Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887.Ausdruck nicht zweierlei sein können, sondern daß geistige Ausdruck nicht zweierlei ſein können, ſondern daß geiſtige <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0022" n="10"/> Ausdruck nicht zweierlei ſein können, ſondern daß geiſtige<lb/> Reſultate überhaupt nur in ſinnlichen Gebilden ſich zu<lb/> beſtimmter Form zu entwickeln vermögen, ſo können wir<lb/> die Sprache nur mehr als eine Form anſehen, in der ein<lb/> Wirklichkeitsbeſitz für uns entſteht, nicht aber als das Mittel,<lb/> durch welches wir eine Wirklichkeit, die nicht Sprache, die<lb/> gleichſam außerhalb des Sprachgebietes vorhanden wäre,<lb/> zu bezeichnen und in unſeren geiſtigen Beſitz zu bringen<lb/> vermöchten. Iſt es nun ein ſehr ungenauer und dem that¬<lb/> ſächlichen Verhältniß nicht entſprechender Ausdruck, wenn<lb/> man ſagt, daß der Menſch durch die Fähigkeit des Sprechens<lb/> die Wirklichkeit zu bezeichnen vermöge, ſo iſt es ein ebenſo<lb/> ungenauer Ausdruck, wenn man die in dem discurſiven<lb/> Denken ſich vollziehende Erkenntniß eine Erkenntniß der<lb/> Wirklichkeit nennt. So wenig die Sprache einer Wirk¬<lb/> lichkeit gegenüberſteht, ſo wenig ſteht auch die Erkenntniß<lb/> einer Wirklichkeit gegenüber. Nicht die Wirklichkeit ſchlecht¬<lb/> hin iſt es, wie wir doch gern glauben möchten, die wir<lb/> durch das in der Sprache ſich vollziehende Denken und<lb/> Erkennen erfaſſen, ſondern immer nur die Wirklichkeit, ſo¬<lb/> fern ſie in der Form der Sprache überhaupt zu einem<lb/> entwickelten Daſein gelangt iſt. In Anſehung der unend¬<lb/> lichen Fülle von Wirklichkeit, die wir vermittelſt der<lb/> Sprache gleichſam vor das Bewußtſein zu rufen, durch<lb/> das Denken dem Verſtand zuzuführen vermögen, bedarf es<lb/> freilich noch mancher Erwägungen, um das ſelbſtverſtänd¬<lb/> lich erſcheinen zu laſſen, was zunächſt befremdlich, faſt<lb/> paradox klingt.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [10/0022]
Ausdruck nicht zweierlei ſein können, ſondern daß geiſtige
Reſultate überhaupt nur in ſinnlichen Gebilden ſich zu
beſtimmter Form zu entwickeln vermögen, ſo können wir
die Sprache nur mehr als eine Form anſehen, in der ein
Wirklichkeitsbeſitz für uns entſteht, nicht aber als das Mittel,
durch welches wir eine Wirklichkeit, die nicht Sprache, die
gleichſam außerhalb des Sprachgebietes vorhanden wäre,
zu bezeichnen und in unſeren geiſtigen Beſitz zu bringen
vermöchten. Iſt es nun ein ſehr ungenauer und dem that¬
ſächlichen Verhältniß nicht entſprechender Ausdruck, wenn
man ſagt, daß der Menſch durch die Fähigkeit des Sprechens
die Wirklichkeit zu bezeichnen vermöge, ſo iſt es ein ebenſo
ungenauer Ausdruck, wenn man die in dem discurſiven
Denken ſich vollziehende Erkenntniß eine Erkenntniß der
Wirklichkeit nennt. So wenig die Sprache einer Wirk¬
lichkeit gegenüberſteht, ſo wenig ſteht auch die Erkenntniß
einer Wirklichkeit gegenüber. Nicht die Wirklichkeit ſchlecht¬
hin iſt es, wie wir doch gern glauben möchten, die wir
durch das in der Sprache ſich vollziehende Denken und
Erkennen erfaſſen, ſondern immer nur die Wirklichkeit, ſo¬
fern ſie in der Form der Sprache überhaupt zu einem
entwickelten Daſein gelangt iſt. In Anſehung der unend¬
lichen Fülle von Wirklichkeit, die wir vermittelſt der
Sprache gleichſam vor das Bewußtſein zu rufen, durch
das Denken dem Verſtand zuzuführen vermögen, bedarf es
freilich noch mancher Erwägungen, um das ſelbſtverſtänd¬
lich erſcheinen zu laſſen, was zunächſt befremdlich, faſt
paradox klingt.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |