Es wird auch obige bejahende Mey- nung limitirt, daß sie nicht statt hat, wenn ein Gesetz oder Statutum des Rich- ters Gutachten ausdrücklich einschren- cket; denn alsdenn kan er in seinem Ur- thel die Todes-Strafe nicht dictiren. Nun verbeuth aber das Sachsen-Recht (welches ein Jus statutarium ist) klahr und ausdrücklich, daß kein Mensch um Fisch, Vogel oder wilde Thier soll am Le- ben gestrafft werden, Land-R.lib. 2. art. 61. mit diesen Worten: Do Gott den Menschen geschuf, do gab er ihm Ge- walt über Fisch und Vögel, und über alle wilde Thiere, darum haben wir des Urkund von Gott, daß Niemand seinen Leib, noch seine Gesundheit an diesen dreyen verwürcken möge. Dafern nun dieses Recht bestehet, so kan auch die To- des-Strafe in diesem Fall nicht Platz fin- den. Und ob sichs gleich ansehen lässet, daß folgende diese Worte itzo geregten Articuls: Doch sind drey Städte, die man Heiden nennet, im Lande zu Sach- sen, als die Koyne, der Hartz, die Maget oder Prettinische Heide, da den wilden Thieren Friede gewürcket ist bey Königs- Bann, den Verbrechern das Leben ab- sprechen; So sind doch solche Worte ver- möge des Texts nur von höhesten Wet- te des Königs-Banns, das sind sechzig Schilling, zu verstehen, wie von dem Glossatore bey den Worten: Doch sind die Heiden etc. gar nicht angemercket worden.
Es wird auch obige Meynung noch weiter limitirt, daß es nicht angehe, wenn dem Richter schlechterdings das Gutachten zu strafen überlassen, oder es ein solch Verbrechen ist, dessen Bestraf- fung in den Rechten nicht ausgedruckt, denn alsdenn kan er kein peinlich Ver- brechen daraus machen, welches an und vor sich selbst nicht peinlich ist, oder eine Capital-Strafe irrogiren, bey einer Mis- sethat, die an und vor sich selbst, und ih- rer Natur nach nicht capital ist. Hieher gehöret auch der sehr schöne und billige Text des L. 11. in princ. de Poen. da Marti- anus sagt: Es muß ein Richter darauf sehen, daß er nicht härter oder gelinder sey, denn die Sache erfordert. Denn er muß weder in der Strenge, noch Gelindig- keit einen Ruhm suchen, sondern wohl überlegen, wie es die Sache erfordere, in geringen Verbrechen allezeit geneigter zur Gelindigkeit seyn, bey schwehren Straffen aber die Strenge der Gesetze [Spaltenumbruch]
nach der Güte, soviel, als möglich, tem- periren. Ferner schreibt Ulpianus in dem L. 13. d. t. Heutiges Tages ist demjenigen, der ausserordentlich über ein Verbrechen erkennet, vergunt, eine ihm gefällige Sentenz zu dictiren, entweder eine schar- fe oder eine gnädige, nur, daß er in bey- den die gehörigen Schrancken in Obacht nehme.
Da nun bey diesem unserm Fall ei- ne willkührliche Straffe Platz hat, und sie aus oben angeführten Gründen auf die Todes-Straffe nicht extendiret wer- den kan, demnach schliessen die Witten- bergischen in ihren Decisionibus Part. 4. Rubr. 8. von der Bestrafung derjenigen, die auf frembdem Grund und Boden Wild fahen, daß nemlich zum höchsten derjenige, welcher mehr denn einmahl mit Wildpräth-Schiessen verbrochen, nicht allein am Leben zu strafen, beson- dern, daß zum höchsten die ewige Landes- Verweisung mit Staupenschlägen ihm aufzuerlegen sey. Es wollen auch eini- ge, daß einer in diesem Fall, zumahl wenn er wider die Jagd-Mandate öffters und gröblich pecciret, über die Strafe des Staupenschlages und der Landes-Ver- weisung mit einem glüenden Eisen auf der Stirne oder im Gesichte solte ge- brandmahlet werden. Zu bestättigung dieser Meynung allegiren sie die Glosse WeichbildsArtic. 38. und Glosse Land- Rechtslib. 2. Artic. 23. vers.Geschicht aber Dieberey. Daselbst wird decidiret, daß die Diebe um geringer Dieberey willen, wann sie den Strang nicht verdienet, mögen gestäupet, ihnen ein Ohr abge- schnitten, oder auff dem Backen oder der Stirne ein Zeichen gebrannt werden mö- ge, damit man sie an diesen Zeichen er- kenne, und ihre Boßheit hierdurch an- dern kund werde. Die Wittenberger blei- ben dieser Glossen unbeschadet bey der obern Straffe der Landes-Verweisung und des Staupenschlagens beruhen, und wollen nicht nach diesen Glossen sprechen, theils, weil solche durch keine allegirten Rechte ihre Gründe unterstützen, theils auch, ob man schon vorgiebt, daß solche Straffen durch erwehnte Glossen einge- führet seyn, dennoch selbige nicht von den Schöppen der Gewohnheit nach in O- bacht genommen werden. Und solches aus den Ursachen, daß vornehme Rechts- gelehrten dahin schlüssen und der Mey- nung sind, daß ein Statut, oder Gewohn- heit, welche solche Strafe aufflegen, irrai-
sonabel
m
zur Jaͤgerey gehoͤrigen Materien.
