del geschahen rund, und frei. Daher | spricht man: sage du es ihm rund und frei unter die augen, wie die sache ist (§ 3509 des 2ten th.). Haltaus un- ter dem worte: rund sp. 1566 sp. 1567. Bei dem Tacitus rümen sich die Friesen: daß nimand an treue und glauben inen vorgehe. Dahingegen bekamen die Franzosen, und Schwaben desfalls einen bösen leumut, und eine übele nachrede. Die listige voelker hilten ehrlich seyn für tumm. Der französisch gewordene Teutsche spricht: er ist ein guter, ehrlicher mann, das ist, ein einfältiger kurz- sehender mensch, Strodtmanns übereinstimmung der tcutschen altertümer mit den hebraeischen s. 372. Die Mennoniten versprechen bei mannen war- heit; die adeliche bei adelicher ehre, und treue (§ 999 des 3ten th.) Ant. Matthäus in manuduct. ad ius can. lib. III tit. 6 s. 296 fgg., welches bei den Niderländern die kraft eines eides hat, und halten sie denjenigen für treuloß, und ehrloß, wel- cher solchem versprechen nicht nachkömmt. Die pommerische ritterschaft verband sich 1601 mit einander, denjenigen ires mittels, welcher seine rich- tigen brife und sigel in schuldsachen nicht halten würde, für einen unmann, schelm, und bösewicht zu halten, auch ihn in keiner ehrlichen gesellschaft zu leiden, Schwarz in der pommerischen lehnhistori s. 917. Wenn ein Teutscher einem etwas versprach, und dabei an den bart griff, war dises so gut, als wenn mancher heute zu tage einen eid leistet. Un- ter kaufleuten ist noch zu finden, da sie ihr gegebe- nes wort auf treue, und glauben genau halten sol- len. Besage der Kur-mainzischen untergerichts- ordnung tit. 6 § 5 s. 94 sollen die Zeugen in kleinen sachen, welche nur vom schuldheissen aus- gemachet werden, nicht schwören; sondern genug seyn: wenn sie vermittels der handtreu an eides
statt
F f f f 4
von treue u. glauben der Teutſchen.
del geſchahen rund, und frei. Daher | ſpricht man: ſage du es ihm rund und frei unter die augen, wie die ſache iſt (§ 3509 des 2ten th.). Haltaus un- ter dem worte: rund ſp. 1566 ſp. 1567. Bei dem Tacitus ruͤmen ſich die Frieſen: daß nimand an treue und glauben inen vorgehe. Dahingegen bekamen die Franzoſen, und Schwaben desfalls einen boͤſen leumut, und eine uͤbele nachrede. Die liſtige voelker hilten ehrlich ſeyn fuͤr tumm. Der franzoͤſiſch gewordene Teutſche ſpricht: er iſt ein guter, ehrlicher mann, das iſt, ein einfaͤltiger kurz- ſehender menſch, Strodtmanns uͤbereinſtimmung der tcutſchen altertuͤmer mit den hebraeiſchen ſ. 372. Die Mennoniten verſprechen bei mannen war- heit; die adeliche bei adelicher ehre, und treue (§ 999 des 3ten th.) Ant. Matthaͤus in manuduct. ad ius can. lib. III tit. 6 ſ. 296 fgg., welches bei den Niderlaͤndern die kraft eines eides hat, und halten ſie denjenigen fuͤr treuloß, und ehrloß, wel- cher ſolchem verſprechen nicht nachkoͤmmt. Die pommeriſche ritterſchaft verband ſich 1601 mit einander, denjenigen ires mittels, welcher ſeine rich- tigen brife und ſigel in ſchuldſachen nicht halten wuͤrde, fuͤr einen unmann, ſchelm, und boͤſewicht zu halten, auch ihn in keiner ehrlichen geſellſchaft zu leiden, Schwarz in der pommeriſchen lehnhiſtori ſ. 917. Wenn ein Teutſcher einem etwas verſprach, und dabei an den bart griff, war diſes ſo gut, als wenn mancher heute zu tage einen eid leiſtet. Un- ter kaufleuten iſt noch zu finden, da ſie ihr gegebe- nes wort auf treue, und glauben genau halten ſol- len. Beſage der Kur-mainziſchen untergerichts- ordnung tit. 6 § 5 ſ. 94 ſollen die Zeugen in kleinen ſachen, welche nur vom ſchuldheiſſen aus- gemachet werden, nicht ſchwoͤren; ſondern genug ſeyn: wenn ſie vermittels der handtreu an eides
ſtatt
F f f f 4
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f1215"n="1191"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">von treue u. glauben der Teutſchen.</hi></fw><lb/>
del geſchahen rund, und frei. Daher | ſpricht man:<lb/>ſage du es ihm rund und frei unter die augen, wie<lb/>
die ſache iſt (§ 3509 des 2ten th.). <hirendition="#fr">Haltaus</hi> un-<lb/>
ter dem worte: <hirendition="#fr">rund</hi>ſp. 1566 ſp. 1567. Bei<lb/>
