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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 2. Marburg, 1758.

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LXX haubtstück
§ 2911
wie die Rö-
mischen testa-
mente einge-
füret worden
sind?

Die feierlichen oder Römischen testamente sind
erst mit dem Justinianischen rechte eingefüret wor-
den, Hert vol. II T. III s. 100 wie dann Tacitus
cap. 20 § 6 von keinen testamenten gewust hat.
Jn betracht den Teutschen die erhaltung des ge-
schlechtes der stamm- und erbgüter gar sehr am
herzen lag, war ihnen das testaments-wesen ver-
hast, freiherr von Senkenberg de grauamine in
legitima
cap. 1 § 4 s. 10, Reineccius am a. o.
§ 10 s. 32 fg. derowegen bliben die testamente den
Teutschen unbekannt, Kopp am a. o. § 2 s. 123
fg., folglich lässet sich die macht: über etwas testi-
ren zu dürfen, von den Römischen gesäzen auf
den Teutschen zustand nicht durchgängig reimen,
Stein am a. o. § 161 s. 180. Jn Geldern hat
man noch keine testamente, van Sande in descript.
Geldr.
s. 147 Jn Gröningen, Ober-Yssel, kan über
die unbeweglichen güter nicht testiret werden; vil-
mehr wird das rückfalls-recht (jus recadentiä) da-
her geleitet, welches im Jülichischen und Bergischen
im brauche ist, daß nämlich unbewegliche güter auf
die nächsten erben fallen, daher sie gekommen sind.
Sihe des herrn professor Sorbers disp. de iure
reuolutionis seu recadentiae,
Wormsische refor-
mation II, IIIItes buch tit. 7, Heineccius am a. o.
§ 19 § 21, 22, 23 § 24, Brückners disp. de iure
recadentiae.
Gestalt die Teutschen gewonheiten
überhaubt bei errichtung der lezten willen dahin
abzwecketen, daß die nächsten erben in der erb-
folge nicht verlezet werden mögten; daher deren
gehelung darzu erfodert wurde. Jmmaßen dann
auch die erbgedinge der lezten willensstiftung ire
kraft entzihen.

§ 2912
LXX haubtſtuͤck
§ 2911
wie die Roͤ-
miſchen teſta-
mente einge-
fuͤret worden
ſind?

Die feierlichen oder Roͤmiſchen teſtamente ſind
erſt mit dem Juſtinianiſchen rechte eingefuͤret wor-
den, Hert vol. II T. III ſ. 100 wie dann Tacitus
cap. 20 § 6 von keinen teſtamenten gewuſt hat.
Jn betracht den Teutſchen die erhaltung des ge-
ſchlechtes der ſtamm- und erbguͤter gar ſehr am
herzen lag, war ihnen das teſtaments-weſen ver-
haſt, freiherr von Senkenberg de grauamine in
legitima
cap. 1 § 4 ſ. 10, Reineccius am a. o.
§ 10 ſ. 32 fg. derowegen bliben die teſtamente den
Teutſchen unbekannt, Kopp am a. o. § 2 ſ. 123
fg., folglich laͤſſet ſich die macht: uͤber etwas teſti-
ren zu duͤrfen, von den Roͤmiſchen geſaͤzen auf
den Teutſchen zuſtand nicht durchgaͤngig reimen,
Stein am a. o. § 161 ſ. 180. Jn Geldern hat
man noch keine teſtamente, van Sande in deſcript.
Geldr.
ſ. 147 Jn Groͤningen, Ober-Yſſel, kan uͤber
die unbeweglichen guͤter nicht teſtiret werden; vil-
mehr wird das ruͤckfalls-recht (jus recadentiaͤ) da-
her geleitet, welches im Juͤlichiſchen und Bergiſchen
im brauche iſt, daß naͤmlich unbewegliche guͤter auf
die naͤchſten erben fallen, daher ſie gekommen ſind.
Sihe des herrn profeſſor Sorbers diſp. de iure
reuolutionis ſeu recadentiae,
Wormſiſche refor-
mation II, IIIItes buch tit. 7, Heineccius am a. o.
§ 19 § 21, 22, 23 § 24, Bruͤckners diſp. de iure
recadentiae.
Geſtalt die Teutſchen gewonheiten
uͤberhaubt bei errichtung der lezten willen dahin
abzwecketen, daß die naͤchſten erben in der erb-
folge nicht verlezet werden moͤgten; daher deren
gehelung darzu erfodert wurde. Jmmaßen dann
auch die erbgedinge der lezten willensſtiftung ire
kraft entzihen.

§ 2912
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[22/0074] LXX haubtſtuͤck § 2911 Die feierlichen oder Roͤmiſchen teſtamente ſind erſt mit dem Juſtinianiſchen rechte eingefuͤret wor- den, Hert vol. II T. III ſ. 100 wie dann Tacitus cap. 20 § 6 von keinen teſtamenten gewuſt hat. Jn betracht den Teutſchen die erhaltung des ge- ſchlechtes der ſtamm- und erbguͤter gar ſehr am herzen lag, war ihnen das teſtaments-weſen ver- haſt, freiherr von Senkenberg de grauamine in legitima cap. 1 § 4 ſ. 10, Reineccius am a. o. § 10 ſ. 32 fg. derowegen bliben die teſtamente den Teutſchen unbekannt, Kopp am a. o. § 2 ſ. 123 fg., folglich laͤſſet ſich die macht: uͤber etwas teſti- ren zu duͤrfen, von den Roͤmiſchen geſaͤzen auf den Teutſchen zuſtand nicht durchgaͤngig reimen, Stein am a. o. § 161 ſ. 180. Jn Geldern hat man noch keine teſtamente, van Sande in deſcript. Geldr. ſ. 147 Jn Groͤningen, Ober-Yſſel, kan uͤber die unbeweglichen guͤter nicht teſtiret werden; vil- mehr wird das ruͤckfalls-recht (jus recadentiaͤ) da- her geleitet, welches im Juͤlichiſchen und Bergiſchen im brauche iſt, daß naͤmlich unbewegliche guͤter auf die naͤchſten erben fallen, daher ſie gekommen ſind. Sihe des herrn profeſſor Sorbers diſp. de iure reuolutionis ſeu recadentiae, Wormſiſche refor- mation II, IIIItes buch tit. 7, Heineccius am a. o. § 19 § 21, 22, 23 § 24, Bruͤckners diſp. de iure recadentiae. Geſtalt die Teutſchen gewonheiten uͤberhaubt bei errichtung der lezten willen dahin abzwecketen, daß die naͤchſten erben in der erb- folge nicht verlezet werden moͤgten; daher deren gehelung darzu erfodert wurde. Jmmaßen dann auch die erbgedinge der lezten willensſtiftung ire kraft entzihen. § 2912

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 2. Marburg, 1758, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit02_1758/74>, abgerufen am 01.05.2024.