Das alte Teutsche recht hat der hohe adel, unddie verzichte können auch bei neuen gütern ein- gefüret wer- den. die meresten geschlechter des nidern adels beibehal- ten. Es ist auch kein zweifel, daß in den neuern zeiten durch die gewonheit und gedinge eben der- gleichen recht, wegen der neu erworbenen erb-güter eingefüret werden könne, der freiherr von Cramer de filia nobili vi consuetudinis vel pacti familiae renunc. cap. I § 2 und T. I opusc. s. 215 fg.
§ 3207
Die verzicht einer ausgestatteten weibes-per-worauf deren inhalt zu richten ist? son, muß haubtsächlich in sich fassen: daß sie auf alle väterliche, auch mütterliche, brüderliche und vetterliche erbschaft, auch anfälle ewigen verzicht tue, und desfalls einen körperlichen eid schwöre, so wahr ihr Gott helfe. Darnebst hat sie einen be- sondern verzichts-brif unter irer und ires ehege- mals hand und sigel auszustellen, Müller in den annal. Sax. s. 408, Aufdiener am a. o. s. 66. Jn der Hanauischen erbteilungs-urkunde vom jare 1458 wurde daher gesezet: daß die gräfin Margareta nebst irem gemale verzicht leisten sollten in bester form, ehe sie beischlifen. Wofern aber derselben bruder one männliche erben abgehen würde, sollten die töchter folgen, und ihnen die verzicht daran nicht schaden.
§ 3208
Die verzichte beschehen jeweilen 1) auf abster-auf welche fälle die ver- zichte gerich- tet werden? ben der brüder one leibes-erben, 2) bisweilen auf absterben derselben one männliche leibes-erben, Aufdiener am a. o. s. 66, 69, Schoepfsdecis. 157, Hanauische erb-vereinigung vom jare 1610, 1643, von Neumann am a. o. § 101 s. 73 fgg., 3) bis- weilen auf erlöschung der ganzen männlichen ab- kunft der brüder, wie z. e. die Jülichische prinzes-
sin
von den verzichten der toͤchter ꝛc.
§ 3206
Das alte Teutſche recht hat der hohe adel, unddie verzichte koͤnnen auch bei neuen guͤtern ein- gefuͤret wer- den. die mereſten geſchlechter des nidern adels beibehal- ten. Es iſt auch kein zweifel, daß in den neuern zeiten durch die gewonheit und gedinge eben der- gleichen recht, wegen der neu erworbenen erb-guͤter eingefuͤret werden koͤnne, der freiherr von Cramer de filia nobili vi conſuetudinis vel pacti familiae renunc. cap. I § 2 und T. I opuſc. ſ. 215 fg.
§ 3207
Die verzicht einer ausgeſtatteten weibes-per-worauf deren inhalt zu richten iſt? ſon, muß haubtſaͤchlich in ſich faſſen: daß ſie auf alle vaͤterliche, auch muͤtterliche, bruͤderliche und vetterliche erbſchaft, auch anfaͤlle ewigen verzicht tue, und desfalls einen koͤrperlichen eid ſchwoͤre, ſo wahr ihr Gott helfe. Darnebſt hat ſie einen be- ſondern verzichts-brif unter irer und ires ehege- mals hand und ſigel auszuſtellen, Muͤller in den annal. Sax. ſ. 408, Aufdiener am a. o. ſ. 66. Jn der Hanauiſchen erbteilungs-urkunde vom jare 1458 wurde daher geſezet: daß die graͤfin Margareta nebſt irem gemale verzicht leiſten ſollten in beſter form, ehe ſie beiſchlifen. Wofern aber derſelben bruder one maͤnnliche erben abgehen wuͤrde, ſollten die toͤchter folgen, und ihnen die verzicht daran nicht ſchaden.
