leichte fruͤhe heiraten. Indeſſen heiſet das
ſpruͤchwort: „armer leute rinder, und reicher
„leute kinder ſind bald feil„. Die unverheirate-
ten toͤchter trugen einen ſchnatz, oder fliegende hare,
die verehelichten eine haube. Ein weib traͤget kei-
nen baſtard, d. i. die mutter wird wegen der un-
ehelichen kinder als eine rechte mutter, auſſer bei
verdammter vermiſchung und der lehnsfolge, an-
geſehen, Hert paroem. 4 ſ. 262 B. I, Piſtorius
cent. 3 paroem. 11 ſ. 259. Sie durften auch der
mutter wapen nicht fuͤren.
§ 77
Zwitter oder altfiele heiſet eine perſon beiderlei
geſchlechts, oder der 2 geburtsglider hat. Altfiel
iſt ein hoher fehler. Sie erbeten anfaͤnglich
nicht, iedoch nachher. Zwitter nennet man unter
den menſchen, thieren und pflanzen diejenigen ge-
waͤchſe, die entweder von zweierlei geſchlechte, oder
geſchlechts-glidern ſind, welche eigentlich zwitter
heiſen, oder von zweierlei beſonderer materie etwas
an ſich haben. Unter den menſchen und thieren
zweifelt man billig an den zwittern, oder laͤugnet die
eigentlichen zwitter vielmehr, als unmoͤglich. Denn
die abirrung an einem geburtsglide, da z. e. bei
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Estor, Johann Georg: Bürgerliche rechtsgelehrsamkeit der Teutschen. Bd. 1. Marburg, 1757, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit01_1757/41>, abgerufen am 21.11.2024.
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