statt versprechen, die reine warheit ausreden zu wollen. Jnhalts des Hohenlohischen landrechtes s. 112 § 3 s. 179 § 9, kan derjenige, welcher wider das getane handgelöbniß handelt, bestrafet wer- den; man sehe auch der Hofmannischen teutschen Reichspraxis 1ten Band s. 81 (b). Ein richter selbst muß öffentlichen glauben halten, und darf die hinterlegeten sachen nicht brauchen, noch solche ver- untrauen (§ 3979, 3980 des 2ten th.); es kan auch ein anderer rechnungsbedinter die ihm an- pertraueten gelter zu seinem nuz, und gebrauch nicht anwenden, bei leib, lebens und anderen stra- fen, besage der Kurbraunschweig-Lüneburgischen landesgesäze, im 2ten th. s. 615, s. 676 fg. Der Teutsche nennete den eid den höchsten glauben, und die warheit. Der feierliche geschahe über reliquien der heiligen. Wer zu seinen jaren gekommen war, konnte nur schwören, z. e. in Hessen 12järige etc. die geistliche schwuren über die evangelien, und die laien über die reliquien. Die angesehene geistliche schwuren in der kirche, in gegenwart eines pri- sters. Alle tage konnte man nicht schwören. Der donnerstag war ein haubtschwörtag. Daher die vasallen in Fulda am donnerstage den lehneid ab- legeten. Jnzwischen galten zeugen mehr, als der eid.
§ 3506
von dem bider- manne.
Ein mann, der da treu, und redlich zu werke ge- het, heisset ein mann von wort (§ 3496). Die Schweizer nennen ihn einen bidermann. Wer nicht wort hilt, und ränke brauchete, hiß ein bab- bel maul, ein schwätzer, ein weibermaul, bellmaul, doppelzüngler etc.
§ 3507
von der treulo- sigkeit und der salschheit.
Die Grichen, Jtaliener und Franzosen hilten ihr wort nicht; daher kömmt das sprüchwort:
graeca
III buch, III haubtſtuͤck,
ſtatt verſprechen, die reine warheit ausreden zu wollen. Jnhalts des Hohenlohiſchen landrechtes ſ. 112 § 3 ſ. 179 § 9, kan derjenige, welcher wider das getane handgeloͤbniß handelt, beſtrafet wer- den; man ſehe auch der Hofmanniſchen teutſchen Reichspraxis 1ten Band ſ. 81 (b). Ein richter ſelbſt muß oͤffentlichen glauben halten, und darf die hinterlegeten ſachen nicht brauchen, noch ſolche ver- untrauen (§ 3979, 3980 des 2ten th.); es kan auch ein anderer rechnungsbedinter die ihm an- pertraueten gelter zu ſeinem nuz, und gebrauch nicht anwenden, bei leib, lebens und anderen ſtra- fen, beſage der Kurbraunſchweig-Luͤneburgiſchen landesgeſaͤze, im 2ten th. ſ. 615, ſ. 676 fg. Der Teutſche nennete den eid den hoͤchſten glauben, und die warheit. Der feierliche geſchahe uͤber reliquien der heiligen. Wer zu ſeinen jaren gekommen war, konnte nur ſchwoͤren, z. e. in Heſſen 12jaͤrige ꝛc. die geiſtliche ſchwuren uͤber die evangelien, und die laien uͤber die reliquien. Die angeſehene geiſtliche ſchwuren in der kirche, in gegenwart eines pri- ſters. Alle tage konnte man nicht ſchwoͤren. Der donnerstag war ein haubtſchwoͤrtag. Daher die vaſallen in Fulda am donnerstage den lehneid ab- legeten. Jnzwiſchen galten zeugen mehr, als der eid.
§ 3506
von dem bider- manne.
Ein mann, der da treu, und redlich zu werke ge- het, heiſſet ein mann von wort (§ 3496). Die Schweizer nennen ihn einen bidermann. Wer nicht wort hilt, und raͤnke brauchete, hiß ein bab- bel maul, ein ſchwaͤtzer, ein weibermaul, bellmaul, doppelzuͤngler ꝛc.
§ 3507
von der treulo- ſigkeit und der ſalſchheit.
Die Grichen, Jtaliener und Franzoſen hilten ihr wort nicht; daher koͤmmt das ſpruͤchwort:
graeca
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f1216"n="1192"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">III</hi> buch, <hirendition="#aq">III</hi> haubtſtuͤck,</hi></fw><lb/>ſtatt verſprechen, die reine warheit ausreden zu<lb/>
wollen. Jnhalts des Hohenlohiſchen landrechtes<lb/>ſ. 112 § 3 ſ. 179 § 9, kan derjenige, welcher wider<lb/>
das getane handgeloͤbniß handelt, beſtrafet wer-<lb/>
den; man ſehe auch der <hirendition="#fr">Hofmanniſchen</hi> teutſchen<lb/>
Reichspraxis 1ten Band ſ. 81 (b). Ein richter<lb/>ſelbſt muß oͤffentlichen glauben halten, und darf die<lb/>
hinterlegeten ſachen nicht brauchen, noch ſolche ver-<lb/>
untrauen (§ 3979, 3980 des 2ten th.); es kan<lb/>
auch ein anderer rechnungsbedinter die ihm an-<lb/>
pertraueten gelter zu ſeinem nuz, und gebrauch<lb/>
nicht anwenden, bei leib, lebens und anderen ſtra-<lb/>
fen, beſage der Kurbraunſchweig-Luͤneburgiſchen<lb/>
landesgeſaͤze, im 2ten th. ſ. 615, ſ. 676 fg. Der<lb/>
Teutſche nennete den <hirendition="#fr">eid</hi> den hoͤchſten glauben, und<lb/>
die warheit. Der feierliche geſchahe uͤber reliquien<lb/>
der heiligen. Wer zu ſeinen jaren gekommen war,<lb/>
konnte nur ſchwoͤren, z. e. in Heſſen 12jaͤrige ꝛc.<lb/>
die geiſtliche ſchwuren uͤber die evangelien, und die<lb/>
laien uͤber die reliquien. Die angeſehene geiſtliche<lb/>ſchwuren in der kirche, in gegenwart eines pri-<lb/>ſters. Alle tage konnte man nicht ſchwoͤren. Der<lb/>
donnerstag war ein haubtſchwoͤrtag. Daher die<lb/>
vaſallen in Fulda am donnerstage den lehneid ab-<lb/>
legeten. Jnzwiſchen galten zeugen mehr, als der<lb/>
eid.</p><lb/><divn="2"><head>§ 3506</head><lb/><noteplace="left">von dem bider-<lb/>
manne.</note><p>Ein mann, der da treu, und redlich zu werke ge-<lb/>
het, heiſſet ein mann von wort (§ 3496). Die<lb/>
Schweizer nennen ihn einen bidermann. Wer<lb/>
nicht wort hilt, und raͤnke brauchete, hiß ein bab-<lb/>
bel maul, ein ſchwaͤtzer, ein weibermaul, bellmaul,<lb/>
doppelzuͤngler ꝛc.</p></div><lb/><divn="2"><head>§ 3507</head><lb/><noteplace="left">von der treulo-<lb/>ſigkeit und der<lb/>ſalſchheit.</note><p>Die Grichen, Jtaliener und Franzoſen hilten<lb/>
ihr wort nicht; daher koͤmmt das ſpruͤchwort:<lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#aq">graeca</hi></fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[1192/1216]
III buch, III haubtſtuͤck,
ſtatt verſprechen, die reine warheit ausreden zu
wollen. Jnhalts des Hohenlohiſchen landrechtes
ſ. 112 § 3 ſ. 179 § 9, kan derjenige, welcher wider
das getane handgeloͤbniß handelt, beſtrafet wer-
den; man ſehe auch der Hofmanniſchen teutſchen
Reichspraxis 1ten Band ſ. 81 (b). Ein richter
ſelbſt muß oͤffentlichen glauben halten, und darf die
hinterlegeten ſachen nicht brauchen, noch ſolche ver-
untrauen (§ 3979, 3980 des 2ten th.); es kan
auch ein anderer rechnungsbedinter die ihm an-
pertraueten gelter zu ſeinem nuz, und gebrauch
nicht anwenden, bei leib, lebens und anderen ſtra-
fen, beſage der Kurbraunſchweig-Luͤneburgiſchen
landesgeſaͤze, im 2ten th. ſ. 615, ſ. 676 fg. Der
Teutſche nennete den eid den hoͤchſten glauben, und
die warheit. Der feierliche geſchahe uͤber reliquien
der heiligen. Wer zu ſeinen jaren gekommen war,
konnte nur ſchwoͤren, z. e. in Heſſen 12jaͤrige ꝛc.
die geiſtliche ſchwuren uͤber die evangelien, und die
laien uͤber die reliquien. Die angeſehene geiſtliche
ſchwuren in der kirche, in gegenwart eines pri-
ſters. Alle tage konnte man nicht ſchwoͤren. Der
donnerstag war ein haubtſchwoͤrtag. Daher die
vaſallen in Fulda am donnerstage den lehneid ab-
legeten. Jnzwiſchen galten zeugen mehr, als der
eid.
§ 3506
Ein mann, der da treu, und redlich zu werke ge-
het, heiſſet ein mann von wort (§ 3496). Die
Schweizer nennen ihn einen bidermann. Wer
nicht wort hilt, und raͤnke brauchete, hiß ein bab-
bel maul, ein ſchwaͤtzer, ein weibermaul, bellmaul,
doppelzuͤngler ꝛc.
§ 3507
Die Grichen, Jtaliener und Franzoſen hilten
ihr wort nicht; daher koͤmmt das ſpruͤchwort:
graeca
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1767, S. 1192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit03_1767/1216>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.