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[Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802.

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er die Kränkung zu vergessen, die ihm
Abenza widerfahren lassen. Die sanften
Regungen der Liebe bemeisterten sich wieder
seiner. Er war ganz Gefühl und seine
Einbildungskraft vermochte es, ihn so her-
auf zu stimmen, daß er gleichsam wachend
träumte und in Begeisterung auf die Sta-
tue hineilte, sie in seine Arme schloß und
ihrer Lippe den Kuß der Liebe aufdrücken
wollte. Allein, ein kalter Marmor störte
seine Täuschung. Er fühlte sich wie zurück-
gestoßen. Sein Bewußtsein erwachte, und
er gewahrte nur allzusehr, daß Abenzas
Bild ihm nicht Abenza ersetzen könne.

Alle seine Gefühle wurden in ihm her-
abgestimmt. Allein zu abgespannt waren
alle seine Kräfte, um ihn in Verzweiflung
zu bringen. Ein sanfter Schmerz bemei-
sterte sich seiner. Mit stummem Gefühl
warf er sich dem Bilde gegen über auf einen
Divan. Ein freieres Gedankenspiel bemei-

er die Kraͤnkung zu vergeſſen, die ihm
Abenza widerfahren laſſen. Die ſanften
Regungen der Liebe bemeiſterten ſich wieder
ſeiner. Er war ganz Gefuͤhl und ſeine
Einbildungskraft vermochte es, ihn ſo her-
auf zu ſtimmen, daß er gleichſam wachend
traͤumte und in Begeiſterung auf die Sta-
tue hineilte, ſie in ſeine Arme ſchloß und
ihrer Lippe den Kuß der Liebe aufdruͤcken
wollte. Allein, ein kalter Marmor ſtoͤrte
ſeine Taͤuſchung. Er fuͤhlte ſich wie zuruͤck-
geſtoßen. Sein Bewußtſein erwachte, und
er gewahrte nur allzuſehr, daß Abenzas
Bild ihm nicht Abenza erſetzen koͤnne.

Alle ſeine Gefuͤhle wurden in ihm her-
abgeſtimmt. Allein zu abgeſpannt waren
alle ſeine Kraͤfte, um ihn in Verzweiflung
zu bringen. Ein ſanfter Schmerz bemei-
ſterte ſich ſeiner. Mit ſtummem Gefuͤhl
warf er ſich dem Bilde gegen uͤber auf einen
Divan. Ein freieres Gedankenſpiel bemei-

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[267/0271] er die Kraͤnkung zu vergeſſen, die ihm Abenza widerfahren laſſen. Die ſanften Regungen der Liebe bemeiſterten ſich wieder ſeiner. Er war ganz Gefuͤhl und ſeine Einbildungskraft vermochte es, ihn ſo her- auf zu ſtimmen, daß er gleichſam wachend traͤumte und in Begeiſterung auf die Sta- tue hineilte, ſie in ſeine Arme ſchloß und ihrer Lippe den Kuß der Liebe aufdruͤcken wollte. Allein, ein kalter Marmor ſtoͤrte ſeine Taͤuſchung. Er fuͤhlte ſich wie zuruͤck- geſtoßen. Sein Bewußtſein erwachte, und er gewahrte nur allzuſehr, daß Abenzas Bild ihm nicht Abenza erſetzen koͤnne. Alle ſeine Gefuͤhle wurden in ihm her- abgeſtimmt. Allein zu abgeſpannt waren alle ſeine Kraͤfte, um ihn in Verzweiflung zu bringen. Ein ſanfter Schmerz bemei- ſterte ſich ſeiner. Mit ſtummem Gefuͤhl warf er ſich dem Bilde gegen uͤber auf einen Divan. Ein freieres Gedankenſpiel bemei-

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Zitationshilfe: [Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/271>, abgerufen am 24.11.2024.