Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642].

Bild:
<< vorherige Seite
Poetischer Wälder
Die Braut/ bald roht/ bald blaß/ fing endlich an zu reden:
Wat schal ich arme Kind. Gott weht/ wat sy my theden.
Das ander/ Ycks/ Kacks/ Koll/ hub sie auff undeutsch an/
das ich noch nicht versteh'/ und auch kein Gott nicht kan.
Wolan/ sprach Paphier/ das geht nach meinem Sinne.
Wie schickt sichs doch so wol. Jtzt sey sie Schneegräfinne/
und übermorgen Braut. Da ward erst laut gelacht.
Da ward die gantze Nacht mit freuden hin gebracht.
Da gieng das schertzen an. Die spielten der fünff Karten.
Die jagten Fluchs ins Loch in dem beschneyten Garten.
Dz Kalb ward außgetheilt. Deß Schuchs/ der blinden Kuh/
Deß Richters ward gespielt/ deß Königs auch darzu.
Drauff gieng das tantzen an. Der Reyen ward geschwungen
auff sein gut Polniseh her. Da ward volauff gesprungen/
nach der/ nach jener art. Das Trara war nicht schlecht.
Der Staht- und Schaffer-tantz ward auch geführt/ wie recht.
Das beste/ das noch kam/ das war die bunte Reye/
die Venus machen hieß auff einer weichen Streue.
Ein ieder schmiegte sich an seinen Nachbahr an.
Die Thüre ward gesperrt. Die Liechter außgetahn.
Da ging es recht bund zu. Diß lob' ich hier zu Lande/
daß mancher seinen Wunsch so bringen kan zu stande.
Der harte Vater schilt/ die Mutter ist zu scharff.
Die er sonst in der Stadt nicht kühnlich sprechen darff/
die legt er neben sich/ und läßt die guten alten
zu Hause/ wo sie sind/ nach ihrem Willen walten.
Er braucht der kurtzen Zeit/ die alles bald vergißt;
Das schlechtste/ das er thut/ ist daß er hertzt und küßt.
Die volle Morgen-zeit begunte sich zu zeigen/
und Titans güldnes Rad allmählich vor zusteigen.
Auff/ auff/ sprach Venus/ auff/ und bringt das Frühstück her.
Es reist sich nüchtern nicht. ümm sieben ohngefehr
muß ich wo anders seyn. Der Abscheid ward genommen/
Sie wolten ingesamt heut' auff die Hochzeit kommen.
Mit diesem schieden sie/ deß süßen Lebens satt/
die Götter in die Lufft/ die Ritter in die Stadt.
Braut/
Poetiſcher Waͤlder
Die Braut/ bald roht/ bald blaß/ fing endlich an zu reden:
Wat ſchal ich arme Kind. Gott weht/ wat ſy my theden.
Das ander/ Ycks/ Kacks/ Koll/ hub ſie auff undeutſch an/
das ich noch nicht verſteh’/ und auch kein Gott nicht kan.
Wolan/ ſprach Paphier/ das geht nach meinem Sinne.
Wie ſchickt ſichs doch ſo wol. Jtzt ſey ſie Schneegraͤfinne/
und uͤbermorgen Braut. Da ward erſt laut gelacht.
Da ward die gantze Nacht mit freuden hin gebracht.
Da gieng das ſchertzen an. Die ſpielten der fuͤnff Karten.
Die jagten Fluchs ins Loch in dem beſchneyten Garten.
Dz Kalb ward außgetheilt. Deß Schuchs/ der blinden Kuh/
Deß Richters ward geſpielt/ deß Koͤnigs auch darzu.
Drauff gieng das tantzen an. Der Reyen ward geſchwungen
auff ſein gut Polniſeh her. Da ward volauff geſprungen/
nach der/ nach jener art. Das Trara war nicht ſchlecht.
Der Staht- und Schaffer-tantz ward auch gefuͤhrt/ wie recht.
Das beſte/ das noch kam/ das war die bunte Reye/
die Venus machen hieß auff einer weichen Streue.
Ein ieder ſchmiegte ſich an ſeinen Nachbahr an.
Die Thuͤre ward geſperꝛt. Die Liechter außgetahn.
Da ging es recht bund zu. Diß lob’ ich hier zu Lande/
daß mancher ſeinen Wunſch ſo bringen kan zu ſtande.
Der harte Vater ſchilt/ die Mutter iſt zu ſcharff.
