Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
tet, sein obiectum zuweilen ausputzet, starcke lichter,
starcke schatten, und die doch mit einander in einer
guten harmonie stehen, und in einander zu fliessen
scheinen, anbringet. Deßwegen hat er auch den
Apellem auf das kupferblat setzen lassen, wie der-
selbe bemühet ist, dem Alexandro die ursachen seiner
Mahlerey zu entdecken. Nun laß ich alles dieses
dahin gestellet seyn, wo man sonst so viel hinzustel-
len pfleget, und muß erwarten, ob ich dem herrn
auctori recht prophezeiet, da ich ihm zuvoraus ge-
sagt, daß er einige mit seiner schreibart beleidigen,
und vielleicht denen gelehrten registratoribus, wel-
che mit anderer leute fehlern geld verdienen, in die
hände fallen werde: Oder ob er recht gehabt, da
er mir geantwortet, daß er nicht vermuthe, die
feindschaft vernünftiger leute auf sich zu laden;
wolten hingegen die unvernünftigen böse werden,
so sey ihm solches gar lieb, denn es würde albern
seyn/ wenn er sich etwas leid seyn liesse, das er doch
nicht ändern könne. Jch möchte nur in seinem nah-
men den geneigten leser bitten, daß er, ehe er böse
werden wolte, zuvor die umstände überlegte, die
antecedentia und conseqventia der stelle wohl be-
trachtete, womit er sich etwa beleidiget zu seyn
glaubte, und lieber einer gelinden auslegung dersel-
ben, als einer übereilten gehör gäbe. Er setzte hin-
zu, daß er sich auch für denen urtheilen derienigen
nicht fürchtete, welche selbige öffentlich an den tag
legten, wohl aber für dieienigen, welche gleich de-
nen schmeißfliegen, gantz in der stille, auch auff die
reinsten stellen ihre excrementa ingenii setzten, und
ohngeachtet sie ziemlich stranguriam empfänden,
in ihrer satyrischen vena, dennoch aus verborgenen
winckeln auf andere ihren gifftigen unflath gar zu
gerne spritzten. Denn, sagte er, wer seine gedan-
cken über meine arbeit publiciret, der unterwirfft
sich dem urtheil der gantzen welt, die etwas davon
zu sehen bekommt: ist er nun vernünftig in seinem

ur-
)( 5

Vorrede.
tet, ſein obiectum zuweilen ausputzet, ſtarcke lichter,
ſtarcke ſchatten, und die doch mit einander in einer
guten harmonie ſtehen, und in einander zu flieſſen
ſcheinen, anbringet. Deßwegen hat er auch den
Apellem auf das kupferblat ſetzen laſſen, wie der-
ſelbe bemuͤhet iſt, dem Alexandro die urſachen ſeiner
Mahlerey zu entdecken. Nun laß ich alles dieſes
dahin geſtellet ſeyn, wo man ſonſt ſo viel hinzuſtel-
len pfleget, und muß erwarten, ob ich dem herrn
auctori recht prophezeiet, da ich ihm zuvoraus ge-
ſagt, daß er einige mit ſeiner ſchreibart beleidigen,
und vielleicht denen gelehrten regiſtratoribus, wel-
che mit anderer leute fehlern geld verdienen, in die
haͤnde fallen werde: Oder ob er recht gehabt, da
er mir geantwortet, daß er nicht vermuthe, die
feindſchaft vernuͤnftiger leute auf ſich zu laden;
wolten hingegen die unvernuͤnftigen boͤſe werden,
ſo ſey ihm ſolches gar lieb, denn es wuͤrde albern
ſeyn/ wenn er ſich etwas leid ſeyn lieſſe, das er doch
nicht aͤndern koͤnne. Jch moͤchte nur in ſeinem nah-
men den geneigten leſer bitten, daß er, ehe er boͤſe
werden wolte, zuvor die umſtaͤnde uͤberlegte, die
antecedentia und conſeqventia der ſtelle wohl be-
trachtete, womit er ſich etwa beleidiget zu ſeyn
glaubte, und lieber einer gelinden auslegung derſel-
ben, als einer uͤbereilten gehoͤr gaͤbe. Er ſetzte hin-