[Spaltenumbruch]
Es wird auch obige bejahende Mey- nung limitirt, daß ſie nicht ſtatt hat, wenn ein Geſetz oder Statutum des Rich- ters Gutachten ausdruͤcklich einſchren- cket; denn alsdenn kan er in ſeinem Ur- thel die Todes-Strafe nicht dictiren. Nun verbeuth aber das Sachſen-Recht (welches ein Jus ſtatutarium iſt) klahr und ausdruͤcklich, daß kein Menſch um Fiſch, Vogel oder wilde Thier ſoll am Le- ben geſtrafft werden, Land-R.lib. 2. art. 61. mit dieſen Worten: Do Gott den Menſchen geſchuf, do gab er ihm Ge- walt uͤber Fiſch und Voͤgel, und uͤber alle wilde Thiere, darum haben wir des Urkund von Gott, daß Niemand ſeinen Leib, noch ſeine Geſundheit an dieſen dreyen verwuͤrcken moͤge. Dafern nun dieſes Recht beſtehet, ſo kan auch die To- des-Strafe in dieſem Fall nicht Platz fin- den. Und ob ſichs gleich anſehen laͤſſet, daß folgende dieſe Worte itzo geregten Articuls: Doch ſind drey Staͤdte, die man Heiden nennet, im Lande zu Sach- ſen, als die Koyne, der Hartz, die Maget oder Prettiniſche Heide, da den wilden Thieren Friede gewuͤrcket iſt bey Koͤnigs- Bann, den Verbrechern das Leben ab- ſprechen; So ſind doch ſolche Worte ver- moͤge des Texts nur von hoͤheſten Wet- te des Koͤnigs-Banns, das ſind ſechzig Schilling, zu verſtehen, wie von dem Gloſſatore bey den Worten: Doch ſind die Heiden ꝛc. gar nicht angemercket worden.
Es wird auch obige Meynung noch weiter limitirt, daß es nicht angehe, wenn dem Richter ſchlechterdings das Gutachten zu ſtrafen uͤberlaſſen, oder es ein ſolch Verbrechen iſt, deſſen Beſtraf- fung in den Rechten nicht ausgedruckt, denn alsdenn kan er kein peinlich Ver- brechen daraus machen, welches an und vor ſich ſelbſt nicht peinlich iſt, oder eine Capital-Strafe irrogiren, bey einer Miſ- ſethat, die an und vor ſich ſelbſt, und ih- rer Natur nach nicht capital iſt. Hieher gehoͤret auch der ſehr ſchoͤne und billige Text des L. 11. in princ. de Poen. da Marti- anus ſagt: Es muß ein Richter darauf ſehen, daß er nicht haͤrter oder gelinder ſey, denn die Sache erfordert. Denn er muß weder in der Strenge, noch Gelindig- keit einen Ruhm ſuchen, ſondern wohl uͤberlegen, wie es die Sache erfordere, in geringen Verbrechen allezeit geneigter zur Gelindigkeit ſeyn, bey ſchwehren Straffen aber die Strenge der Geſetze [Spaltenumbruch]
nach der Guͤte, ſoviel, als moͤglich, tem- periren. Ferner ſchreibt Ulpianus in dem L. 13. d. t. Heutiges Tages iſt demjenigen, der auſſerordentlich uͤber ein Verbrechen erkennet, vergunt, eine ihm gefaͤllige Sentenz zu dictiren, entweder eine ſchar- fe oder eine gnaͤdige, nur, daß er in bey- den die gehoͤrigen Schrancken in Obacht nehme.
