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Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887.

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Macht ein Zwang, unter der Freiheit eine Beschränkung
verborgen ist. Wohl fühlt sich der Mensch wie unter einem
Banne, wenn er den andringenden Eindrücken eine rege
und allseitige Empfänglichkeit entgegenbringt, wenn die Fluth
des Seienden höher und höher um ihn, in ihm steigt.
Zur geistigen Freiheit glaubt er nur gelangen zu können,
wenn es ihm gelingt, die Eindrücke, denen er unterliegt,
seinerseits zu Objecten seiner geistigen Thätigkeit zu machen.
In seiner Denkfähigkeit sieht er die geistige Macht, der
sich nach und nach der gesammte Inhalt des Seienden
unterwerfen muß, und durch sie meint er die Freiheit zu
erlangen, die das Bedürfniß seiner geistigen Existenz ist.
Sobald er aber den Vorgang durchschaut, der sich im
Denken vollzieht, wird ihm jene Macht und Freiheit doch
nur sehr bedingt erscheinen; denn sie beruht auf einem
Zwang, der dem geistigen Drange in seinem Inneren an¬
gethan wird. Dieser Zwang besteht in der Nothwendig¬
keit, die Wärme des Gefühls, die Fülle und den Reich¬
thum des ahnenden Schauens, der sich drängenden und
sich ablösenden Vorstellungen in das Wort, in den Begriff
zu verwandeln, um Klarheit, Ordnung, Zusammenhang da
zu schaffen, wo zwar Wärme und Reichthum, aber Dunkel
und Verwirrung war. So lebendig kann das Bewußtsein
von der Verwandlung werden, welcher die unmittelbare
Wirklichkeit sich unterwerfen muß, um als Wort, als Be¬
griff sich darstellen zu können, daß die frühere Überschätzung
der dem menschlichen Geist innewohnenden erkennenden
Kraft sich leicht in eine Mißachtung verwandelt. Meinte

Macht ein Zwang, unter der Freiheit eine Beſchränkung
verborgen iſt. Wohl fühlt ſich der Menſch wie unter einem
Banne, wenn er den andringenden Eindrücken eine rege
und allſeitige Empfänglichkeit entgegenbringt, wenn die Fluth
des Seienden höher und höher um ihn, in ihm ſteigt.
Zur geiſtigen Freiheit glaubt er nur gelangen zu können,
wenn es ihm gelingt, die Eindrücke, denen er unterliegt,
ſeinerſeits zu Objecten ſeiner geiſtigen Thätigkeit zu machen.
In ſeiner Denkfähigkeit ſieht er die geiſtige Macht, der
ſich nach und nach der geſammte Inhalt des Seienden
unterwerfen muß, und durch ſie meint er die Freiheit zu
erlangen, die das Bedürfniß ſeiner geiſtigen Exiſtenz iſt.
Sobald er aber den Vorgang durchſchaut, der ſich im
Denken vollzieht, wird ihm jene Macht und Freiheit doch
nur ſehr bedingt erſcheinen; denn ſie beruht auf einem
Zwang, der dem geiſtigen Drange in ſeinem Inneren an¬
gethan wird. Dieſer Zwang beſteht in der Nothwendig¬
keit, die Wärme des Gefühls, die Fülle und den Reich¬
thum des ahnenden Schauens, der ſich drängenden und
ſich ablöſenden Vorſtellungen in das Wort, in den Begriff
zu verwandeln, um Klarheit, Ordnung, Zuſammenhang da
zu ſchaffen, wo zwar Wärme und Reichthum, aber Dunkel
und Verwirrung war. So lebendig kann das Bewußtſein
von der Verwandlung werden, welcher die unmittelbare
Wirklichkeit ſich unterwerfen muß, um als Wort, als Be¬
griff ſich darſtellen zu können, daß die frühere Überſchätzung
der dem menſchlichen Geiſt innewohnenden erkennenden
Kraft ſich leicht in eine Mißachtung verwandelt. Meinte

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[21/0033] Macht ein Zwang, unter der Freiheit eine Beſchränkung verborgen iſt. Wohl fühlt ſich der Menſch wie unter einem Banne, wenn er den andringenden Eindrücken eine rege und allſeitige Empfänglichkeit entgegenbringt, wenn die Fluth des Seienden höher und höher um ihn, in ihm ſteigt. Zur geiſtigen Freiheit glaubt er nur gelangen zu können, wenn es ihm gelingt, die Eindrücke, denen er unterliegt, ſeinerſeits zu Objecten ſeiner geiſtigen Thätigkeit zu machen. In ſeiner Denkfähigkeit ſieht er die geiſtige Macht, der ſich nach und nach der geſammte Inhalt des Seienden unterwerfen muß, und durch ſie meint er die Freiheit zu erlangen, die das Bedürfniß ſeiner geiſtigen Exiſtenz iſt. Sobald er aber den Vorgang durchſchaut, der ſich im Denken vollzieht, wird ihm jene Macht und Freiheit doch nur ſehr bedingt erſcheinen; denn ſie beruht auf einem Zwang, der dem geiſtigen Drange in ſeinem Inneren an¬ gethan wird. Dieſer Zwang beſteht in der Nothwendig¬ keit, die Wärme des Gefühls, die Fülle und den Reich¬ thum des ahnenden Schauens, der ſich drängenden und ſich ablöſenden Vorſtellungen in das Wort, in den Begriff zu verwandeln, um Klarheit, Ordnung, Zuſammenhang da zu ſchaffen, wo zwar Wärme und Reichthum, aber Dunkel und Verwirrung war. So lebendig kann das Bewußtſein von der Verwandlung werden, welcher die unmittelbare Wirklichkeit ſich unterwerfen muß, um als Wort, als Be¬ griff ſich darſtellen zu können, daß die frühere Überſchätzung der dem menſchlichen Geiſt innewohnenden erkennenden Kraft ſich leicht in eine Mißachtung verwandelt. Meinte

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Zitationshilfe: Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fiedler_kuenstlerische_1887/33>, abgerufen am 21.11.2024.