EJne vorrede ist einem buche so nöthig, als einem priester der kragen, einem professor der mantel und einem stu- denten der degen, denn sie soll dem buche das ansehen und die rechte kraft geben, auch wider die vermuth- lichen anfälle es zum voraus verthäidigen. Dieses hat der herr auctor reiflich in erwegung gezogen; nachdem er aber seine zeit lieber auf andere dinge als auf vorreden wendet: so hat er mich ersuchet, ihn der mühe zu überheben, und ich habe auch ohne be- dencken ihm gewillfahret, und statt seiner die mühe eines vorredners über mir genommen. Wann du aber von mir erwartest, daß ich dir diese arbeit an- preise, und mit geschminckten und geschwäntzten no- ten erheben solle, so wirst du dich betrogen finden. Jch schicke mich zu nichts weniger, als zu einem pa- negyristen, und es wird auch weder dir noch dem auctori/ welcher den fehler an sich hat/ daß er von seinen sachen immer zu wenig hält, damit gedienet seyn. Also will ich dir nur eins und anders, was du wider dieses buch einwenden köntest, unter den fuß geben, du magst hernach sehen, ob ich recht habe, und die boltzen vollends verschiessen. Da der herr au- ctor eine Oratorie schreibet, so scheint er die menge derselben zu vermehren, und wir haben bereits der Metaphysicken, Logicken und Rhetoricken so viel, daß wir iemand bitten möchten, einen vorschlag zu thun, wie man die anzahl derselben verringerte.
Nun
)( 4
Vorrede.
Geehrter Leſer.
EJne vorrede iſt einem buche ſo noͤthig, als einem prieſter der kragen, einem profeſſor der mantel und einem ſtu- denten der degen, denn ſie ſoll dem buche das anſehen und die rechte kraft geben, auch wider die vermuth- lichen anfaͤlle es zum voraus verthaͤidigen. Dieſes hat der herr auctor reiflich in erwegung gezogen; nachdem er aber ſeine zeit lieber auf andere dinge als auf vorreden wendet: ſo hat er mich erſuchet, ihn der muͤhe zu uͤberheben, und ich habe auch ohne be- dencken ihm gewillfahret, und ſtatt ſeiner die muͤhe eines vorredners uͤber mir genommen. Wann du aber von mir erwarteſt, daß ich dir dieſe arbeit an- preiſe, und mit geſchminckten und geſchwaͤntzten no- ten erheben ſolle, ſo wirſt du dich betrogen finden. Jch ſchicke mich zu nichts weniger, als zu einem pa- negyriſten, und es wird auch weder dir noch dem auctori/ welcher den fehler an ſich hat/ daß er von ſeinen ſachen immer zu wenig haͤlt, damit gedienet ſeyn. Alſo will ich dir nur eins und andeꝛs, was du wider dieſes buch einwenden koͤnteſt, unter den fuß geben, du magſt heꝛnach ſehen, ob ich recht habe, und die boltzen vollends verſchieſſen. Da der herr au- ctor eine Oratorie ſchreibet, ſo ſcheint er die menge derſelben zu vermehren, und wir haben bereits der Metaphyſicken, Logicken und Rhetoricken ſo viel, daß wir iemand bitten moͤchten, einen vorſchlag zu thun, wie man die anzahl derſelben verringerte.
Nun
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[0011]
Vorrede.
Geehrter Leſer.
EJne vorrede iſt einem buche ſo noͤthig,
als einem prieſter der kragen, einem
profeſſor der mantel und einem ſtu-
denten der degen, denn ſie ſoll dem
buche das anſehen und die rechte
kraft geben, auch wider die vermuth-
lichen anfaͤlle es zum voraus verthaͤidigen. Dieſes
hat der herr auctor reiflich in erwegung gezogen;
nachdem er aber ſeine zeit lieber auf andere dinge
als auf vorreden wendet: ſo hat er mich erſuchet, ihn
der muͤhe zu uͤberheben, und ich habe auch ohne be-
dencken ihm gewillfahret, und ſtatt ſeiner die muͤhe
eines vorredners uͤber mir genommen. Wann du
aber von mir erwarteſt, daß ich dir dieſe arbeit an-
preiſe, und mit geſchminckten und geſchwaͤntzten no-
ten erheben ſolle, ſo wirſt du dich betrogen finden.
Jch ſchicke mich zu nichts weniger, als zu einem pa-
negyriſten, und es wird auch weder dir noch dem
auctori/ welcher den fehler an ſich hat/ daß er von
ſeinen ſachen immer zu wenig haͤlt, damit gedienet
ſeyn. Alſo will ich dir nur eins und andeꝛs, was du
wider dieſes buch einwenden koͤnteſt, unter den fuß
geben, du magſt heꝛnach ſehen, ob ich recht habe, und
die boltzen vollends verſchieſſen. Da der herr au-
ctor eine Oratorie ſchreibet, ſo ſcheint er die menge
derſelben zu vermehren, und wir haben bereits der
Metaphyſicken, Logicken und Rhetoricken ſo viel,
daß wir iemand bitten moͤchten, einen vorſchlag zu
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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/11>, abgerufen am 21.11.2024.
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