Die er ſonſt in der Stadt nicht kuͤhnlich ſprechen darff/
die legt er neben ſich/ und laͤßt die guten alten
zu Hauſe/ wo ſie ſind/ nach ihrem Willen walten.
Er braucht der kurtzen Zeit/ die alles bald vergißt;
Das ſchlechtſte/ das er thut/ iſt daß er hertzt und kuͤßt.
Die volle Morgen-zeit begunte ſich zu zeigen/
und Titans guͤldnes Rad allmaͤhlich vor zuſteigen.
Auff/ auff/ ſprach Venus/ auff/ und bringt das Fruͤhſtuͤck her.
Es reiſt ſich nuͤchtern nicht. uͤmm ſieben ohngefehr
muß ich wo anders ſeyn. Der Abſcheid ward genommen/
Sie wolten ingeſamt heut’ auff die Hochzeit kommen.
Mit dieſem ſchieden ſie/ deß ſuͤßen Lebens ſatt/
die Goͤtter in die Lufft/ die Ritter in die Stadt.
Braut/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0188" n="168"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Poeti&#x017F;cher Wa&#x0364;lder</hi> </fw><lb/>
          <l>Die Braut/ bald roht/ bald blaß/ fing endlich an zu reden:</l><lb/>
          <l>Wat &#x017F;chal ich arme Kind. Gott weht/ wat &#x017F;y my theden.</l><lb/>
          <l>Das ander/ Ycks/ Kacks/ Koll/ hub &#x017F;ie auff undeut&#x017F;ch an/</l><lb/>
          <l>das ich noch nicht ver&#x017F;teh&#x2019;/ und auch kein Gott nicht kan.</l><lb/>
          <l>Wolan/ &#x017F;prach Paphier/ das geht nach meinem Sinne.</l><lb/>
          <l>Wie &#x017F;chickt &#x017F;ichs doch &#x017F;o wol. Jtzt &#x017F;ey &#x017F;ie Schneegra&#x0364;finne/</l><lb/>
          <l>und u&#x0364;bermorgen Braut. Da ward er&#x017F;t laut gelacht.</l><lb/>
          <l>Da ward die gantze Nacht mit freuden hin gebracht.</l><lb/>
          <l>Da gieng das &#x017F;chertzen an. Die &#x017F;pielten der fu&#x0364;nff Karten.</l><lb/>
          <l>Die jagten Fluchs ins Loch in dem be&#x017F;chneyten Garten.</l><lb/>
          <l>Dz Kalb ward außgetheilt. Deß Schuchs/ der blinden Kuh/</l><lb/>
          <l>Deß Richters ward ge&#x017F;pielt/ deß Ko&#x0364;nigs auch darzu.</l><lb/>
          <l>Drauff gieng das tantzen an. Der Reyen ward ge&#x017F;chwungen</l><lb/>
          <l>auff &#x017F;ein gut Polni&#x017F;eh her. Da ward volauff ge&#x017F;prungen/</l><lb/>
          <l>nach der/ nach jener art. Das Trara war nicht &#x017F;chlecht.</l><lb/>
          <l>Der Staht- und Schaffer-tantz ward auch gefu&#x0364;hrt/ wie recht.</l><lb/>
          <l>Das be&#x017F;te/ das noch kam/ das war die bunte Reye/</l><lb/>
          <l>die Venus machen hieß auff einer weichen Streue.</l><lb/>
          <l>Ein ieder &#x017F;chmiegte &#x017F;ich an &#x017F;einen Nachbahr an.</l><lb/>
          <l>Die Thu&#x0364;re ward ge&#x017F;per&#xA75B;t. Die Liechter außgetahn.</l><lb/>
          <l>Da ging es recht bund zu. Diß lob&#x2019; ich hier zu Lande/</l><lb/>
          <l>daß mancher &#x017F;einen Wun&#x017F;ch &#x017F;o bringen kan zu &#x017F;tande.</l><lb/>
          <l>Der harte Vater &#x017F;chilt/ die Mutter i&#x017F;t zu &#x017F;charff.</l><lb/>
          <l>Die er &#x017F;on&#x017F;t in der Stadt nicht ku&#x0364;hnlich &#x017F;prechen darff/</l><lb/>
          <l>die legt er neben &#x017F;ich/ und la&#x0364;ßt die guten alten</l><lb/>
          <l>zu Hau&#x017F;e/ wo &#x017F;ie &#x017F;ind/ nach ihrem Willen walten.</l><lb/>
          <l>Er braucht der kurtzen Zeit/ die alles bald vergißt;</l><lb/>
