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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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Vorrede.
Nun wird er zwar wohl einwenden, daß er sich hier
der allgemeinen freyheit bedienet/ welche einem ie-
den erlaubet, so gut er kan, sein weniges vermögen
zum dienst des gemeinen besten anzuwenden: Al-
lein er hätte dich doch billich, mein leser, erst um er-
laubniß bitten sollen/ mit seinen schlechten sachen
herfürzutreten. Weiter habe ich anfangs mich
verwundert, warum er es eine Philosophische
Oratorie genennet? Denn ich sehe ja, daß es
auf alle arten von reden gerichtet ist, was er hier
fürbringet. Vielleicht meinet er, die Philosophie
sey die universelle gelehrsamkeit, und weil er sein
werck auf Philosophische, das ist, nach seiner mei-
nung, auf gelehrte gründe bauet, so sey es auch eine
Philosophische Oratorie. Wann du nun mein-
test, auch auf diese weise Theologische, Juridische
und Medicinische Oratorien zu schreiben, so köntest
du es versuchen, aber du würdest es vielleicht nach
seinem concept nicht treffen, dann er würde spre-
chen, daß auch diese philosophisch/ das ist, gelehrt,
müsten geschrieben werden, und in diesen streit will
ich mich weiter nicht mengen, dann es käme da wohl
auf kein raisonniren sondern auf die probe selber an.
Bey dem werck selbst hat der herr auctor seine lehr-
sätze ziemlich frey fürgetragen, aber mit noch frey-
ern noten erläutert. Erstlich handelt er von ein-
richtung der gedancken, nachgehends von dem aus-
druck derselben, und endlich von der disposition
derselben. Da gehet er von andern ab, welche die
elocution zuletzt sparen, er handelt nirgends von
denen
generibus dicendi, demonstratiuo, deliberatiuo,
Judiciali,
ohngeachtet M. Uhlmann zum trost aller
rhetorum das
didascalicum noch erfunden. Hin-
gegen dringet er überall darauf, daß man der natur
des obiecti nachgehen, und wie ein mahler dabey
sich aufführen müsse/ welcher eine sache nach der
natur fürstellet, allenthalben die regeln der pro-
portion/ der Perspectiv, des wohlstandes beobach-

tet,

Vorrede.
Nun wird er zwar wohl einwenden, daß er ſich hier
der allgemeinen freyheit bedienet/ welche einem ie-
den erlaubet, ſo gut er kan, ſein weniges vermoͤgen
zum dienſt des gemeinen beſten anzuwenden: Al-
lein er haͤtte dich doch billich, mein leſer, erſt um er-
laubniß bitten ſollen/ mit ſeinen ſchlechten ſachen
herfuͤrzutreten. Weiter habe ich anfangs mich
verwundert, warum er es eine Philoſophiſche
Oratorie genennet? Denn ich ſehe ja, daß es
auf alle arten von reden gerichtet iſt, was er hier
fuͤrbringet. Vielleicht meinet er, die Philoſophie
ſey die univerſelle gelehrſamkeit, und weil er ſein
werck auf Philoſophiſche, das iſt, nach ſeiner mei-
nung, auf gelehrte gruͤnde bauet, ſo ſey es auch eine
Philoſophiſche Oratorie. Wann du nun mein-
teſt, auch auf dieſe weiſe Theologiſche, Juridiſche
und Mediciniſche Oratorien zu ſchreiben, ſo koͤnteſt
du es verſuchen, aber du wuͤrdeſt es vielleicht nach
ſeinem concept nicht treffen, dann er wuͤrde ſpre-
chen, daß auch dieſe philoſophiſch/ das iſt, gelehrt,
muͤſten geſchrieben weꝛden, und in dieſen ſtreit will
ich mich weiter nicht mengen, dann es kaͤme da wohl
auf kein raiſonniren ſondern auf die probe ſelber an.
Bey dem werck ſelbſt hat der herr auctor ſeine lehr-
ſaͤtze ziemlich frey fuͤrgetragen, aber mit noch frey-
ern noten erlaͤutert. Erſtlich handelt er von ein-
richtung der gedancken, nachgehends von dem aus-
druck derſelben, und endlich von der diſpoſition
derſelben. Da gehet er von andern ab, welche die
elocution zuletzt ſparen, er handelt nirgends von
denen
generibus dicendi, demonſtratiuo, deliberatiuo,
Judiciali,
ohngeachtet M. Uhlmann zum troſt aller
rhetorum das
didaſcalicum noch erfunden. Hin-
gegen dringet er uͤberall darauf, daß man der natur
des obiecti nachgehen, und wie ein mahler dabey
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[0012] Vorrede. Nun wird er zwar wohl einwenden, daß er ſich hier der allgemeinen freyheit bedienet/ welche einem ie- den erlaubet, ſo gut er kan, ſein weniges vermoͤgen zum dienſt des gemeinen beſten anzuwenden: Al- lein er haͤtte dich doch billich, mein leſer, erſt um er- laubniß bitten ſollen/ mit ſeinen ſchlechten ſachen herfuͤrzutreten. Weiter habe ich anfangs mich verwundert, warum er es eine Philoſophiſche Oratorie genennet? Denn ich ſehe ja, daß es auf alle arten von reden gerichtet iſt, was er hier fuͤrbringet. Vielleicht meinet er, die Philoſophie ſey die univerſelle gelehrſamkeit, und weil er ſein werck auf Philoſophiſche, das iſt, nach ſeiner mei- nung, auf gelehrte gruͤnde bauet, ſo ſey es auch eine Philoſophiſche Oratorie. Wann du nun mein- teſt, auch auf dieſe weiſe Theologiſche, Juridiſche und Mediciniſche Oratorien zu ſchreiben, ſo koͤnteſt du es verſuchen, aber du wuͤrdeſt es vielleicht nach ſeinem concept nicht treffen, dann er wuͤrde ſpre- chen, daß auch dieſe philoſophiſch/ das iſt, gelehrt, muͤſten geſchrieben weꝛden, und in dieſen ſtreit will ich mich weiter nicht mengen, dann es kaͤme da wohl auf kein raiſonniren ſondern auf die probe ſelber an. Bey dem werck ſelbſt hat der herr auctor ſeine lehr- ſaͤtze ziemlich frey fuͤrgetragen, aber mit noch frey- ern noten erlaͤutert. Erſtlich handelt er von ein- richtung der gedancken, nachgehends von dem aus- druck derſelben, und endlich von der diſpoſition derſelben. Da gehet er von andern ab, welche die elocution zuletzt ſparen, er handelt nirgends von denen generibus dicendi, demonſtratiuo, deliberatiuo, Judiciali, ohngeachtet M. Uhlmann zum troſt aller rhetorum das didaſcalicum noch erfunden. Hin- gegen dringet er uͤberall darauf, daß man der natur des obiecti nachgehen, und wie ein mahler dabey ſich auffuͤhren muͤſſe/ welcher eine ſache nach der natur fuͤrſtellet, allenthalben die regeln der pro- portion/ der Perſpectiv, des wohlſtandes beobach- tet,

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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/12>, abgerufen am 21.11.2024.