Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

vorbringenden Thätigkeit wird also auf Gott angewendet, d.
h. in Wahrheit als göttliche Thätigkeit und Wesenheit reali-
sirt, vergegenständlicht. Es wird aber abgesondert jede beson-
dere Bestimmung
, jede Art der Thätigkeit -- nur die
Grundbestimmung, die aber wesentlich menschliche Grundbe-
stimmung: die Hervorbringung außer sich bleibt. Gott hat
nicht Etwas hervorgebracht, Dieses oder Jenes, Besonderes,
wie der Mensch, sondern Alles, seine Thätigkeit ist schlecht-
hin universale, unbeschränkte
. Es versteht sich daher
von selbst, es ist eine nothwendige Folge, daß die Art, wie
Gott dieß Alles hervorgebracht, unbegreiflich ist, weil diese
Thätigkeit keine Art der Thätigkeit ist, weil die Frage nach
dem Wie hier eine ungereimte
ist, eine Frage, die durch
den Grundbegriff der unbeschränkten Thätigkeit an
und für sich abgewiesen ist. Jede besondere Thätigkeit
bringt auf besondere Weise ihre Wirkungen hervor, weil
hier die Thätigkeit selbst eine bestimmte Weise der Thätigkeit
ist; es entsteht hier nothwendig die Frage: wie brachte sie
dieß hervor? Die Antwort auf die Frage aber: wie hat
Gott die Welt gemacht, fällt nothwendig negativ aus, weil
die die Welt schaffende Thätigkeit selbst jede bestimmte Thätig-
keit, die allein diese Frage privilegirte, jede an einen bestimm-
ten Inhalt
, d. h. eine Materie gebundene Thätigkeitsweise
von sich negirt. Es wird in dieser Frage zwischen das
Subject, die hervorbringende Thätigkeit, und das Object, das
Hervorgebrachte, ein nicht hieher gehöriges, ein ausgeschloßnes
Mittelding: der Begriff der Besonderheit unrechtmäßiger
Weise eingeschaltet. Die Thätigkeit bezieht sich nur auf das
Collectivum: Alles, Welt: Gott hat Alles hervorgebracht,
aber nicht Etwas -- das unbestimmte Ganze, das All, wie

vorbringenden Thätigkeit wird alſo auf Gott angewendet, d.
h. in Wahrheit als göttliche Thätigkeit und Weſenheit reali-
ſirt, vergegenſtändlicht. Es wird aber abgeſondert jede beſon-
dere Beſtimmung
, jede Art der Thätigkeit — nur die
Grundbeſtimmung, die aber weſentlich menſchliche Grundbe-
ſtimmung: die Hervorbringung außer ſich bleibt. Gott hat
nicht Etwas hervorgebracht, Dieſes oder Jenes, Beſonderes,
wie der Menſch, ſondern Alles, ſeine Thätigkeit iſt ſchlecht-
hin univerſale, unbeſchränkte
. Es verſteht ſich daher
von ſelbſt, es iſt eine nothwendige Folge, daß die Art, wie
Gott dieß Alles hervorgebracht, unbegreiflich iſt, weil dieſe
Thätigkeit keine Art der Thätigkeit iſt, weil die Frage nach
dem Wie hier eine ungereimte
iſt, eine Frage, die durch
den Grundbegriff der unbeſchränkten Thätigkeit an
und für ſich abgewieſen iſt. Jede beſondere Thätigkeit
bringt auf beſondere Weiſe ihre Wirkungen hervor, weil
hier die Thätigkeit ſelbſt eine beſtimmte Weiſe der Thätigkeit
iſt; es entſteht hier nothwendig die Frage: wie brachte ſie
dieß hervor? Die Antwort auf die Frage aber: wie hat
Gott die Welt gemacht, fällt nothwendig negativ aus, weil
die die Welt ſchaffende Thätigkeit ſelbſt jede beſtimmte Thätig-
keit, die allein dieſe Frage privilegirte, jede an einen beſtimm-
ten Inhalt
, d. h. eine Materie gebundene Thätigkeitsweiſe
von ſich negirt. Es wird in dieſer Frage zwiſchen das
Subject, die hervorbringende Thätigkeit, und das Object, das
Hervorgebrachte, ein nicht hieher gehöriges, ein ausgeſchloßnes
Mittelding: der Begriff der Beſonderheit unrechtmäßiger
Weiſe eingeſchaltet. Die Thätigkeit bezieht ſich nur auf das
Collectivum: Alles, Welt: Gott hat Alles hervorgebracht,
aber nicht Etwas — das unbeſtimmte Ganze, das All, wie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0315" n="297"/>
vorbringenden Thätigkeit wird al&#x017F;o auf Gott angewendet, d.<lb/>
h. in Wahrheit als göttliche Thätigkeit und We&#x017F;enheit reali-<lb/>
&#x017F;irt, vergegen&#x017F;tändlicht. Es wird aber abge&#x017F;ondert jede <hi rendition="#g">be&#x017F;on-<lb/>
dere Be&#x017F;timmung</hi>, jede <hi rendition="#g">Art</hi> der Thätigkeit &#x2014; nur die<lb/>
Grundbe&#x017F;timmung, die aber we&#x017F;entlich men&#x017F;chliche Grundbe-<lb/>
&#x017F;timmung: die Hervorbringung <hi rendition="#g">außer &#x017F;ich</hi> bleibt. Gott hat<lb/>
nicht Etwas hervorgebracht, Die&#x017F;es oder Jenes, Be&#x017F;onderes,<lb/>
wie der Men&#x017F;ch, &#x017F;ondern <hi rendition="#g">Alles</hi>, &#x017F;eine Thätigkeit i&#x017F;t <hi rendition="#g">&#x017F;chlecht-<lb/>