Da nun bey dieſem unſerm Fall ei- ne willkuͤhrliche Straffe Platz hat, und ſie aus oben angefuͤhrten Gruͤnden auf die Todes-Straffe nicht extendiret wer- den kan, demnach ſchlieſſen die Witten- bergiſchen in ihren Deciſionibus Part. 4. Rubr. 8. von der Beſtrafung derjenigen, die auf frembdem Grund und Boden Wild fahen, daß nemlich zum hoͤchſten derjenige, welcher mehr denn einmahl mit Wildpraͤth-Schieſſen verbrochen, nicht allein am Leben zu ſtrafen, beſon- dern, daß zum hoͤchſten die ewige Landes- Verweiſung mit Staupenſchlaͤgen ihm aufzuerlegen ſey. Es wollen auch eini- ge, daß einer in dieſem Fall, zumahl wenn er wider die Jagd-Mandate oͤffters und groͤblich pecciret, uͤber die Strafe des Staupenſchlages und der Landes-Ver- weiſung mit einem gluͤenden Eiſen auf der Stirne oder im Geſichte ſolte ge- brandmahlet werden. Zu beſtaͤttigung dieſer Meynung allegiren ſie die Gloſſe WeichbildsArtic. 38. und Gloſſe Land- Rechtslib. 2. Artic. 23. verſ.Geſchicht aber Dieberey. Daſelbſt wird decidiret, daß die Diebe um geringer Dieberey willen, wann ſie den Strang nicht verdienet, moͤgen geſtaͤupet, ihnen ein Ohr abge- ſchnitten, oder auff dem Backen oder der Stirne ein Zeichen gebrannt werden moͤ- ge, damit man ſie an dieſen Zeichen er- kenne, und ihre Boßheit hierdurch an- dern kund werde. Die Wittenberger blei- ben dieſer Gloſſen unbeſchadet bey der obern Straffe der Landes-Verweiſung und des Staupenſchlagens beruhen, und wollen nicht nach dieſen Gloſſen ſprechen, theils, weil ſolche durch keine allegirten Rechte ihre Gruͤnde unterſtuͤtzen, theils auch, ob man ſchon vorgiebt, daß ſolche Straffen durch erwehnte Gloſſen einge- fuͤhret ſeyn, dennoch ſelbige nicht von den Schoͤppen der Gewohnheit nach in O- bacht genommen werden. Und ſolches aus den Urſachen, daß vornehme Rechts- gelehrten dahin ſchluͤſſen und der Mey- nung ſind, daß ein Statut, oder Gewohn- heit, welche ſolche Strafe aufflegen, irrai-
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[89/0663]
zur Jaͤgerey gehoͤrigen Materien.
Es wird auch obige bejahende Mey-
nung limitirt, daß ſie nicht ſtatt hat,
wenn ein Geſetz oder Statutum des Rich-
ters Gutachten ausdruͤcklich einſchren-
cket; denn alsdenn kan er in ſeinem Ur-
thel die Todes-Strafe nicht dictiren.
Nun verbeuth aber das Sachſen-Recht
(welches ein Jus ſtatutarium iſt) klahr
und ausdruͤcklich, daß kein Menſch um
Fiſch, Vogel oder wilde Thier ſoll am Le-
ben geſtrafft werden, Land-R. lib. 2. art.
61. mit dieſen Worten: Do Gott den
Menſchen geſchuf, do gab er ihm Ge-
walt uͤber Fiſch und Voͤgel, und uͤber
alle wilde Thiere, darum haben wir des
Urkund von Gott, daß Niemand ſeinen
Leib, noch ſeine Geſundheit an dieſen
dreyen verwuͤrcken moͤge. Dafern nun
dieſes Recht beſtehet, ſo kan auch die To-
des-Strafe in dieſem Fall nicht Platz fin-
den. Und ob ſichs gleich anſehen laͤſſet,
daß folgende dieſe Worte itzo geregten
Articuls: Doch ſind drey Staͤdte, die
man Heiden nennet, im Lande zu Sach-
ſen, als die Koyne, der Hartz, die Maget
oder Prettiniſche Heide, da den wilden
Thieren Friede gewuͤrcket iſt bey Koͤnigs-
Bann, den Verbrechern das Leben ab-
ſprechen; So ſind doch ſolche Worte ver-
moͤge des Texts nur von hoͤheſten Wet-
te des Koͤnigs-Banns, das ſind ſechzig
Schilling, zu verſtehen, wie von dem
Gloſſatore bey den Worten: Doch ſind
die Heiden ꝛc. gar nicht angemercket
worden.
