[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. Berlin, 1802Gefühls, einer irrigen Ueberzeugung folgen; an Gefuͤhls, einer irrigen Ueberzeugung folgen; an <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0201" n="183"/> Gefuͤhls, einer irrigen Ueberzeugung folgen; an<lb/> ſich ſelbſt hat er zu oft die Macht der Einwirkung<lb/> aͤußerer Umſtaͤnde, die Staͤrke des Einfluſſes ein-<lb/> ſeitiger Anſichten der Dinge, die Gewalt des Tem-<lb/> peraments, der Laune, der Vorurtheile auf den<lb/> Willen des Menſchen erfahren, als daß er bei<lb/> der Beurtheilung und Behandlung Anderer, die<lb/> Berechnung dieſer gegeneinander wirkenden Kraͤfte<lb/> haͤtte außer Acht laſſen ſollen. Ihm war alſo die<lb/> Welt kein Aufenthalt reißender Thiere, kein Tum-<lb/> melplatz mannigfaltiger Boͤſewichter; ſondern ein<lb/> großes Krankenhaus, deren einen Theil uͤber alle<lb/> Hoffnung der Geneſung weggeſchrittene Wahnſin-<lb/> nige, den andern mehr oder weniger der Gene-<lb/> ſung ſich naͤhernde Kranke bewohnten. Fuͤr die<lb/> erſtern hatte er nur Mitleiden, fuͤr die letztern<lb/> ſeinen Kraͤften angemeſſene Bereitwilligkeit zu hel-<lb/> fen. Menſchenhaß und Menſchenverachtung kannte<lb/><hi rendition="#g">der</hi> nicht, der ſich ſelbſt zu gut kannte. Wo<lb/> Schonung und Nachſicht gegen Menſchen aus<lb/> Selbſtkenntniß entſpringen, und eben dadurch<lb/> herrſchender Charakterzug geworden iſt, dort iſt<lb/> der Grund zu allen Handlungen und Aufopfe-<lb/> rungen der geſellſchaftlichen Tugend gelegt. Und<lb/> hierin hat B. nach Maßgabe ſeiner Einſichten in<lb/> die verwickelten Verhaͤltniſſe des geſellſchaftlichen<lb/> Lebens keine Forderung der Pflicht unerfuͤllt ge-<lb/> laſſen. Wir kannten ihn alle als den vertraͤglich-<lb/> ſten Geſellſchafter, als den bereitwilligſten Wohl-<lb/> thaͤter, als einen treuen Arbeiter, als einen auf-<lb/> richtigen Freund, als einen ruhigen beſcheidenen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [183/0201]
Gefuͤhls, einer irrigen Ueberzeugung folgen; an
ſich ſelbſt hat er zu oft die Macht der Einwirkung
aͤußerer Umſtaͤnde, die Staͤrke des Einfluſſes ein-
ſeitiger Anſichten der Dinge, die Gewalt des Tem-
peraments, der Laune, der Vorurtheile auf den
Willen des Menſchen erfahren, als daß er bei
der Beurtheilung und Behandlung Anderer, die
Berechnung dieſer gegeneinander wirkenden Kraͤfte
haͤtte außer Acht laſſen ſollen. Ihm war alſo die
Welt kein Aufenthalt reißender Thiere, kein Tum-
melplatz mannigfaltiger Boͤſewichter; ſondern ein
großes Krankenhaus, deren einen Theil uͤber alle
Hoffnung der Geneſung weggeſchrittene Wahnſin-
nige, den andern mehr oder weniger der Gene-
ſung ſich naͤhernde Kranke bewohnten. Fuͤr die
erſtern hatte er nur Mitleiden, fuͤr die letztern
ſeinen Kraͤften angemeſſene Bereitwilligkeit zu hel-
fen. Menſchenhaß und Menſchenverachtung kannte
der nicht, der ſich ſelbſt zu gut kannte. Wo
Schonung und Nachſicht gegen Menſchen aus
Selbſtkenntniß entſpringen, und eben dadurch
herrſchender Charakterzug geworden iſt, dort iſt
der Grund zu allen Handlungen und Aufopfe-
rungen der geſellſchaftlichen Tugend gelegt. Und
hierin hat B. nach Maßgabe ſeiner Einſichten in
die verwickelten Verhaͤltniſſe des geſellſchaftlichen
Lebens keine Forderung der Pflicht unerfuͤllt ge-
laſſen. Wir kannten ihn alle als den vertraͤglich-
ſten Geſellſchafter, als den bereitwilligſten Wohl-
thaͤter, als einen treuen Arbeiter, als einen auf-
richtigen Freund, als einen ruhigen beſcheidenen
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