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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 2. Marburg, 1758.

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Vorrede.

Die kaiser und Reichs-fürsten hilten ehedem selbst
gerichte, besage Joh. Joachim Müllers t. I
der juristisch-historischen electorum s. 201-214. Ein
alt-fränkischer saz für einen, der nur fürlesungen
hält, oder ein secretär ist, und wir haben verlesen etc.
aufsezet. Gleichwohl findet diser saz im betreffe der
gerichtbarkeit wegen der after-lehne, den grösten
nuz; angesehen wo der kaiser hinkam, alle andre
gerichtbarkeit still stand; folglich erkannte auch selbi-
ger über die after-lehne. Nachdem aber dise kai-
serlichen erkenntnisse aufgehöret haben; so lässet sich
auch daher kein grund herleiten, daß der kaiser noch
izt über after-lehne in erster instanz zu richten
habe.

Die lehre von dem schöffen-stule zu Achen schei-
net dem überflüssig zu seyn, der nicht weis, was
für schwere irrungen zwischen dem schöffen-meister
und dem schöffen-stule in der Reichs-stadt Achen an
einem, sodann dem bürgermeister und stadt-rahte
daselbst, am andern teile, oft vorwalten. Der
schöffen-stul ist ein kaiserliches appellations-gericht
disseits der Alpen gewest. Man appellirete dahin
von den unter-gerichten aus den Geldrischen, Lütti-
chischen, Limburgischen, Clevischen, Brabantischen,
Cöllnischen und Jülichischen landen, auch aus den
Reichs-städten. Von disem schöffen-stule und
dessen sprüchen wurde darauf an die höchste Reichs-
gerichte appelliret, wie noch beschihet. Der stadt-
raht wollte behaubten, daß die schöffen nur aus
der stadt Achen zu erkisen wären; da hergegen der
schöffen-stul darauf bestand, daß er auch auswär-
tige glider in solchen zihen könne, wie die acten bei

dem
Vorrede.

Die kaiſer und Reichs-fuͤrſten hilten ehedem ſelbſt
gerichte, beſage Joh. Joachim Muͤllers t. I
der juriſtiſch-hiſtoriſchen electorum ſ. 201-214. Ein
alt-fraͤnkiſcher ſaz fuͤr einen, der nur fuͤrleſungen
haͤlt, oder ein ſecretaͤr iſt, und wir haben verleſen ꝛc.
aufſezet. Gleichwohl findet diſer ſaz im betreffe der
gerichtbarkeit wegen der after-lehne, den groͤſten
nuz; angeſehen wo der kaiſer hinkam, alle andre
gerichtbarkeit ſtill ſtand; folglich erkannte auch ſelbi-
ger uͤber die after-lehne. Nachdem aber diſe kai-
ſerlichen erkenntniſſe aufgehoͤret haben; ſo laͤſſet ſich
auch daher kein grund herleiten, daß der kaiſer noch
izt uͤber after-lehne in erſter inſtanz zu richten
habe.

Die lehre von dem ſchoͤffen-ſtule zu Achen ſchei-
net dem uͤberfluͤſſig zu ſeyn, der nicht weis, was
fuͤr ſchwere irrungen zwiſchen dem ſchoͤffen-meiſter
und dem ſchoͤffen-ſtule in der Reichs-ſtadt Achen an
einem, ſodann dem buͤrgermeiſter und ſtadt-rahte
daſelbſt, am andern teile, oft vorwalten. Der
ſchoͤffen-ſtul iſt ein kaiſerliches appellations-gericht
diſſeits der Alpen geweſt. Man appellirete dahin
von den unter-gerichten aus den Geldriſchen, Luͤtti-
chiſchen, Limburgiſchen, Cleviſchen, Brabantiſchen,
Coͤllniſchen und Juͤlichiſchen landen, auch aus den
Reichs-ſtaͤdten. Von diſem ſchoͤffen-ſtule und
deſſen ſpruͤchen wurde darauf an die hoͤchſte Reichs-
gerichte appelliret, wie noch beſchihet. Der ſtadt-
raht wollte behaubten, daß die ſchoͤffen nur aus
der ſtadt Achen zu erkiſen waͤren; da hergegen der
ſchoͤffen-ſtul darauf beſtand, daß er auch auswaͤr-
tige glider in ſolchen zihen koͤnne, wie die acten bei

dem
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[8/0012] Vorrede. Die kaiſer und Reichs-fuͤrſten hilten ehedem ſelbſt gerichte, beſage Joh. Joachim Muͤllers t. I der juriſtiſch-hiſtoriſchen electorum ſ. 201-214. Ein alt-fraͤnkiſcher ſaz fuͤr einen, der nur fuͤrleſungen haͤlt, oder ein ſecretaͤr iſt, und wir haben verleſen ꝛc. aufſezet. Gleichwohl findet diſer ſaz im betreffe der gerichtbarkeit wegen der after-lehne, den groͤſten nuz; angeſehen wo der kaiſer hinkam, alle andre gerichtbarkeit ſtill ſtand; folglich erkannte auch ſelbi- ger uͤber die after-lehne. Nachdem aber diſe kai- ſerlichen erkenntniſſe aufgehoͤret haben; ſo laͤſſet ſich auch daher kein grund herleiten, daß der kaiſer noch izt uͤber after-lehne in erſter inſtanz zu richten habe. Die lehre von dem ſchoͤffen-ſtule zu Achen ſchei- net dem uͤberfluͤſſig zu ſeyn, der nicht weis, was fuͤr ſchwere irrungen zwiſchen dem ſchoͤffen-meiſter und dem ſchoͤffen-ſtule in der Reichs-ſtadt Achen an einem, ſodann dem buͤrgermeiſter und ſtadt-rahte daſelbſt, am andern teile, oft vorwalten. Der ſchoͤffen-ſtul iſt ein kaiſerliches appellations-gericht diſſeits der Alpen geweſt. Man appellirete dahin von den unter-gerichten aus den Geldriſchen, Luͤtti- chiſchen, Limburgiſchen, Cleviſchen, Brabantiſchen, Coͤllniſchen und Juͤlichiſchen landen, auch aus den Reichs-ſtaͤdten. Von diſem ſchoͤffen-ſtule und deſſen ſpruͤchen wurde darauf an die hoͤchſte Reichs- gerichte appelliret, wie noch beſchihet. Der ſtadt- raht wollte behaubten, daß die ſchoͤffen nur aus der ſtadt Achen zu erkiſen waͤren; da hergegen der ſchoͤffen-ſtul darauf beſtand, daß er auch auswaͤr- tige glider in ſolchen zihen koͤnne, wie die acten bei dem

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 2. Marburg, 1758, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit02_1758/12>, abgerufen am 25.04.2024.