Sprache, die er schon längst vollkommen be¬ sizt, die Buchstaben zu erfinden und zu ge¬ brauchen; welches ihm bei der übrigen Bil¬ dung, die er schon erlangt hat, ein Spiel seyn würde.
So in der bloßen, und allgemeinen Na¬ tional-Erziehung. Etwas anderes ist es mit dem künftigen Gelehrten. Dieser soll einst nicht bloß über das allgemeingeltende sich aus¬ sprechen, wie es ihm ums Herz ist, sondern er soll auch in einsamen Nachdenken die verbor¬ gene, und ihm selber unbewußte eigenthümliche Tiefe seines Gemüths in das Licht der Sprache er¬ heben, und er muß darum früher an der Schrift das Werkzeug dieses einsamen und dennoch lauten Denkens in die Hände bekommen, und bilden lernen; doch wird auch mit ihm weniger zu eilen seyn, als es bisher geschehen. Es wird dies zu seiner Zeit bei der Unterscheidung der bloßen National-Erziehung von der ge¬ lehrten deutlicher erhellen.
In Gemäßheit dieser Ansicht ist alles, was der Erfinder über Schall und Wort, als Ent¬ wiklungsmittel der geistigen Kraft spricht, zu berichtigen, und zu beschränken. In das Ein¬
Sprache, die er ſchon laͤngſt vollkommen be¬ ſizt, die Buchſtaben zu erfinden und zu ge¬ brauchen; welches ihm bei der uͤbrigen Bil¬ dung, die er ſchon erlangt hat, ein Spiel ſeyn wuͤrde.
So in der bloßen, und allgemeinen Na¬ tional-Erziehung. Etwas anderes iſt es mit dem kuͤnftigen Gelehrten. Dieſer ſoll einſt nicht bloß uͤber das allgemeingeltende ſich aus¬ ſprechen, wie es ihm ums Herz iſt, ſondern er ſoll auch in einſamen Nachdenken die verbor¬ gene, und ihm ſelber unbewußte eigenthuͤmliche Tiefe ſeines Gemuͤths in das Licht der Sprache er¬ heben, und er muß darum fruͤher an der Schrift das Werkzeug dieſes einſamen und dennoch lauten Denkens in die Haͤnde bekommen, und bilden lernen; doch wird auch mit ihm weniger zu eilen ſeyn, als es bisher geſchehen. Es wird dies zu ſeiner Zeit bei der Unterſcheidung der bloßen National-Erziehung von der ge¬ lehrten deutlicher erhellen.
In Gemaͤßheit dieſer Anſicht iſt alles, was der Erfinder uͤber Schall und Wort, als Ent¬ wiklungsmittel der geiſtigen Kraft ſpricht, zu berichtigen, und zu beſchraͤnken. In das Ein¬
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Sprache, die er ſchon laͤngſt vollkommen be¬
ſizt, die Buchſtaben zu erfinden und zu ge¬
brauchen; welches ihm bei der uͤbrigen Bil¬
dung, die er ſchon erlangt hat, ein Spiel ſeyn
wuͤrde.
So in der bloßen, und allgemeinen Na¬
tional-Erziehung. Etwas anderes iſt es mit
dem kuͤnftigen Gelehrten. Dieſer ſoll einſt
nicht bloß uͤber das allgemeingeltende ſich aus¬
ſprechen, wie es ihm ums Herz iſt, ſondern er
ſoll auch in einſamen Nachdenken die verbor¬
gene, und ihm ſelber unbewußte eigenthuͤmliche
Tiefe ſeines Gemuͤths in das Licht der Sprache er¬
heben, und er muß darum fruͤher an der Schrift
das Werkzeug dieſes einſamen und dennoch
lauten Denkens in die Haͤnde bekommen, und
bilden lernen; doch wird auch mit ihm weniger
zu eilen ſeyn, als es bisher geſchehen. Es
wird dies zu ſeiner Zeit bei der Unterſcheidung
der bloßen National-Erziehung von der ge¬
lehrten deutlicher erhellen.
In Gemaͤßheit dieſer Anſicht iſt alles, was
der Erfinder uͤber Schall und Wort, als Ent¬
wiklungsmittel der geiſtigen Kraft ſpricht, zu
berichtigen, und zu beſchraͤnken. In das Ein¬
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Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/307>, abgerufen am 22.11.2024.
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