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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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von dem stilo
demnach mit biblischen sprüchen complimenti-
ret, theatralisch prediget, über indifferente oder
gar vernünftige binge satyrisiret, leichen gedich-
te in dactylischen versen macht, in conversation
declamiret, bey der geburt eines erbaren mannes
himmel und erde zur freude aufmuntert, aus der
concordantz parentiret, aus dem höllischen Pro-
teus des Francisci, gespenster historien demon-
striret, etc. Der hat zu seinem stilo einen schlech-
ten grund gelegt
b) Z. e. Wer von göttlichen sachen redet, hat im-
mer ein hohes obiectum, deßwegen darf er nicht
gleich allezeit im stilo sublimi reden, sonst wür-
den sich die herren postillanten treflich auf den
stilum sublimem legen müssen, und man würde
auf den cantzeln wie Lohenstein in seinem Armi-
nio zu reden anfangen.
c) Z. e. Junge leute schicken sich nicht zu auctori-
täts-sachen, weibische leute zu nichts großmü-
thigen, wer eine kleine stimme hat, muß keine
vehemente affecten ausdrucken wollen, ein De-
mocritus schickt sich nicht wohl zu traurigen ob-
iectis, einen phantasten lacht man aus und
wenn er noch so ernsthaft thun will, und wer
sich mit dem zuhörer ehemahls familiarisiret
und fleißig zu biere gegangen, der wird nachge-
hends mit seinen strafpredigten und epanortho-
siren nicht viel ausrichten.

§. 6. Nach diesem ist man auf den aus-
druck der gefasten gedancken und neigungen be-
dacht, und da ist es nöthig, daß man solche wör-
ter und redens-aussuche, welche nicht mehr und
nicht weniger sagen, als die gedancken und re-
gungen bey dem obiecto leiden. a) Dabey hat
man achtung zu geben, daß nicht nur die haupt-

idee
von dem ſtilo
demnach mit bibliſchen ſpruͤchen complimenti-
ret, theatraliſch prediget, uͤber indifferente oder
gar vernuͤnftige binge ſatyriſiret, leichen gedich-
te in dactyliſchen verſen macht, in converſation
declamiret, bey der geburt eines erbaren mannes
himmel und erde zur freude aufmuntert, aus der
concordantz parentiret, aus dem hoͤlliſchen Pro-
teus des Franciſci, geſpenſter hiſtorien demon-
ſtriret, ꝛc. Der hat zu ſeinem ſtilo einen ſchlech-
ten grund gelegt
b) Z. e. Wer von goͤttlichen ſachen redet, hat im-
mer ein hohes obiectum, deßwegen darf er nicht
gleich allezeit im ſtilo ſublimi reden, ſonſt wuͤr-
den ſich die herren poſtillanten treflich auf den
ſtilum ſublimem legen muͤſſen, und man wuͤrde
auf den cantzeln wie Lohenſtein in ſeinem Armi-
nio zu reden anfangen.
c) Z. e. Junge leute ſchicken ſich nicht zu auctori-
taͤts-ſachen, weibiſche leute zu nichts großmuͤ-
thigen, wer eine kleine ſtimme hat, muß keine
vehemente affecten ausdrucken wollen, ein De-
mocritus ſchickt ſich nicht wohl zu traurigen ob-
iectis, einen phantaſten lacht man aus und
wenn er noch ſo ernſthaft thun will, und wer
ſich mit dem zuhoͤrer ehemahls familiariſiret
und fleißig zu biere gegangen, der wird nachge-
hends mit ſeinen ſtrafpredigten und epanortho-
ſiren nicht viel ausrichten.

§. 6. Nach dieſem iſt man auf den aus-
druck der gefaſten gedancken und neigungen be-
dacht, und da iſt es noͤthig, daß man ſolche woͤr-
ter und redens-ausſuche, welche nicht mehr und
nicht weniger ſagen, als die gedancken und re-
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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/222>, abgerufen am 14.05.2024.