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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

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finden von einer höhern Liebe, die ihr den
Platz versagt.

3) Dieser Grundtrieb des Menschen nun,
wenn er in klare Erkenntniß übersezt wird, geht
nicht auf eine schon gegebene und vorhandene
Welt, welche ja nur leidend genommen wer¬
den kann, wie sie eben ist, und in der eine
zu ursprünglich schöpferischer Thätigkeit trei¬
bende Liebe keinen Wirkungskreis für sich
fände; sondern er geht, zur Erkenntniß gestei¬
gert, auf eine Welt die da werden soll, eine
apriorische, eine solche, die da zukünftig ist,
und ewig fort zukünftig bleibt. Das aller Er¬
scheinung zu Grunde liegende göttliche Leben
tritt darum niemals ein als ein stehendes,
und gegebenes Seyn, sondern als etwas, das
da werden soll, und nachdem ein solches, das
da werden sollte, geworden ist, wird es aber¬
mals eintreten als ein werden sollendes in alle
Ewigkeit, daß daher jenes göttliche Leben
niemals eintritt in den Tod des stehenden
Seyns, sondern immerfort bleibet in der Form
des fortfließenden Lebens. Die unmittelbare
Erscheinung und Offenbarung Gottes ist die

finden von einer hoͤhern Liebe, die ihr den
Platz verſagt.

3) Dieſer Grundtrieb des Menſchen nun,
wenn er in klare Erkenntniß uͤberſezt wird, geht
nicht auf eine ſchon gegebene und vorhandene
Welt, welche ja nur leidend genommen wer¬
den kann, wie ſie eben iſt, und in der eine
zu urſpruͤnglich ſchoͤpferiſcher Thaͤtigkeit trei¬
bende Liebe keinen Wirkungskreis fuͤr ſich
faͤnde; ſondern er geht, zur Erkenntniß geſtei¬
gert, auf eine Welt die da werden ſoll, eine
aprioriſche, eine ſolche, die da zukuͤnftig iſt,
und ewig fort zukuͤnftig bleibt. Das aller Er¬
ſcheinung zu Grunde liegende goͤttliche Leben
tritt darum niemals ein als ein ſtehendes,
und gegebenes Seyn, ſondern als etwas, das
da werden ſoll, und nachdem ein ſolches, das
da werden ſollte, geworden iſt, wird es aber¬
mals eintreten als ein werden ſollendes in alle
Ewigkeit, daß daher jenes goͤttliche Leben
niemals eintritt in den Tod des ſtehenden
Seyns, ſondern immerfort bleibet in der Form
des fortfließenden Lebens. Die unmittelbare
Erſcheinung und Offenbarung Gottes iſt die

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[98/0104] finden von einer hoͤhern Liebe, die ihr den Platz verſagt. 3) Dieſer Grundtrieb des Menſchen nun, wenn er in klare Erkenntniß uͤberſezt wird, geht nicht auf eine ſchon gegebene und vorhandene Welt, welche ja nur leidend genommen wer¬ den kann, wie ſie eben iſt, und in der eine zu urſpruͤnglich ſchoͤpferiſcher Thaͤtigkeit trei¬ bende Liebe keinen Wirkungskreis fuͤr ſich faͤnde; ſondern er geht, zur Erkenntniß geſtei¬ gert, auf eine Welt die da werden ſoll, eine aprioriſche, eine ſolche, die da zukuͤnftig iſt, und ewig fort zukuͤnftig bleibt. Das aller Er¬ ſcheinung zu Grunde liegende goͤttliche Leben tritt darum niemals ein als ein ſtehendes, und gegebenes Seyn, ſondern als etwas, das da werden ſoll, und nachdem ein ſolches, das da werden ſollte, geworden iſt, wird es aber¬ mals eintreten als ein werden ſollendes in alle Ewigkeit, daß daher jenes goͤttliche Leben niemals eintritt in den Tod des ſtehenden Seyns, ſondern immerfort bleibet in der Form des fortfließenden Lebens. Die unmittelbare Erſcheinung und Offenbarung Gottes iſt die

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Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/104>, abgerufen am 21.11.2024.