hin univer&#x017F;ale, unbe&#x017F;chränkte</hi>. Es <hi rendition="#g">ver&#x017F;teht &#x017F;ich</hi> daher<lb/><hi rendition="#g">von &#x017F;elb&#x017F;t</hi>, es i&#x017F;t eine nothwendige Folge, daß die <hi rendition="#g">Art, wie</hi><lb/>
Gott dieß Alles hervorgebracht, unbegreiflich i&#x017F;t, weil die&#x017F;e<lb/>
Thätigkeit keine Art der Thätigkeit i&#x017F;t, weil die <hi rendition="#g">Frage nach<lb/>
dem Wie hier eine ungereimte</hi> i&#x017F;t, eine Frage, die durch<lb/>
den <hi rendition="#g">Grundbegriff der unbe&#x017F;chränkten Thätigkeit</hi> an<lb/>
und für &#x017F;ich <hi rendition="#g">abgewie&#x017F;en</hi> i&#x017F;t. Jede <hi rendition="#g">be&#x017F;ondere Thätigkeit</hi><lb/>
bringt auf <hi rendition="#g">be&#x017F;ondere Wei&#x017F;e</hi> ihre Wirkungen hervor, weil<lb/>
hier die Thätigkeit &#x017F;elb&#x017F;t eine be&#x017F;timmte Wei&#x017F;e der Thätigkeit<lb/>
i&#x017F;t; es ent&#x017F;teht hier <hi rendition="#g">nothwendig</hi> die Frage: wie brachte &#x017F;ie<lb/>
dieß hervor? Die Antwort auf die Frage aber: <hi rendition="#g">wie</hi> hat<lb/>
Gott die Welt gemacht, fällt nothwendig <hi rendition="#g">negativ</hi> aus, weil<lb/>
die die Welt &#x017F;chaffende Thätigkeit &#x017F;elb&#x017F;t <hi rendition="#g">jede be&#x017F;timmte</hi> Thätig-<lb/>
keit, die allein die&#x017F;e Frage privilegirte, jede an einen <hi rendition="#g">be&#x017F;timm-<lb/>
ten Inhalt</hi>, d. h. eine <hi rendition="#g">Materie</hi> gebundene Thätigkeitswei&#x017F;e<lb/><hi rendition="#g">von &#x017F;ich negirt</hi>. Es wird in die&#x017F;er Frage zwi&#x017F;chen das<lb/>
Subject, die hervorbringende Thätigkeit, und das Object, das<lb/>
Hervorgebrachte, ein nicht hieher gehöriges, ein ausge&#x017F;chloßnes<lb/>
Mittelding: der Begriff der <hi rendition="#g">Be&#x017F;onderheit</hi> unrechtmäßiger<lb/>
Wei&#x017F;e einge&#x017F;chaltet. Die Thätigkeit bezieht &#x017F;ich nur auf das<lb/><hi rendition="#g">Collectivum: Alles</hi>, Welt: Gott hat <hi rendition="#g">Alles</hi> hervorgebracht,<lb/>
aber <hi rendition="#g">nicht Etwas</hi> &#x2014; das unbe&#x017F;timmte Ganze, das All, wie<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[297/0315] vorbringenden Thätigkeit wird alſo auf Gott angewendet, d. h. in Wahrheit als göttliche Thätigkeit und Weſenheit reali- ſirt, vergegenſtändlicht. Es wird aber abgeſondert jede beſon- dere Beſtimmung, jede Art der Thätigkeit — nur die Grundbeſtimmung, die aber weſentlich menſchliche Grundbe- ſtimmung: die Hervorbringung außer ſich bleibt. Gott hat nicht Etwas hervorgebracht, Dieſes oder Jenes, Beſonderes, wie der Menſch, ſondern Alles, ſeine Thätigkeit iſt ſchlecht- hin univerſale, unbeſchränkte. Es verſteht ſich daher von ſelbſt, es iſt eine nothwendige Folge, daß die Art, wie Gott dieß Alles hervorgebracht, unbegreiflich iſt, weil dieſe Thätigkeit keine Art der Thätigkeit iſt, weil die Frage nach dem Wie hier eine ungereimte iſt, eine Frage, die durch den Grundbegriff der unbeſchränkten Thätigkeit an und für ſich abgewieſen iſt. Jede beſondere Thätigkeit bringt auf beſondere Weiſe ihre Wirkungen hervor, weil hier die Thätigkeit ſelbſt eine beſtimmte Weiſe der Thätigkeit iſt; es entſteht hier nothwendig die Frage: wie brachte ſie dieß hervor? Die Antwort auf die Frage aber: wie hat Gott die Welt gemacht, fällt nothwendig negativ aus, weil die die Welt ſchaffende Thätigkeit ſelbſt jede beſtimmte Thätig- keit, die allein dieſe Frage privilegirte, jede an einen beſtimm- ten Inhalt, d. h. eine Materie gebundene Thätigkeitsweiſe von ſich negirt. Es wird in dieſer Frage zwiſchen das Subject, die hervorbringende Thätigkeit, und das Object, das Hervorgebrachte, ein nicht hieher gehöriges, ein ausgeſchloßnes Mittelding: der Begriff der Beſonderheit unrechtmäßiger Weiſe eingeſchaltet. Die Thätigkeit bezieht ſich nur auf das Collectivum: Alles, Welt: Gott hat Alles hervorgebracht, aber nicht Etwas — das unbeſtimmte Ganze, das All, wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_christentum_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_christentum_1841/315
Zitationshilfe: Feuerbach, Ludwig: Das Wesen des Christentums. Leipzig, 1841, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/feuerbach_christentum_1841/315>, abgerufen am 05.12.2024.