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Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729.

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Philosophie, hernach zu Freyburg im Breißgau die Historie und Poesie, mit
allgemeinen Ruhm und Beyfall. Aber es entstunde, sonderlich zu Basel, ein
grosser Streit bey der Universitaet, was dann dem Glareanus, der daselbst sei-
ne Profession erhalten hatte bey öffentlichen Zusammenkünfften vor ein Rang zu
geben seye? Denn weil er als ein berühmter Poet, sich schon, durch verschie-
dene Schrifften, bekannt gemachet hatte, so schiene er allerdings eine höhere
Stelle zu verdienen, als die gemeinen Magister besassen. Weil er aber noch
keinen Doctor-Rang angenommen, so wolten ihn die Leute von diesem Stande
auch nicht unter sich leiden. Indessen aber muste Glareanus sich entweder un-
ter die Studenten verstecken, oder sich gantz hinten bey der Magister-Banck
anhängen. Dieses verdrosse ihn zwar hefftig; allein er verbisse es eine Zeit-
lang, in der Hoffnung, daß man ihm bald einen höhern Ort einräumen wür-
de. Aber da er sahe, daß solches kein Ende nahm, so geriethe er auf einen be-
sondern Einfall, wodurch er gar bald eine Stelle unter denen Professoren zu
erlangen verhoffte. Da nehmlich einstmahls etliche Doctores solten gemachet
werden, so mithete sich Glareanus einen Esel, setzte sich drauf, ritte damit in das
Auditorium, und mischte sich unter die übrigen daselbst stehenden Studenten;
worüber aller Augen auf ihn gerichtet, und nach eines jedweden Gemüths-
Neigung Vielerley Urteile über ihn gefället wurden. Etliche glaubten, der
Mann habe seinen Verstand verlohren. Andere hätten vor lachen zerbersten
mögen, so offt der Esel anfieng zu schreyen oder zu trampeln. Wiederum an-
dere hielten davor, er thäte solches die neuen Doctores zu verhöhnen, und ihnen
ihre Unwissenheit aufzurücken. Kurtz, der Rector ließ ihn endlich fragen:
Warum er dann, in einer so vornehmen Versammlung, mit diesem
lasterbaren Thier erschiene?
Aber Glareanus erwiederte: Weil er gerne
einen gewissen und ausgemachten Sitz haben wolle. Denn,
fuhr er fort,
es sind in dessen, daß ihr zweiffelt, ob ihr mich unter die Doctores oder
Magister setzen sollet? schon so viele Monathe verflossen, daß ich, so-
wohl euch aus diesem Kummer zu reissen, als auch mich selber einmal
zu versorgen, endlich auf diesen Anschlag kommen müssen, mich auf ei-
nen Esel zu setzen, und euch also zuzuhören.

In Summa, es bleibet wahr, und ist gewiß, daß es unter denen Ge-
lehrten, biß auf diese Stunde schon eine ziemliche Schaar Narren und Irr-
wische
gegeben hat, und es ist nur zu bewundern, daß bißweilen auch unter
diesen Leute gewesen, deren Lehren und Schrifften allemal einen gewissen An-

hang
D d 2

Philoſophie, hernach zu Freyburg im Breißgau die Hiſtorie und Poëſie, mit
allgemeinen Ruhm und Beyfall. Aber es entſtunde, ſonderlich zu Baſel, ein
groſſer Streit bey der Univerſitæt, was dann dem Glareanus, der daſelbſt ſei-
ne Profeſſion erhalten hatte bey oͤffentlichen Zuſammenkuͤnfften vor ein Rang zu
geben ſeye? Denn weil er als ein beruͤhmter Poët, ſich ſchon, durch verſchie-
dene Schrifften, bekannt gemachet hatte, ſo ſchiene er allerdings eine hoͤhere
Stelle zu verdienen, als die gemeinen Magiſter beſaſſen. Weil er aber noch
keinen Doctor-Rang angenommen, ſo wolten ihn die Leute von dieſem Stande
auch nicht unter ſich leiden. Indeſſen aber muſte Glareanus ſich entweder un-
ter die Studenten verſtecken, oder ſich gantz hinten bey der Magiſter-Banck
anhaͤngen. Dieſes verdroſſe ihn zwar hefftig; allein er verbiſſe es eine Zeit-
lang, in der Hoffnung, daß man ihm bald einen hoͤhern Ort einraͤumen wuͤr-
de. Aber da er ſahe, daß ſolches kein Ende nahm, ſo geriethe er auf einen be-
ſondern Einfall, wodurch er gar bald eine Stelle unter denen Profeſſoren zu
erlangen verhoffte. Da nehmlich einſtmahls etliche Doctores ſolten gemachet
werden, ſo mithete ſich Glareanus einen Eſel, ſetzte ſich drauf, ritte damit in das
Auditorium, und miſchte ſich unter die uͤbrigen daſelbſt ſtehenden Studenten;
woruͤber aller Augen auf ihn gerichtet, und nach eines jedweden Gemuͤths-
Neigung Vielerley Urteile uͤber ihn gefaͤllet wurden. Etliche glaubten, der
Mann habe ſeinen Verſtand verlohren. Andere haͤtten vor lachen zerberſten
moͤgen, ſo offt der Eſel anfieng zu ſchreyen oder zu trampeln. Wiederum an-
dere hielten davor, er thaͤte ſolches die neuen Doctores zu verhoͤhnen, und ihnen
ihre Unwiſſenheit aufzuruͤcken. Kurtz, der Rector ließ ihn endlich fragen:
Warum er dann, in einer ſo vornehmen Verſammlung, mit dieſem
laſterbaren Thier erſchiene?
Aber Glareanus erwiederte: Weil er gerne
einen gewiſſen und ausgemachten Sitz haben wolle. Denn,
fuhr er fort,
es ſind in deſſen, daß ihr zweiffelt, ob ihr mich unter die Doctores oder
Magiſter ſetzen ſollet? ſchon ſo viele Monathe verfloſſen, daß ich, ſo-
wohl euch aus dieſem Kummer zu reiſſen, als auch mich ſelber einmal
zu verſorgen, endlich auf dieſen Anſchlag kommen muͤſſen, mich auf ei-
nen Eſel zu ſetzen, und euch alſo zuzuhoͤren.

In Summa, es bleibet wahr, und iſt gewiß, daß es unter denen Ge-
lehrten, biß auf dieſe Stunde ſchon eine ziemliche Schaar Narren und Irr-
wiſche
gegeben hat, und es iſt nur zu bewundern, daß bißweilen auch unter
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Zitationshilfe: Fassmann, David: Der Gelehrte Narr. Freiburg, 1729, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fassmann_narr_1729/255>, abgerufen am 24.11.2024.