          <l>Das &#x017F;chlecht&#x017F;te/ das er thut/ i&#x017F;t daß er hertzt und ku&#x0364;ßt.</l><lb/>
          <l>Die volle Morgen-zeit begunte &#x017F;ich zu zeigen/</l><lb/>
          <l>und Titans gu&#x0364;ldnes Rad allma&#x0364;hlich vor zu&#x017F;teigen.</l><lb/>
          <l>Auff/ auff/ &#x017F;prach Venus/ auff/ und bringt das Fru&#x0364;h&#x017F;tu&#x0364;ck her.</l><lb/>
          <l>Es rei&#x017F;t &#x017F;ich nu&#x0364;chtern nicht. u&#x0364;mm &#x017F;ieben ohngefehr</l><lb/>
          <l>muß ich wo anders &#x017F;eyn. Der Ab&#x017F;cheid ward genommen/</l><lb/>
          <l>Sie wolten inge&#x017F;amt heut&#x2019; auff die Hochzeit kommen.</l><lb/>
          <l>Mit die&#x017F;em &#x017F;chieden &#x017F;ie/ deß &#x017F;u&#x0364;ßen Lebens &#x017F;att/</l><lb/>
          <l>die Go&#x0364;tter in die Lufft/ die Ritter in die Stadt.</l>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Braut/</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[168/0188] Poetiſcher Waͤlder Die Braut/ bald roht/ bald blaß/ fing endlich an zu reden: Wat ſchal ich arme Kind. Gott weht/ wat ſy my theden. Das ander/ Ycks/ Kacks/ Koll/ hub ſie auff undeutſch an/ das ich noch nicht verſteh’/ und auch kein Gott nicht kan. Wolan/ ſprach Paphier/ das geht nach meinem Sinne. Wie ſchickt ſichs doch ſo wol. Jtzt ſey ſie Schneegraͤfinne/ und uͤbermorgen Braut. Da ward erſt laut gelacht. Da ward die gantze Nacht mit freuden hin gebracht. Da gieng das ſchertzen an. Die ſpielten der fuͤnff Karten. Die jagten Fluchs ins Loch in dem beſchneyten Garten. Dz Kalb ward außgetheilt. Deß Schuchs/ der blinden Kuh/ Deß Richters ward geſpielt/ deß Koͤnigs auch darzu. Drauff gieng das tantzen an. Der Reyen ward geſchwungen auff ſein gut Polniſeh her. Da ward volauff geſprungen/ nach der/ nach jener art. Das Trara war nicht ſchlecht. Der Staht- und Schaffer-tantz ward auch gefuͤhrt/ wie recht. Das beſte/ das noch kam/ das war die bunte Reye/ die Venus machen hieß auff einer weichen Streue. Ein ieder ſchmiegte ſich an ſeinen Nachbahr an. Die Thuͤre ward geſperꝛt. Die Liechter außgetahn. Da ging es recht bund zu. Diß lob’ ich hier zu Lande/ daß mancher ſeinen Wunſch ſo bringen kan zu ſtande. Der harte Vater ſchilt/ die Mutter iſt zu ſcharff. Die er ſonſt in der Stadt nicht kuͤhnlich ſprechen darff/ die legt er neben ſich/ und laͤßt die guten alten zu Hauſe/ wo ſie ſind/ nach ihrem Willen walten. Er braucht der kurtzen Zeit/ die alles bald vergißt; Das ſchlechtſte/ das er thut/ iſt daß er hertzt und kuͤßt. Die volle Morgen-zeit begunte ſich zu zeigen/ und Titans guͤldnes Rad allmaͤhlich vor zuſteigen. Auff/ auff/ ſprach Venus/ auff/ und bringt das Fruͤhſtuͤck her. Es reiſt ſich nuͤchtern nicht. uͤmm ſieben ohngefehr muß ich wo anders ſeyn. Der Abſcheid ward genommen/ Sie wolten ingeſamt heut’ auff die Hochzeit kommen. Mit dieſem ſchieden ſie/ deß ſuͤßen Lebens ſatt/ die Goͤtter in die Lufft/ die Ritter in die Stadt. Braut/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_poemata_1642
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_poemata_1642/188
Zitationshilfe: Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642], S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_poemata_1642/188>, abgerufen am 23.11.2024.