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Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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5. Die Periode des Zopfes und die Revolution.
mußte man eine Form haben, mit welcher er sich bequemer unter
den Arm legte. Man ließ darum die eine Krämpe weg und
machte ihn zweiseitig, so daß er sich flach zusammenklappen ließ.
Dann nahm er auch die dreigespitzte Form an, und statt der Plu-
mage, welche der Arm verdrückt hätte, besetzte man ihn nur noch
mit Borten, Tressen und Kokarden oder ließ ihn ganz einfach.
Zu dieser Gestalt vollendete er sich seit der Mitte des Jahrhun-
derts. Auch das Militär nahm ihn zweikrämpig an, jedoch, da er
immer tragbar bleiben mußte, nur mit Abweichungen, die end-
lich zu sehr verschiedenen Formen führten, von der Grenadier-
mütze an bis zum Napoleonshütchen.

Die Veränderungen, welche sonst mit der männlichen
Kleidung
vorgehen, sind verhältnißmäßig unbedeutend. Es
entstehen durchaus keine neue Formen oder solche, die wesentliche
Charakterunterschiede andeuteten, nur tritt wie an der Perrücke
das Groteske und Grandiose zurück, und es offenbart sich immer
steigend die Nüchternheit, die Pedanterie und Versteifung. So
schwinden die Goldfranzen, die breiten Borten und Stickereien
mehr und mehr zusammen, die Aermel verengern sich und die
Palten oder Umschläge werden kleiner, bis sie sich gegen das
Jahr 1780 als sinnlose Zugabe um das Handgelenk legen, in
der Weise, wie sie heute noch ohne alle Ursache als todte Er-
innerung vorhanden sind. Mit ihnen werden die herausgebausch-
ten Hemdärmel zu bloßen Spitzenmanschetten. Auch die großen
Taschen und die mächtigen Knöpfe werden kleiner und beschei-
dener, und das Justaucorps legt sich wo möglich noch enger um
den Leib. Im Uebrigen blieb es in der ersten Hälfte des acht-
zehnten Jahrhunderts wie es war.

Ebenso das Wamms. Einmal zum Rock geworden, nahm
es bis um 1750 so gut wie gar keine Veränderungen an: nüch-
tern, ohne Falte und ohne Schmuck sitzt es unter dem Oberrock.
Nur allein auf der Brust beginnt es sich vom Halse her zu
öffnen, um der herauswachsenden Busenkrause, dem Jabot,
Platz zu machen. Dieses tritt an die Stelle des Halstuches. Der
Hals wird frei, und wir mögen darin wieder ein Zeichen sehen,

5. Die Periode des Zopfes und die Revolution.
mußte man eine Form haben, mit welcher er ſich bequemer unter
den Arm legte. Man ließ darum die eine Krämpe weg und
machte ihn zweiſeitig, ſo daß er ſich flach zuſammenklappen ließ.
Dann nahm er auch die dreigeſpitzte Form an, und ſtatt der Plu-
mage, welche der Arm verdrückt hätte, beſetzte man ihn nur noch
mit Borten, Treſſen und Kokarden oder ließ ihn ganz einfach.
Zu dieſer Geſtalt vollendete er ſich ſeit der Mitte des Jahrhun-
derts. Auch das Militär nahm ihn zweikrämpig an, jedoch, da er
immer tragbar bleiben mußte, nur mit Abweichungen, die end-
lich zu ſehr verſchiedenen Formen führten, von der Grenadier-
mütze an bis zum Napoleonshütchen.