§ 3208
Die verzichte beſchehen jeweilen 1) auf abſter-auf welche faͤlle die ver- zichte gerich- tet werden? ben der bruͤder one leibes-erben, 2) bisweilen auf abſterben derſelben one maͤnnliche leibes-erben, Aufdiener am a. o. ſ. 66, 69, Schoepfsdeciſ. 157, Hanauiſche erb-vereinigung vom jare 1610, 1643, von Neumann am a. o. § 101 ſ. 73 fgg., 3) bis- weilen auf erloͤſchung der ganzen maͤnnlichen ab- kunft der bruͤder, wie z. e. die Juͤlichiſche prinzeſ-
ſin
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0205"n="155"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">von den verzichten der toͤchter ꝛc.</hi></fw><lb/><divn="3"><head>§ 3206</head><lb/><p>Das alte Teutſche recht hat der hohe adel, und<noteplace="right">die verzichte<lb/>
koͤnnen auch<lb/>
bei neuen<lb/>
guͤtern ein-<lb/>
gefuͤret wer-<lb/>
den.</note><lb/>
die mereſten geſchlechter des nidern adels beibehal-<lb/>
ten. Es iſt auch kein zweifel, daß in den neuern<lb/>
zeiten durch die gewonheit und gedinge eben der-<lb/>
gleichen recht, wegen der neu erworbenen erb-guͤter<lb/>
eingefuͤret werden koͤnne, der freiherr <hirendition="#fr">von Cramer</hi><lb/><hirendition="#aq">de filia nobili vi conſuetudinis vel pacti familiae<lb/>
renunc.</hi> cap. <hirendition="#aq">I</hi> § 2 und <hirendition="#aq">T. I opuſc.</hi>ſ. 215 fg.</p></div><lb/><divn="3"><head>§ 3207</head><lb/><p>Die verzicht einer ausgeſtatteten weibes-per-<noteplace="right">worauf deren<lb/>
inhalt zu<lb/>
richten iſt?</note><lb/>ſon, muß haubtſaͤchlich in ſich faſſen: daß ſie auf<lb/>
alle vaͤterliche, auch muͤtterliche, bruͤderliche und<lb/>
vetterliche erbſchaft, auch anfaͤlle ewigen verzicht<lb/>
tue, und desfalls einen koͤrperlichen eid ſchwoͤre, ſo<lb/>
wahr ihr Gott helfe. Darnebſt hat ſie einen be-<lb/>ſondern verzichts-brif unter irer und ires ehege-<lb/>
mals hand und ſigel auszuſtellen, <hirendition="#fr">Muͤller</hi> in den<lb/><hirendition="#aq">annal. Sax.</hi>ſ. 408, <hirendition="#fr">Aufdiener</hi> am a. o. ſ. 66. Jn<lb/>
der Hanauiſchen erbteilungs-urkunde vom jare 1458<lb/>
wurde daher geſezet: daß die graͤfin Margareta<lb/>
nebſt irem gemale verzicht leiſten ſollten in beſter<lb/>
form, ehe ſie beiſchlifen. Wofern aber derſelben<lb/>
bruder one maͤnnliche erben abgehen wuͤrde, ſollten<lb/>
die toͤchter folgen, und ihnen die verzicht daran<lb/>
nicht ſchaden.</p></div><lb/><divn="3"><head>§ 3208</head><lb/><p>Die verzichte beſchehen jeweilen 1) auf abſter-<noteplace="right">auf welche<lb/>
faͤlle die ver-<lb/>
zichte gerich-<lb/>
tet werden?</note><lb/>
ben der bruͤder one leibes-erben, 2) bisweilen auf<lb/>
abſterben derſelben one maͤnnliche leibes-erben,<lb/><hirendition="#fr">Aufdiener</hi> am a. o. ſ. 66, 69, <hirendition="#fr">Schoepfs</hi><hirendition="#aq">deciſ.</hi><lb/>
157, Hanauiſche erb-vereinigung vom jare 1610, 1643,<lb/><hirendition="#fr">von Neumann</hi> am a. o. § 101 ſ. 73 fgg., 3) bis-<lb/>
weilen auf erloͤſchung der ganzen maͤnnlichen ab-<lb/>
kunft der bruͤder, wie z. e. die Juͤlichiſche prinzeſ-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſin</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[155/0205]
von den verzichten der toͤchter ꝛc.
§ 3206
Das alte Teutſche recht hat der hohe adel, und
die mereſten geſchlechter des nidern adels beibehal-
ten. Es iſt auch kein zweifel, daß in den neuern
zeiten durch die gewonheit und gedinge eben der-
gleichen recht, wegen der neu erworbenen erb-guͤter
eingefuͤret werden koͤnne, der freiherr von Cramer
de filia nobili vi conſuetudinis vel pacti familiae
renunc. cap. I § 2 und T. I opuſc. ſ. 215 fg.
die verzichte
koͤnnen auch
bei neuen
guͤtern ein-
gefuͤret wer-
den.
§ 3207
Die verzicht einer ausgeſtatteten weibes-per-
ſon, muß haubtſaͤchlich in ſich faſſen: daß ſie auf
alle vaͤterliche, auch muͤtterliche, bruͤderliche und
vetterliche erbſchaft, auch anfaͤlle ewigen verzicht
tue, und desfalls einen koͤrperlichen eid ſchwoͤre, ſo
wahr ihr Gott helfe. Darnebſt hat ſie einen be-
ſondern verzichts-brif unter irer und ires ehege-
mals hand und ſigel auszuſtellen, Muͤller in den
annal. Sax. ſ. 408, Aufdiener am a. o. ſ. 66. Jn
der Hanauiſchen erbteilungs-urkunde vom jare 1458
wurde daher geſezet: daß die graͤfin Margareta
nebſt irem gemale verzicht leiſten ſollten in beſter
form, ehe ſie beiſchlifen. Wofern aber derſelben
bruder one maͤnnliche erben abgehen wuͤrde, ſollten
die toͤchter folgen, und ihnen die verzicht daran
nicht ſchaden.
worauf deren
inhalt zu
richten iſt?
§ 3208
Die verzichte beſchehen jeweilen 1) auf abſter-
ben der bruͤder one leibes-erben, 2) bisweilen auf
abſterben derſelben one maͤnnliche leibes-erben,
Aufdiener am a. o. ſ. 66, 69, Schoepfs deciſ.
157, Hanauiſche erb-vereinigung vom jare 1610, 1643,
von Neumann am a. o. § 101 ſ. 73 fgg., 3) bis-
weilen auf erloͤſchung der ganzen maͤnnlichen ab-
kunft der bruͤder, wie z. e. die Juͤlichiſche prinzeſ-
ſin
auf welche
faͤlle die ver-
zichte gerich-
tet werden?
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 2. Marburg, 1758, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit02_1758/205>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.