Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

mal ins Werk gesezt, durch sich selbst fortlebe,
und immer weiter um sich greifend sich verbrei¬
te. Jeder, der durch diese Bildung hindurch¬
gegangen ist, wird ein Zeuge für sie, und ein
eifriger Verbreiter; jeder wird den Lohn der
erhaltnen Lehre dadurch abtragen, daß er selbst
wieder Lehrer wird, und so viele Schüler, die
einst auch wieder Lehrer werden, macht, als
er kann; und dies geht nothwendig so lange
fort, bis das Ganze ohne alle Ausnahme er¬
griffen sey.

Im Falle der Staat sich mit der Sache
nicht befassen sollte, so haben Privatunterneh¬
mungen zu befürchten, daß alle nur irgend
vermögende Eltern, ihre Kinder dieser Erzie¬
hung nicht überlassen werden. Wende man
sich sodann in Gottes Namen und mit voller
Zuversicht an die armen Verwaisten, an die
im Elende auf den Straßen herumliegenden,
an Alles, was die erwachsene Menschheit aus¬
gestoßen und weggeworfen hat! So wie bis¬
her, besonders in denjenigen deutschen Staa¬
ten, in denen die Frömmigkeit der Vorfahren,
die öffentlichen Erziehungsanstalten sehr ver¬
mehrt und reichlich ausgestattet hatte, eine

mal ins Werk geſezt, durch ſich ſelbſt fortlebe,
und immer weiter um ſich greifend ſich verbrei¬
te. Jeder, der durch dieſe Bildung hindurch¬
gegangen iſt, wird ein Zeuge fuͤr ſie, und ein
eifriger Verbreiter; jeder wird den Lohn der
erhaltnen Lehre dadurch abtragen, daß er ſelbſt
wieder Lehrer wird, und ſo viele Schuͤler, die
einſt auch wieder Lehrer werden, macht, als
er kann; und dies geht nothwendig ſo lange
fort, bis das Ganze ohne alle Ausnahme er¬
griffen ſey.

Im Falle der Staat ſich mit der Sache
nicht befaſſen ſollte, ſo haben Privatunterneh¬
mungen zu befuͤrchten, daß alle nur irgend
vermoͤgende Eltern, ihre Kinder dieſer Erzie¬
hung nicht uͤberlaſſen werden. Wende man
ſich ſodann in Gottes Namen und mit voller
Zuverſicht an die armen Verwaiſten, an die
im Elende auf den Straßen herumliegenden,
an Alles, was die erwachſene Menſchheit aus¬
geſtoßen und weggeworfen hat! So wie bis¬
her, beſonders in denjenigen deutſchen Staa¬
ten, in denen die Froͤmmigkeit der Vorfahren,
die oͤffentlichen Erziehungsanſtalten ſehr ver¬
mehrt und reichlich ausgeſtattet hatte, eine

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0379" n="375"/>
mal ins Werk ge&#x017F;ezt, durch &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t fortlebe,<lb/>
und immer weiter um &#x017F;ich greifend &#x017F;ich verbrei¬<lb/>
te. Jeder, der durch die&#x017F;e Bildung hindurch¬<lb/>
gegangen i&#x017F;t, wird ein Zeuge fu&#x0364;r &#x017F;ie, und ein<lb/>
eifriger Verbreiter; jeder wird den Lohn der<lb/>
erhaltnen Lehre dadurch abtragen, daß er &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
wieder Lehrer wird, und &#x017F;o viele Schu&#x0364;ler, die<lb/>
ein&#x017F;t auch wieder Lehrer werden, macht, als<lb/>
er kann; und dies geht nothwendig &#x017F;o lange<lb/>
fort, bis das Ganze ohne alle Ausnahme er¬<lb/>
griffen &#x017F;ey.</p><lb/>
        <p>Im Falle der Staat &#x017F;ich mit der Sache<lb/>
nicht befa&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollte, &#x017F;o haben Privatunterneh¬<lb/>
mungen zu befu&#x0364;rchten, daß alle nur irgend<lb/>
vermo&#x0364;gende Eltern, ihre Kinder die&#x017F;er Erzie¬<lb/>
hung nicht u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en werden. Wende man<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;odann in Gottes Namen und mit voller<lb/>
Zuver&#x017F;icht an die armen Verwai&#x017F;ten, an die<lb/>
im Elende auf den Straßen herumliegenden,<lb/>
an Alles, was die erwach&#x017F;ene Men&#x017F;chheit aus¬<lb/>
ge&#x017F;toßen und weggeworfen hat! So wie bis¬<lb/>
her, be&#x017F;onders in denjenigen deut&#x017F;chen Staa¬<lb/>
ten, in denen die Fro&#x0364;mmigkeit der Vorfahren,<lb/>
die o&#x0364;ffentlichen Erziehungsan&#x017F;talten &#x017F;ehr ver¬<lb/>
mehrt und reichlich ausge&#x017F;tattet hatte, eine<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[375/0379] mal ins Werk geſezt, durch ſich ſelbſt fortlebe, und immer weiter um ſich greifend ſich verbrei¬ te. Jeder, der durch dieſe Bildung hindurch¬ gegangen iſt, wird ein Zeuge fuͤr ſie, und ein eifriger Verbreiter; jeder wird den Lohn der erhaltnen Lehre dadurch abtragen, daß er ſelbſt wieder Lehrer wird, und ſo viele Schuͤler, die einſt auch wieder Lehrer werden, macht, als er kann; und dies geht nothwendig ſo lange fort, bis das Ganze ohne alle Ausnahme er¬ griffen ſey. Im Falle der Staat ſich mit der Sache nicht befaſſen ſollte, ſo haben Privatunterneh¬ mungen zu befuͤrchten, daß alle nur irgend vermoͤgende Eltern, ihre Kinder dieſer Erzie¬ hung nicht uͤberlaſſen werden. Wende man ſich ſodann in Gottes Namen und mit voller Zuverſicht an die armen Verwaiſten, an die im Elende auf den Straßen herumliegenden, an Alles, was die erwachſene Menſchheit aus¬ geſtoßen und weggeworfen hat! So wie bis¬ her, beſonders in denjenigen deutſchen Staa¬ ten, in denen die Froͤmmigkeit der Vorfahren, die oͤffentlichen Erziehungsanſtalten ſehr ver¬ mehrt und reichlich ausgeſtattet hatte, eine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/379
Zitationshilfe: Fichte, Johann Gottlieb: Reden an die deutsche Nation. Berlin, 1808, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fichte_reden_1808/379>, abgerufen am 16.07.2024.