Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

sterte sich seiner wieder. "Kann und soll
Abenza selbst," dachte er, "mich nicht von
ihrer Liebe heilen; so soll ihr Bild mir im-
mer gegenwärtig sein. Hier will ich täg-
lich mein Auge an Abenzas Bild weiden.
Jhm gegenüber will ich meine Liebe ver-
seufzen, bis auch mein Herz zum Marmor
wird. Der Genius der Ruhe schien sich
über seine Empfindungen zu lagern; so still
und zufrieden blieb er eine kurze Zeit.

Allein plötzlich sprang er auf. Er suchte
um sich her den holdseligen Genius der
ihm den Gedanken veranlaßte, welcher
eben sein ganzes Wesen aufs neue belebte.
"Glückseligster Augenblick meines Lebens!
himmlischer Genius!" rief er, "warum hast
Du so lange gezaudert mich zu beseeligen?
Abenza ist mein! dieser Marmorblock soll
sie mir verleihen. Er ist nicht der Erste,
den ein Talisman beseelte.

Bei diesen Worten berührte er mit der

ſterte ſich ſeiner wieder. »Kann und ſoll
Abenza ſelbſt,« dachte er, »mich nicht von
ihrer Liebe heilen; ſo ſoll ihr Bild mir im-
mer gegenwaͤrtig ſein. Hier will ich taͤg-
lich mein Auge an Abenzas Bild weiden.
Jhm gegenuͤber will ich meine Liebe ver-
ſeufzen, bis auch mein Herz zum Marmor
wird. Der Genius der Ruhe ſchien ſich
uͤber ſeine Empfindungen zu lagern; ſo ſtill
und zufrieden blieb er eine kurze Zeit.

Allein ploͤtzlich ſprang er auf. Er ſuchte
um ſich her den holdſeligen Genius der
ihm den Gedanken veranlaßte, welcher
eben ſein ganzes Weſen aufs neue belebte.
»Gluͤckſeligſter Augenblick meines Lebens!
himmliſcher Genius!« rief er, »warum haſt
Du ſo lange gezaudert mich zu beſeeligen?
Abenza iſt mein! dieſer Marmorblock ſoll
ſie mir verleihen. Er iſt nicht der Erſte,
den ein Talisman beſeelte.

Bei dieſen Worten beruͤhrte er mit der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0272" n="268"/>
&#x017F;terte &#x017F;ich &#x017F;einer wieder. »Kann und &#x017F;oll<lb/>
Abenza &#x017F;elb&#x017F;t,« dachte er, »mich nicht von<lb/>
ihrer Liebe heilen; &#x017F;o &#x017F;oll ihr Bild mir im-<lb/>
mer gegenwa&#x0364;rtig &#x017F;ein. Hier will ich ta&#x0364;g-<lb/>
lich mein Auge an Abenzas Bild weiden.<lb/>
Jhm gegenu&#x0364;ber will ich meine Liebe ver-<lb/>
&#x017F;eufzen, bis auch mein Herz zum Marmor<lb/>
wird. Der Genius der Ruhe &#x017F;chien &#x017F;ich<lb/>
u&#x0364;ber &#x017F;eine Empfindungen zu lagern; &#x017F;o &#x017F;till<lb/>
und zufrieden blieb er eine kurze Zeit.</p><lb/>
        <p>Allein plo&#x0364;tzlich &#x017F;prang er auf. Er &#x017F;uchte<lb/>
um &#x017F;ich her den hold&#x017F;eligen Genius der<lb/>
ihm den Gedanken veranlaßte, welcher<lb/>
eben &#x017F;ein ganzes We&#x017F;en aufs neue belebte.<lb/>
»Glu&#x0364;ck&#x017F;elig&#x017F;ter Augenblick meines Lebens!<lb/>
himmli&#x017F;cher Genius!« rief er, »warum ha&#x017F;t<lb/>
Du &#x017F;o lange gezaudert mich zu be&#x017F;eeligen?<lb/>
Abenza i&#x017F;t mein! die&#x017F;er Marmorblock &#x017F;oll<lb/>
&#x017F;ie mir verleihen. Er i&#x017F;t nicht der Er&#x017F;te,<lb/>
den ein Talisman be&#x017F;eelte.</p><lb/>
        <p>Bei die&#x017F;en Worten beru&#x0364;hrte er mit der<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[268/0272] ſterte ſich ſeiner wieder. »Kann und ſoll Abenza ſelbſt,« dachte er, »mich nicht von ihrer Liebe heilen; ſo ſoll ihr Bild mir im- mer gegenwaͤrtig ſein. Hier will ich taͤg- lich mein Auge an Abenzas Bild weiden. Jhm gegenuͤber will ich meine Liebe ver- ſeufzen, bis auch mein Herz zum Marmor wird. Der Genius der Ruhe ſchien ſich uͤber ſeine Empfindungen zu lagern; ſo ſtill und zufrieden blieb er eine kurze Zeit. Allein ploͤtzlich ſprang er auf. Er ſuchte um ſich her den holdſeligen Genius der ihm den Gedanken veranlaßte, welcher eben ſein ganzes Weſen aufs neue belebte. »Gluͤckſeligſter Augenblick meines Lebens! himmliſcher Genius!« rief er, »warum haſt Du ſo lange gezaudert mich zu beſeeligen? Abenza iſt mein! dieſer Marmorblock ſoll ſie mir verleihen. Er iſt nicht der Erſte, den ein Talisman beſeelte. Bei dieſen Worten beruͤhrte er mit der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/272
Zitationshilfe: [Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/272>, abgerufen am 24.11.2024.