dem <hirendition="#fr">Tacitus</hi> ruͤmen ſich die Frieſen: daß nimand<lb/>
an treue und glauben inen vorgehe. Dahingegen<lb/>
bekamen die Franzoſen, und Schwaben desfalls<lb/>
einen boͤſen leumut, und eine uͤbele nachrede. Die<lb/>
liſtige voelker hilten ehrlich ſeyn fuͤr tumm. Der<lb/>
franzoͤſiſch gewordene Teutſche ſpricht: er iſt ein<lb/>
guter, ehrlicher mann, das iſt, ein einfaͤltiger kurz-<lb/>ſehender menſch, <hirendition="#fr">Strodtmanns</hi> uͤbereinſtimmung<lb/>
der tcutſchen altertuͤmer mit den hebraeiſchen ſ. 372.<lb/>
Die Mennoniten verſprechen bei mannen war-<lb/>
heit; die adeliche bei adelicher ehre, und treue (§<lb/>
999 des 3ten th.) <hirendition="#fr">Ant. Matthaͤus</hi> in <hirendition="#aq">manuduct.<lb/>
ad ius can. lib. III</hi> tit. 6 ſ. 296 fgg., welches bei<lb/>
den Niderlaͤndern die kraft eines eides hat, und<lb/>
halten ſie denjenigen fuͤr treuloß, und ehrloß, wel-<lb/>
cher ſolchem verſprechen nicht nachkoͤmmt. Die<lb/>
pommeriſche ritterſchaft verband ſich 1601 mit<lb/>
einander, denjenigen ires mittels, welcher ſeine rich-<lb/>
tigen brife und ſigel in ſchuldſachen nicht halten<lb/>
wuͤrde, fuͤr einen unmann, ſchelm, und boͤſewicht zu<lb/>
halten, auch ihn in keiner ehrlichen geſellſchaft zu<lb/>
leiden, <hirendition="#fr">Schwarz</hi> in der pommeriſchen lehnhiſtori<lb/>ſ. 917. Wenn ein Teutſcher einem etwas verſprach,<lb/>
und dabei an den bart griff, war diſes ſo gut, als<lb/>
wenn mancher heute zu tage einen eid leiſtet. Un-<lb/>
ter kaufleuten iſt noch zu finden, da ſie ihr gegebe-<lb/>
nes wort auf treue, und glauben genau halten ſol-<lb/>
len. Beſage der Kur-mainziſchen untergerichts-<lb/>
ordnung tit. 6 § 5 ſ. 94 ſollen die Zeugen in<lb/>
kleinen ſachen, welche nur vom ſchuldheiſſen aus-<lb/>
gemachet werden, nicht ſchwoͤren; ſondern genug<lb/>ſeyn: wenn ſie vermittels der handtreu an eides<lb/><fwplace="bottom"type="sig">F f f f 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">ſtatt</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[1191/1215]
von treue u. glauben der Teutſchen.
del geſchahen rund, und frei. Daher | ſpricht man:
ſage du es ihm rund und frei unter die augen, wie
die ſache iſt (§ 3509 des 2ten th.). Haltaus un-
ter dem worte: rund ſp. 1566 ſp. 1567. Bei
dem Tacitus ruͤmen ſich die Frieſen: daß nimand
an treue und glauben inen vorgehe. Dahingegen
bekamen die Franzoſen, und Schwaben desfalls
einen boͤſen leumut, und eine uͤbele nachrede. Die
liſtige voelker hilten ehrlich ſeyn fuͤr tumm. Der
franzoͤſiſch gewordene Teutſche ſpricht: er iſt ein
guter, ehrlicher mann, das iſt, ein einfaͤltiger kurz-
ſehender menſch, Strodtmanns uͤbereinſtimmung
der tcutſchen altertuͤmer mit den hebraeiſchen ſ. 372.
Die Mennoniten verſprechen bei mannen war-
heit; die adeliche bei adelicher ehre, und treue (§
999 des 3ten th.) Ant. Matthaͤus in manuduct.
ad ius can. lib. III tit. 6 ſ. 296 fgg., welches bei
den Niderlaͤndern die kraft eines eides hat, und
halten ſie denjenigen fuͤr treuloß, und ehrloß, wel-
cher ſolchem verſprechen nicht nachkoͤmmt. Die
pommeriſche ritterſchaft verband ſich 1601 mit
einander, denjenigen ires mittels, welcher ſeine rich-
tigen brife und ſigel in ſchuldſachen nicht halten
wuͤrde, fuͤr einen unmann, ſchelm, und boͤſewicht zu
halten, auch ihn in keiner ehrlichen geſellſchaft zu
leiden, Schwarz in der pommeriſchen lehnhiſtori
ſ. 917. Wenn ein Teutſcher einem etwas verſprach,
und dabei an den bart griff, war diſes ſo gut, als
wenn mancher heute zu tage einen eid leiſtet. Un-
ter kaufleuten iſt noch zu finden, da ſie ihr gegebe-
nes wort auf treue, und glauben genau halten ſol-
len. Beſage der Kur-mainziſchen untergerichts-
ordnung tit. 6 § 5 ſ. 94 ſollen die Zeugen in
kleinen ſachen, welche nur vom ſchuldheiſſen aus-
gemachet werden, nicht ſchwoͤren; ſondern genug
ſeyn: wenn ſie vermittels der handtreu an eides
ſtatt
F f f f 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 1191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/1215>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.