dreien königen nach quasimodogeniti und nach Mi- chaelis gehalten. An den gedachten tagen gehet das gericht um 8 uhr an, so bald der stadt-raht aus der Marien-kirche sich auf den markt begeben hat. Die beiden gerichts-herren und der gerichts-schrei- ber sezen sich an einem tisch nider. Der frone nebst seinen knechten, welche besondere müzen alsdann tra- gen, stehen hinter ihnen. Die übrigen rahts-ver- wandten stehen mit entblösten häubtern vor dem tische. Der gerichts-schreiber spricht: ich frage, ob es sofern am tage ist, daß ich mag halten und hö- gen ein ding, einem ieden menschen zu seinem rechte?
Rahts-vorsprach:
Nachdem die sonne steiget und nicht riset, als ist es sofern am tage, daß ihr möget halten und högen ein ding einen ieden menschen zu seinem rechte.
gerichts-schreiber:
So tue ich, wie mir zu rechte funden ist, und halte ein ding. Ein werf an der werf, dritte werf. Jch frage, ob ich nun ein ding gehöget und gehal- ten, wie es recht stets und fest bleiben soll?
rahts-vorsprach:
Herr vogt; ihr habt ein ding gehöget und ge- halten, wie es recht stets und fest bleiben soll.
gerichts-schreiber:
Jch frage, was ich verbiten soll?
rahts-vorsprach:
Scheltwort, unlust; recht gebitet von meiner herren wegen.
gerichts-schreiber:
So tue ich wie mir zu rechte funden ist, und verbite scheltwort, unlust; recht gebite ich von mei- ner herren wegen.
bürger-
XXXII haubtſtuͤck von den
dreien koͤnigen nach quaſimodogeniti und nach Mi- chaelis gehalten. An den gedachten tagen gehet das gericht um 8 uhr an, ſo bald der ſtadt-raht aus der Marien-kirche ſich auf den markt begeben hat. Die beiden gerichts-herren und der gerichts-ſchrei- ber ſezen ſich an einem tiſch nider. Der frone nebſt ſeinen knechten, welche beſondere muͤzen alsdann tra- gen, ſtehen hinter ihnen. Die uͤbrigen rahts-ver- wandten ſtehen mit entbloͤſten haͤubtern vor dem tiſche. Der gerichts-ſchreiber ſpricht: ich frage, ob es ſofern am tage iſt, daß ich mag halten und hoͤ- gen ein ding, einem ieden menſchen zu ſeinem rechte?
Rahts-vorſprach:
Nachdem die ſonne ſteiget und nicht riſet, als iſt es ſofern am tage, daß ihr moͤget halten und hoͤgen ein ding einen ieden menſchen zu ſeinem rechte.
gerichts-ſchreiber:
So tue ich, wie mir zu rechte funden iſt, und halte ein ding. Ein werf an der werf, dritte werf. Jch frage, ob ich nun ein ding gehoͤget und gehal- ten, wie es recht ſtets und feſt bleiben ſoll?
rahts-vorſprach:
Herr vogt; ihr habt ein ding gehoͤget und ge- halten, wie es recht ſtets und feſt bleiben ſoll.
gerichts-ſchreiber:
Jch frage, was ich verbiten ſoll?
rahts-vorſprach:
Scheltwort, unluſt; recht gebitet von meiner herren wegen.
gerichts-ſchreiber:
So tue ich wie mir zu rechte funden iſt, und verbite ſcheltwort, unluſt; recht gebite ich von mei- ner herren wegen.
buͤrger-
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XXXII haubtſtuͤck von den
dreien koͤnigen nach quaſimodogeniti und nach Mi-
chaelis gehalten. An den gedachten tagen gehet
das gericht um 8 uhr an, ſo bald der ſtadt-raht aus
der Marien-kirche ſich auf den markt begeben hat.
Die beiden gerichts-herren und der gerichts-ſchrei-
ber ſezen ſich an einem tiſch nider. Der frone nebſt
ſeinen knechten, welche beſondere muͤzen alsdann tra-
gen, ſtehen hinter ihnen. Die uͤbrigen rahts-ver-
wandten ſtehen mit entbloͤſten haͤubtern vor dem
tiſche. Der gerichts-ſchreiber ſpricht: ich frage,
ob es ſofern am tage iſt, daß ich mag halten und hoͤ-
gen ein ding, einem ieden menſchen zu ſeinem rechte?
Rahts-vorſprach:
Nachdem die ſonne ſteiget und nicht riſet, als
iſt es ſofern am tage, daß ihr moͤget halten und
hoͤgen ein ding einen ieden menſchen zu ſeinem rechte.
gerichts-ſchreiber:
So tue ich, wie mir zu rechte funden iſt, und
halte ein ding. Ein werf an der werf, dritte werf.
Jch frage, ob ich nun ein ding gehoͤget und gehal-
ten, wie es recht ſtets und feſt bleiben ſoll?
rahts-vorſprach:
Herr vogt; ihr habt ein ding gehoͤget und ge-
halten, wie es recht ſtets und feſt bleiben ſoll.
gerichts-ſchreiber:
Jch frage, was ich verbiten ſoll?
rahts-vorſprach:
Scheltwort, unluſt; recht gebitet von meiner
herren wegen.
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So tue ich wie mir zu rechte funden iſt, und
verbite ſcheltwort, unluſt; recht gebite ich von mei-
ner herren wegen.
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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 2. Marburg, 1758, S. 924. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit02_1758/972>, abgerufen am 22.11.2024.
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