Es wird auch obige Meynung noch
weiter limitirt, daß es nicht angehe,
wenn dem Richter ſchlechterdings das
Gutachten zu ſtrafen uͤberlaſſen, oder es
ein ſolch Verbrechen iſt, deſſen Beſtraf-
fung in den Rechten nicht ausgedruckt,
denn alsdenn kan er kein peinlich Ver-
brechen daraus machen, welches an und
vor ſich ſelbſt nicht peinlich iſt, oder eine
Capital-Strafe irrogiren, bey einer Miſ-
ſethat, die an und vor ſich ſelbſt, und ih-
rer Natur nach nicht capital iſt. Hieher
gehoͤret auch der ſehr ſchoͤne und billige
Text des L. 11. in princ. de Poen. da Marti-
anus ſagt: Es muß ein Richter darauf
ſehen, daß er nicht haͤrter oder gelinder
ſey, denn die Sache erfordert. Denn er
muß weder in der Strenge, noch Gelindig-
keit einen Ruhm ſuchen, ſondern wohl
uͤberlegen, wie es die Sache erfordere, in
geringen Verbrechen allezeit geneigter
zur Gelindigkeit ſeyn, bey ſchwehren
Straffen aber die Strenge der Geſetze
nach der Guͤte, ſoviel, als moͤglich, tem-
periren. Ferner ſchreibt Ulpianus in dem
L. 13. d. t. Heutiges Tages iſt demjenigen,
der auſſerordentlich uͤber ein Verbrechen
erkennet, vergunt, eine ihm gefaͤllige
Sentenz zu dictiren, entweder eine ſchar-
fe oder eine gnaͤdige, nur, daß er in bey-
den die gehoͤrigen Schrancken in Obacht
nehme.
Da nun bey dieſem unſerm Fall ei-
ne willkuͤhrliche Straffe Platz hat, und
ſie aus oben angefuͤhrten Gruͤnden auf
die Todes-Straffe nicht extendiret wer-
den kan, demnach ſchlieſſen die Witten-
bergiſchen in ihren Deciſionibus Part. 4.
Rubr. 8. von der Beſtrafung derjenigen,
die auf frembdem Grund und Boden
Wild fahen, daß nemlich zum hoͤchſten
derjenige, welcher mehr denn einmahl
mit Wildpraͤth-Schieſſen verbrochen,
nicht allein am Leben zu ſtrafen, beſon-
dern, daß zum hoͤchſten die ewige Landes-
Verweiſung mit Staupenſchlaͤgen ihm
aufzuerlegen ſey. Es wollen auch eini-
ge, daß einer in dieſem Fall, zumahl wenn
er wider die Jagd-Mandate oͤffters und
groͤblich pecciret, uͤber die Strafe des
Staupenſchlages und der Landes-Ver-
weiſung mit einem gluͤenden Eiſen auf
der Stirne oder im Geſichte ſolte ge-
brandmahlet werden. Zu beſtaͤttigung
dieſer Meynung allegiren ſie die Gloſſe
Weichbilds Artic. 38. und Gloſſe Land-
Rechts lib. 2. Artic. 23. verſ. Geſchicht aber
Dieberey. Daſelbſt wird decidiret, daß die
Diebe um geringer Dieberey willen,
wann ſie den Strang nicht verdienet,
moͤgen geſtaͤupet, ihnen ein Ohr abge-
ſchnitten, oder auff dem Backen oder der
Stirne ein Zeichen gebrannt werden moͤ-
ge, damit man ſie an dieſen Zeichen er-
kenne, und ihre Boßheit hierdurch an-
dern kund werde. Die Wittenberger blei-
ben dieſer Gloſſen unbeſchadet bey der
obern Straffe der Landes-Verweiſung
und des Staupenſchlagens beruhen, und
wollen nicht nach dieſen Gloſſen ſprechen,
theils, weil ſolche durch keine allegirten
Rechte ihre Gruͤnde unterſtuͤtzen, theils
auch, ob man ſchon vorgiebt, daß ſolche
Straffen durch erwehnte Gloſſen einge-
fuͤhret ſeyn, dennoch ſelbige nicht von den
Schoͤppen der Gewohnheit nach in O-
bacht genommen werden. Und ſolches
aus den Urſachen, daß vornehme Rechts-
gelehrten dahin ſchluͤſſen und der Mey-
nung ſind, daß ein Statut, oder Gewohn-
heit, welche ſolche Strafe aufflegen, irrai-
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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/663>, abgerufen am 21.11.2024.
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