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Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642].

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Anderes Buch.
XX.
Auff eine Hochzeit.
WAS thun denn wir/ daß wir die süßen Jahre/
der Jugend Lentz so lassen Fuß für Fuß
vorüber gehn? soll uns denn der Verdruß/
die Einsamkeit/ noch bringen auff die Bahre?
Sie kehrt nicht ümm die Zeit/ die theure Wahre.
Bewegt uns nicht/ diß was man lieben muß/
die Höfligkeit? der Muth? die Gunst? der Kuß?
die Brust? der Halß? die Gold-geschmiedten Haare?
Nein. Wir sind Felß/ und stählerne als Stahl.
Bestürtzt/ verwirrt. Wir lieben unsre Quahl.
Sind lebend todt. Und wissen nicht/ was frommet.
Diß einige steht uns noch gantz und frey/
daß wir verstehn/ was für ein gut Ding sey/
das uns stets fleucht/ und daß ihr stets bekommet.


XXJ.
Auch auff eine.
DJE warme Frülings-Lufft macht ihren Himmel klar;
Seht/ wie das güldne Liecht der Sonnen heller blicket;
der Felder schwanger Schoß ist zur Geburt geschicket;
die grüne See geht auff; die Quelle springen gar
aus ihren Adern auff; der Blumen bunte Schaar/
mahlt ihre Gärten aus; die Felsen stehn erquicket;
die Thäler auffgeputzt; die Auen außgeschmücket;
der Berge Zierrath gläntzt; den Wäldern wächst ihr
Haar;
Seh'
Anderes Buch.
XX.
Auff eine Hochzeit.
WAS thun denn wir/ daß wir die ſuͤßen Jahre/
der Jugend Lentz ſo laſſen Fuß fuͤr Fuß
voruͤber gehn? ſoll uns denn der Verdruß/
die Einſamkeit/ noch bringen auff die Bahre?
Sie kehrt nicht uͤm̃ die Zeit/ die theure Wahre.
Bewegt uns nicht/ diß was man lieben muß/
die Hoͤfligkeit? der Muth? die Gunſt? der Kuß?
die Bruſt? der Halß? die Gold-geſchmiedten Haare?
Nein. Wir ſind Felß/ und ſtaͤhlerne als Stahl.
Beſtuͤrtzt/ verwirꝛt. Wir lieben unſre Quahl.
Sind lebend todt. Und wiſſen nicht/ was frommet.
Diß einige ſteht uns noch gantz und frey/
daß wir verſtehn/ was fuͤr ein gut Ding ſey/
das uns ſtets fleucht/ und daß ihr ſtets bekommet.


XXJ.
Auch auff eine.
DJE warme Fruͤlings-Lufft macht ihren Himmel klar;
Seht/ wie das guͤldne Liecht der Sonnen heller blicket;
der Felder ſchwanger Schoß iſt zur Geburt geſchicket;
die gruͤne See geht auff; die Quelle ſpringen gar
aus ihren Adern auff; der Blumen bunte Schaar/
mahlt ihre Gaͤrten aus; die Felſen ſtehn erquicket;
die Thaͤler auffgeputzt; die Auen außgeſchmuͤcket;
der Berge Zierrath glaͤntzt; den Waͤldern waͤchſt ihr
Haar;
Seh’
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[573/0593] Anderes Buch. XX. Auff eine Hochzeit. WAS thun denn wir/ daß wir die ſuͤßen Jahre/ der Jugend Lentz ſo laſſen Fuß fuͤr Fuß voruͤber gehn? ſoll uns denn der Verdruß/ die Einſamkeit/ noch bringen auff die Bahre? Sie kehrt nicht uͤm̃ die Zeit/ die theure Wahre. Bewegt uns nicht/ diß was man lieben muß/ die Hoͤfligkeit? der Muth? die Gunſt? der Kuß? die Bruſt? der Halß? die Gold-geſchmiedten Haare? Nein. Wir ſind Felß/ und ſtaͤhlerne als Stahl. Beſtuͤrtzt/ verwirꝛt. Wir lieben unſre Quahl. Sind lebend todt. Und wiſſen nicht/ was frommet. Diß einige ſteht uns noch gantz und frey/ daß wir verſtehn/ was fuͤr ein gut Ding ſey/ das uns ſtets fleucht/ und daß ihr ſtets bekommet. XXJ. Auch auff eine. DJE warme Fruͤlings-Lufft macht ihren Himmel klar; Seht/ wie das guͤldne Liecht der Sonnen heller blicket; der Felder ſchwanger Schoß iſt zur Geburt geſchicket; die gruͤne See geht auff; die Quelle ſpringen gar aus ihren Adern auff; der Blumen bunte Schaar/ mahlt ihre Gaͤrten aus; die Felſen ſtehn erquicket; die Thaͤler auffgeputzt; die Auen außgeſchmuͤcket; der Berge Zierrath glaͤntzt; den Waͤldern waͤchſt ihr Haar; Seh’

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Zitationshilfe: Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642], S. 573. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_poemata_1642/593>, abgerufen am 26.06.2024.