zu, daß er ſich auch fuͤr denen urtheilen derienigen
nicht fuͤrchtete, welche ſelbige oͤffentlich an den tag
legten, wohl aber fuͤr dieienigen, welche gleich de-
nen ſchmeißfliegen, gantz in der ſtille, auch auff die
reinſten ſtellen ihre excrementa ingenii ſetzten, und
ohngeachtet ſie ziemlich ſtranguriam empfaͤnden,
in ihrer ſatyriſchen vena, dennoch aus verborgenen
winckeln auf andere ihren gifftigen unflath gar zu
gerne ſpritzten. Denn, ſagte er, wer ſeine gedan-
cken uͤber meine arbeit publiciret, der unterwirfft
ſich dem urtheil der gantzen welt, die etwas davon
zu ſehen bekommt: iſt er nun vernuͤnftig in ſeinem

ur-
)( 5
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p>
          <pb facs="#f0013"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vorrede.</hi> </fw><lb/> <hi rendition="#fr">tet, &#x017F;ein obiectum zuweilen ausputzet, &#x017F;tarcke                         lichter,<lb/>
&#x017F;tarcke &#x017F;chatten, und die doch mit einander in                         einer<lb/>
guten harmonie &#x017F;tehen, und in einander zu                         flie&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;cheinen, anbringet. Deßwegen hat er auch                         den<lb/>
Apellem auf das kupferblat &#x017F;etzen la&#x017F;&#x017F;en, wie                         der-<lb/>
&#x017F;elbe bemu&#x0364;het i&#x017F;t, dem Alexandro die                         ur&#x017F;achen &#x017F;einer<lb/>
Mahlerey zu entdecken. Nun laß ich alles                         die&#x017F;es<lb/>
dahin ge&#x017F;tellet &#x017F;eyn, wo man                         &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;o viel hinzu&#x017F;tel-<lb/>
len pfleget, und                         muß erwarten, ob ich dem herrn<lb/>
auctori recht prophezeiet, da ich ihm                         zuvoraus ge-<lb/>
&#x017F;agt, daß er einige mit &#x017F;einer                         &#x017F;chreibart beleidigen,<lb/>
und vielleicht denen gelehrten                         regi&#x017F;tratoribus, wel-<lb/>
che mit anderer leute fehlern geld                         verdienen, in die<lb/>
ha&#x0364;nde fallen werde: Oder ob er recht gehabt,                         da<lb/>
er mir geantwortet, daß er nicht vermuthe, die<lb/>
feind&#x017F;chaft vernu&#x0364;nftiger leute auf &#x017F;ich zu laden;<lb/>
wolten hingegen die unvernu&#x0364;nftigen bo&#x0364;&#x017F;e werden,<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ey ihm &#x017F;olches gar lieb, denn es wu&#x0364;rde                         albern<lb/>
&#x017F;eyn/ wenn er &#x017F;ich etwas leid &#x017F;eyn                         lie&#x017F;&#x017F;e, das er doch<lb/>
nicht a&#x0364;ndern ko&#x0364;nne.                         Jch mo&#x0364;chte nur in &#x017F;einem nah-<lb/>
men den geneigten                         le&#x017F;er bitten, daß er, ehe er bo&#x0364;&#x017F;e<lb/>
werden wolte,                         zuvor die um&#x017F;ta&#x0364;nde u&#x0364;berlegte, die<lb/>
antecedentia                         und con&#x017F;eqventia der &#x017F;telle wohl be-<lb/>
trachtete, womit er                         &#x017F;ich etwa beleidiget zu &#x017F;eyn<lb/>
glaubte, und lieber einer                         gelinden auslegung der&#x017F;el-<lb/>
ben, als einer u&#x0364;bereilten                         geho&#x0364;r ga&#x0364;be. Er &#x017F;etzte hin-<lb/>
