[Fessler, Ignaz Aurelius]: Eleusinien des neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. Berlin, 1802will; der Weise ist froh, wenn er unter zehn Ge- Wahrhaftigkeit war der edelste Zug in dem will; der Weiſe iſt froh, wenn er unter zehn Ge- Wahrhaftigkeit war der edelſte Zug in dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0203" n="185"/> will; der Weiſe iſt froh, wenn er unter zehn Ge-<lb/> nießenden auch nur einen Lehrling der Kunſt er-<lb/> kennt. Der Mangel dieſer Kunſt fuͤhrt entweder,<lb/> auf allmaͤhlige Zerſtoͤhrung des Koͤrpers, oder<lb/> auf voͤllige Abſtumpfung des Geiſtes, oder auf<lb/> beides zugleich. Welchen Grad unſer verewigter<lb/> B. in dieſer Kunſt erreicht hat, geziemt uns we-<lb/> der zu unterſuchen noch zu beſtimmen: aber ſo-<lb/> viel iſt gewiß, daß bei allen Genuͤſſen ſeines Le-<lb/> bens ſein Geiſt der Wahrheit offen, ſein Herz<lb/> des Guten und ſittlich Schoͤnen empfaͤnglich blieb.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p><hi rendition="#g">Wahrhaftigkeit</hi> war der edelſte Zug in dem<lb/> Charakter unſeres verewigten Bruders K., und<lb/> Wahrheit des Charakters war die erſte und uner-<lb/> laͤßlichſte Bedingung, die er von jedem forderte,<lb/> der auf ſeine Aufmerkſamkeit und Achtung An-<lb/> ſpruch machte. Wer etwas ſcheinen wollte, was<lb/> er nicht war, oder nicht ſeyn konnte, war nicht<lb/> der Mann ſeines Herzens. Die Natur hatte ihn<lb/> mit einer ziemlichen Anlage zur Penetration aus-<lb/> geſtattet. Er lebte von ſeiner fruͤheſten Jugend<lb/> an viel mit Menſchen; und in den mannigfalti-<lb/> gen und verwickelten Verhaͤltniſſen des menſchli-<lb/> chen Lebens entwickelte er dieſe Anlage zur Kraft.<lb/> Er ſchien oft ungebildet und hart, weil er nicht<lb/> ſelten lieber auf das antwortete, was die Men-<lb/> ſchen <hi rendition="#g">dachten</hi>, als was ſie <hi rendition="#g">ſprachen</hi>; und ſie<lb/> oͤfters mehr nach dem behandelte, was ſie <hi rendition="#g">waren</hi>,<lb/> als was ſie <hi rendition="#g">ſcheinen wollten</hi>. Eben dieſe<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [185/0203]
will; der Weiſe iſt froh, wenn er unter zehn Ge-
nießenden auch nur einen Lehrling der Kunſt er-
kennt. Der Mangel dieſer Kunſt fuͤhrt entweder,
auf allmaͤhlige Zerſtoͤhrung des Koͤrpers, oder
auf voͤllige Abſtumpfung des Geiſtes, oder auf
beides zugleich. Welchen Grad unſer verewigter
B. in dieſer Kunſt erreicht hat, geziemt uns we-
der zu unterſuchen noch zu beſtimmen: aber ſo-
viel iſt gewiß, daß bei allen Genuͤſſen ſeines Le-
bens ſein Geiſt der Wahrheit offen, ſein Herz
des Guten und ſittlich Schoͤnen empfaͤnglich blieb.
Wahrhaftigkeit war der edelſte Zug in dem
Charakter unſeres verewigten Bruders K., und
Wahrheit des Charakters war die erſte und uner-
laͤßlichſte Bedingung, die er von jedem forderte,
der auf ſeine Aufmerkſamkeit und Achtung An-
ſpruch machte. Wer etwas ſcheinen wollte, was
er nicht war, oder nicht ſeyn konnte, war nicht
der Mann ſeines Herzens. Die Natur hatte ihn
mit einer ziemlichen Anlage zur Penetration aus-
geſtattet. Er lebte von ſeiner fruͤheſten Jugend
an viel mit Menſchen; und in den mannigfalti-
gen und verwickelten Verhaͤltniſſen des menſchli-
chen Lebens entwickelte er dieſe Anlage zur Kraft.
Er ſchien oft ungebildet und hart, weil er nicht
ſelten lieber auf das antwortete, was die Men-
ſchen dachten, als was ſie ſprachen; und ſie
oͤfters mehr nach dem behandelte, was ſie waren,
als was ſie ſcheinen wollten. Eben dieſe
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