Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.Indessen hielten die sämtlichen Gelehrte des Parnassischen Reichs davor, ver-
Indeſſen hielten die ſaͤmtlichen Gelehrte des Parnaſſiſchen Reichs davor, ver-
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Indeſſen hielten die ſaͤmtlichen Gelehrte des Parnaſſiſchen Reichs davor,
es wuͤrde zwiſchen Cornelio Tacito, und J. Lipſio, eine groſſe Vertraulich-
keit und ſonderliche Freundſchafft ſich erzeigen. Allein man hat mit hoͤchſter
Verwunderung das Gegentheil erfahren. Denn vor zweyen Tagen verklag-
te Lipſius den Tacitum vor dem Apolline, mit Vermelden, daß er in ſeinem
erſten Buch derer Hiſtorien etliche Worte geſchrieben, die da gantz gottloß und
nicht zu gedulden waͤren. Ihro Parnaſſiſche Majeſtaͤt wurden wegen ſolcher har-
ten Auflage ſehr beſtuͤrtzt, befahlen, auch dem Tacito, den andern Morgen zu
erſcheinen, und ſich zu verantworten, welcher gantz unerſchrockenen Gemuͤths
dieſem Befehl nachkam, und damit ſeinen guten Vertrauten Freunden, die ſei-
netwegen ſehr kleinmuͤthig waren, wieder ein Hertze machte. Beatus Rhena-
nus, und Fulvius Urſinus, Zogen den Lipſium auf die Seite und baten ihn ſehr
von dieſer Klage abzuſtehen, indem es ihm ſehr ſchimpflich fallen wuͤrde, wofer-
ne er ſie nicht erwieſe, ungluͤcklich und ſchaͤdlich aber, falls er ſie wahr machen
ſolte. Denn weil Tacitus einer von denen vornehmſten Politiſchen Freyherren,
ſo in dem Parnaſſo, und dannenhero einen groſſen Anhang bey denenjenigen, ſo
lange Haͤnde und ein weites Gewiſſen haben, haͤtte, wuͤrden ſelbige gewißlich
mit der Zeit ſich zu raͤchen nicht unterlaſſen. Dieſen gab Lipſius zur Antwort,
es moͤchte gehen wie es wolle, ſo ſeye er einmahl entſchloſſen ſein
Gewiſſen zu befriedigen, und trat damit vor den Apollo. Allda waren die
vornehmſten von denen Gelehrten, ſo es mit Tacito hielten, zuſammen gekom-
men. Da fieng Lipſius an und ſagte, wie er Platonem und Socratem, vor allen
Dingen aber die Wahrheit auf ſeiner Seite haͤtte. Darauf fiel ihm Taci-
tus in die Rede, und ſagte, er ſolte dieſen Eingang unterwegens laſſen,
indem er ſich hieher gar nicht ſchicke. Er moͤchte lieber ſeine Klage
kůrtzlich vorbringen. Die Politici wie er, Tacitus waͤren nicht gewoh-
net dererjenigen vorbedachte ſuͤſſe und glatte Worte mit Gedult anzu-
hoͤren, von welchen ſie nichts als Boͤſes zu gewarten haͤtten. Alsdann
ſprach Lipſius zu dem Tacito: Ihr habt in dem erſten Buch eurer Hiſto-
rien frey heraus geſaget, GOtt frage nichts nach dem Heyl und Wohl-
farth derer Menſchen trachte nur dieſelben zu ſtraffen. Dieſes klinget
abſcheulich genug wann es nur von einem weltlichen Fuͤrſten geſaget
wird, geſchweige dann von GOtt, deſſen natůrliche Eigenſchafft iſt,
Barmhertzigkeit und vaͤterliche Liebe gegen das gantze menſchliche
Geſchlecht zu erweiſen. Es waͤre demnach der hoͤchſten Straffe wohl
werth, wann man ſich ſolcher ſchrecklichen und unerhoͤrten Sachen
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