zu, daß er                         &#x017F;ich auch fu&#x0364;r denen urtheilen derienigen<lb/>
nicht                         fu&#x0364;rchtete, welche &#x017F;elbige o&#x0364;ffentlich an den tag<lb/>
legten, wohl aber fu&#x0364;r dieienigen, welche gleich de-<lb/>
nen                         &#x017F;chmeißfliegen, gantz in der &#x017F;tille, auch auff die<lb/>
rein&#x017F;ten &#x017F;tellen ihre excrementa ingenii &#x017F;etzten,                         und<lb/>
ohngeachtet &#x017F;ie ziemlich &#x017F;tranguriam                         empfa&#x0364;nden,<lb/>
in ihrer &#x017F;atyri&#x017F;chen vena, dennoch aus                         verborgenen<lb/>
winckeln auf andere ihren gifftigen unflath gar zu<lb/>
gerne &#x017F;pritzten. Denn, &#x017F;agte er, wer &#x017F;eine gedan-<lb/>
cken u&#x0364;ber meine arbeit publiciret, der unterwirfft<lb/>
&#x017F;ich                         dem urtheil der gantzen welt, die etwas davon<lb/>
zu &#x017F;ehen bekommt:                         i&#x017F;t er nun vernu&#x0364;nftig in &#x017F;einem</hi><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">)( 5</fw>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">ur-</hi> </fw><lb/>
        </p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0013] Vorrede. tet, ſein obiectum zuweilen ausputzet, ſtarcke lichter, ſtarcke ſchatten, und die doch mit einander in einer guten harmonie ſtehen, und in einander zu flieſſen ſcheinen, anbringet. Deßwegen hat er auch den Apellem auf das kupferblat ſetzen laſſen, wie der- ſelbe bemuͤhet iſt, dem Alexandro die urſachen ſeiner Mahlerey zu entdecken. Nun laß ich alles dieſes dahin geſtellet ſeyn, wo man ſonſt ſo viel hinzuſtel- len pfleget, und muß erwarten, ob ich dem herrn auctori recht prophezeiet, da ich ihm zuvoraus ge- ſagt, daß er einige mit ſeiner ſchreibart beleidigen, und vielleicht denen gelehrten regiſtratoribus, wel- che mit anderer leute fehlern geld verdienen, in die haͤnde fallen werde: Oder ob er recht gehabt, da er mir geantwortet, daß er nicht vermuthe, die feindſchaft vernuͤnftiger leute auf ſich zu laden; wolten hingegen die unvernuͤnftigen boͤſe werden, ſo ſey ihm ſolches gar lieb, denn es wuͤrde albern ſeyn/ wenn er ſich etwas leid ſeyn lieſſe, das er doch nicht aͤndern koͤnne. Jch moͤchte nur in ſeinem nah- men den geneigten leſer bitten, daß er, ehe er boͤſe werden wolte, zuvor die umſtaͤnde uͤberlegte, die antecedentia und conſeqventia der ſtelle wohl be- trachtete, womit er ſich etwa beleidiget zu ſeyn glaubte, und lieber einer gelinden auslegung derſel- ben, als einer uͤbereilten gehoͤr gaͤbe. Er ſetzte hin- zu, daß er ſich auch fuͤr denen urtheilen derienigen nicht fuͤrchtete, welche ſelbige oͤffentlich an den tag legten, wohl aber fuͤr dieienigen, welche gleich de- nen ſchmeißfliegen, gantz in der ſtille, auch auff die reinſten ſtellen ihre excrementa ingenii ſetzten, und ohngeachtet ſie ziemlich ſtranguriam empfaͤnden, in ihrer ſatyriſchen vena, dennoch aus verborgenen winckeln auf andere ihren gifftigen unflath gar zu gerne ſpritzten. Denn, ſagte er, wer ſeine gedan- cken uͤber meine arbeit publiciret, der unterwirfft ſich dem urtheil der gantzen welt, die etwas davon zu ſehen bekommt: iſt er nun vernuͤnftig in ſeinem ur- )( 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/13
Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/13>, abgerufen am 03.12.2024.