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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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wart des Prinzen Heinrich, das Friedensfest gefeiert wurde; da ist
der alte, aus gebranntem Thon gefertigte, mit Wappen und Male-
reien verzierte Taufstein, den drei Geschwister Sparre (Franz, Anna
und Sabina) in der Mitte des 16. Jahrhunderts der Kirche
schenkten, und da ist, ziemlich aus derselben Zeit, die alte Kanzel,
eine Stiftung der Anna Hahn'in, Jobst v. Bredow's getreuer
Wittwe, mit allerhand Wappen der Bredow's, Hahn's und
Schulenburg's. Gegenüber dieser Kanzel, an der schweren alten
Eichenthür, die von dem Eingangs beschriebenen Vorbau in die Mitte
der Kirche führt, stand am Pfingstsonntage 1737 König Friedrich
Wilhelm I., als er nach Rheinsberg gekommen war, um seinen Sohn,
den Kronprinzen, zu besuchen. Er war als frommer Christ, der
keiner Predigt vorbei gehen wollte, lieber erst in die Kirche getreten,
eh er den Sohn im Schloß überraschte. Der König war ein from-
mer Herr, aber freilich, wie alle Welt wußte, auch ein sehr gestren-
ger Herr, und der alte Geistliche (Johann Rossow), der das Glück
oder Unglück hatte, den König von früher her zu kennen, erschrak
beim Anblick Sr. Majestät dermaßen, daß ihm das Wort versagte
und er nur noch fähig war, mit zitternder Stimme den Segen
zu sprechen. Der König drohte mit dem Stock, eine Aufmunterung,
die begreiflicherweise völlig ihres Zwecks verfehlte. Johann Rossow
starb bald nachher; ob in Folge des Schrecks, steht wie billig
dahin. Im Uebrigen muß Rheinsberg zu allen Zeiten eine gesunde
Luft gehabt haben; -- von 1696 bis 1848, also in mehr als
150 Jahren, hat es nur vier Prediger gehabt.

Noch eines Kinder-Grabmals sei erwähnt. Es stammt eben-
falls aus der Alt-Bredow'schen Zeit her und lehnt sich rechtwink-
lig an das umfangreiche Monument des Achim v. Bredow'schen
Ehepaar's, das ich oben beschrieben. Ich würde dieses kleineren
Denkmals, das die mittelmäßigen Bildnisse zweier Kinder, eines
Mädchens und eines Knaben von 3 und 4 Jahren, zeigt, gar
nicht erwähnen, wenn nicht die in Rheinsberg gang und gebe Er-
zählung, die sich an dieses Denkmal knüpft, einen Beleg für die
sagenbildende Neigung im Volke und zugleich deutliche Anhalte-

wart des Prinzen Heinrich, das Friedensfeſt gefeiert wurde; da iſt
der alte, aus gebranntem Thon gefertigte, mit Wappen und Male-
reien verzierte Taufſtein, den drei Geſchwiſter Sparre (Franz, Anna
und Sabina) in der Mitte des 16. Jahrhunderts der Kirche
ſchenkten, und da iſt, ziemlich aus derſelben Zeit, die alte Kanzel,
eine Stiftung der Anna Hahn’in, Jobſt v. Bredow’s getreuer
Wittwe, mit allerhand Wappen der Bredow’s, Hahn’s und
Schulenburg’s. Gegenüber dieſer Kanzel, an der ſchweren alten
Eichenthür, die von dem Eingangs beſchriebenen Vorbau in die Mitte
der Kirche führt, ſtand am Pfingſtſonntage 1737 König Friedrich
Wilhelm I., als er nach Rheinsberg gekommen war, um ſeinen Sohn,
den Kronprinzen, zu beſuchen. Er war als frommer Chriſt, der
keiner Predigt vorbei gehen wollte, lieber erſt in die Kirche getreten,
eh er den Sohn im Schloß überraſchte. Der König war ein from-
mer Herr, aber freilich, wie alle Welt wußte, auch ein ſehr geſtren-
ger Herr, und der alte Geiſtliche (Johann Roſſow), der das Glück
oder Unglück hatte, den König von früher her zu kennen, erſchrak
beim Anblick Sr. Majeſtät dermaßen, daß ihm das Wort verſagte
und er nur noch fähig war, mit zitternder Stimme den Segen
zu ſprechen. Der König drohte mit dem Stock, eine Aufmunterung,
die begreiflicherweiſe völlig ihres Zwecks verfehlte. Johann Roſſow
ſtarb bald nachher; ob in Folge des Schrecks, ſteht wie billig
dahin. Im Uebrigen muß Rheinsberg zu allen Zeiten eine geſunde
Luft gehabt haben; — von 1696 bis 1848, alſo in mehr als
150 Jahren, hat es nur vier Prediger gehabt.