Die Veränderungen, welche ſonſt mit der männlichen
Kleidung
vorgehen, ſind verhältnißmäßig unbedeutend. Es
entſtehen durchaus keine neue Formen oder ſolche, die weſentliche
Charakterunterſchiede andeuteten, nur tritt wie an der Perrücke
das Groteske und Grandioſe zurück, und es offenbart ſich immer
ſteigend die Nüchternheit, die Pedanterie und Verſteifung. So
ſchwinden die Goldfranzen, die breiten Borten und Stickereien
mehr und mehr zuſammen, die Aermel verengern ſich und die
Palten oder Umſchläge werden kleiner, bis ſie ſich gegen das
Jahr 1780 als ſinnloſe Zugabe um das Handgelenk legen, in
der Weiſe, wie ſie heute noch ohne alle Urſache als todte Er-
innerung vorhanden ſind. Mit ihnen werden die herausgebauſch-
ten Hemdärmel zu bloßen Spitzenmanſchetten. Auch die großen
Taſchen und die mächtigen Knöpfe werden kleiner und beſchei-
dener, und das Juſtaucorps legt ſich wo möglich noch enger um
den Leib. Im Uebrigen blieb es in der erſten Hälfte des acht-
zehnten Jahrhunderts wie es war.

Ebenſo das Wamms. Einmal zum Rock geworden, nahm
es bis um 1750 ſo gut wie gar keine Veränderungen an: nüch-
tern, ohne Falte und ohne Schmuck ſitzt es unter dem Oberrock.
Nur allein auf der Bruſt beginnt es ſich vom Halſe her zu
öffnen, um der herauswachſenden Buſenkrauſe, dem Jabot,
Platz zu machen. Dieſes tritt an die Stelle des Halstuches. Der
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[271/0283] 5. Die Periode des Zopfes und die Revolution. mußte man eine Form haben, mit welcher er ſich bequemer unter den Arm legte. Man ließ darum die eine Krämpe weg und machte ihn zweiſeitig, ſo daß er ſich flach zuſammenklappen ließ. Dann nahm er auch die dreigeſpitzte Form an, und ſtatt der Plu- mage, welche der Arm verdrückt hätte, beſetzte man ihn nur noch mit Borten, Treſſen und Kokarden oder ließ ihn ganz einfach. Zu dieſer Geſtalt vollendete er ſich ſeit der Mitte des Jahrhun- derts. Auch das Militär nahm ihn zweikrämpig an, jedoch, da er immer tragbar bleiben mußte, nur mit Abweichungen, die end- lich zu ſehr verſchiedenen Formen führten, von der Grenadier- mütze an bis zum Napoleonshütchen. Die Veränderungen, welche ſonſt mit der männlichen Kleidung vorgehen, ſind verhältnißmäßig unbedeutend. Es entſtehen durchaus keine neue Formen oder ſolche, die weſentliche Charakterunterſchiede andeuteten, nur tritt wie an der Perrücke das Groteske und Grandioſe zurück, und es offenbart ſich immer ſteigend die Nüchternheit, die Pedanterie und Verſteifung. So ſchwinden die Goldfranzen, die breiten Borten und Stickereien mehr und mehr zuſammen, die Aermel verengern ſich und die Palten oder Umſchläge werden kleiner, bis ſie ſich gegen das Jahr 1780 als ſinnloſe Zugabe um das Handgelenk legen, in der Weiſe, wie ſie heute noch ohne alle Urſache als todte Er- innerung vorhanden ſind. Mit ihnen werden die herausgebauſch- ten Hemdärmel zu bloßen Spitzenmanſchetten. Auch die großen Taſchen und die mächtigen Knöpfe werden kleiner und beſchei- dener, und das Juſtaucorps legt ſich wo möglich noch enger um den Leib. Im Uebrigen blieb es in der erſten Hälfte des acht- zehnten Jahrhunderts wie es war. Ebenſo das Wamms. Einmal zum Rock geworden, nahm es bis um 1750 ſo gut wie gar keine Veränderungen an: nüch- tern, ohne Falte und ohne Schmuck ſitzt es unter dem Oberrock. Nur allein auf der Bruſt beginnt es ſich vom Halſe her zu öffnen, um der herauswachſenden Buſenkrauſe, dem Jabot, Platz zu machen. Dieſes tritt an die Stelle des Halstuches. Der Hals wird frei, und wir mögen darin wieder ein Zeichen ſehen,

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Zitationshilfe: Falke, Jakob von: Die deutsche Trachten- und Modenwelt. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/falke_trachten02_1858/283>, abgerufen am 26.11.2024.