Noch eines Kinder-Grabmals ſei erwähnt. Es ſtammt eben-
falls aus der Alt-Bredow’ſchen Zeit her und lehnt ſich rechtwink-
lig an das umfangreiche Monument des Achim v. Bredow’ſchen
Ehepaar’s, das ich oben beſchrieben. Ich würde dieſes kleineren
Denkmals, das die mittelmäßigen Bildniſſe zweier Kinder, eines
Mädchens und eines Knaben von 3 und 4 Jahren, zeigt, gar
nicht erwähnen, wenn nicht die in Rheinsberg gang und gebe Er-
zählung, die ſich an dieſes Denkmal knüpft, einen Beleg für die
ſagenbildende Neigung im Volke und zugleich deutliche Anhalte-

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[87/0105] wart des Prinzen Heinrich, das Friedensfeſt gefeiert wurde; da iſt der alte, aus gebranntem Thon gefertigte, mit Wappen und Male- reien verzierte Taufſtein, den drei Geſchwiſter Sparre (Franz, Anna und Sabina) in der Mitte des 16. Jahrhunderts der Kirche ſchenkten, und da iſt, ziemlich aus derſelben Zeit, die alte Kanzel, eine Stiftung der Anna Hahn’in, Jobſt v. Bredow’s getreuer Wittwe, mit allerhand Wappen der Bredow’s, Hahn’s und Schulenburg’s. Gegenüber dieſer Kanzel, an der ſchweren alten Eichenthür, die von dem Eingangs beſchriebenen Vorbau in die Mitte der Kirche führt, ſtand am Pfingſtſonntage 1737 König Friedrich Wilhelm I., als er nach Rheinsberg gekommen war, um ſeinen Sohn, den Kronprinzen, zu beſuchen. Er war als frommer Chriſt, der keiner Predigt vorbei gehen wollte, lieber erſt in die Kirche getreten, eh er den Sohn im Schloß überraſchte. Der König war ein from- mer Herr, aber freilich, wie alle Welt wußte, auch ein ſehr geſtren- ger Herr, und der alte Geiſtliche (Johann Roſſow), der das Glück oder Unglück hatte, den König von früher her zu kennen, erſchrak beim Anblick Sr. Majeſtät dermaßen, daß ihm das Wort verſagte und er nur noch fähig war, mit zitternder Stimme den Segen zu ſprechen. Der König drohte mit dem Stock, eine Aufmunterung, die begreiflicherweiſe völlig ihres Zwecks verfehlte. Johann Roſſow ſtarb bald nachher; ob in Folge des Schrecks, ſteht wie billig dahin. Im Uebrigen muß Rheinsberg zu allen Zeiten eine geſunde Luft gehabt haben; — von 1696 bis 1848, alſo in mehr als 150 Jahren, hat es nur vier Prediger gehabt. Noch eines Kinder-Grabmals ſei erwähnt. Es ſtammt eben- falls aus der Alt-Bredow’ſchen Zeit her und lehnt ſich rechtwink- lig an das umfangreiche Monument des Achim v. Bredow’ſchen Ehepaar’s, das ich oben beſchrieben. Ich würde dieſes kleineren Denkmals, das die mittelmäßigen Bildniſſe zweier Kinder, eines Mädchens und eines Knaben von 3 und 4 Jahren, zeigt, gar nicht erwähnen, wenn nicht die in Rheinsberg gang und gebe Er- zählung, die ſich an dieſes Denkmal knüpft, einen Beleg für die ſagenbildende Neigung im Volke und zugleich deutliche Anhalte-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/105>, abgerufen am 24.11.2024.