logis) und zwei Seitenflügeln und gleicht in seiner Grund-Anlage dem Charlottenburger Schlosse auf ein Haar. Das letztere ist größer und hat den stattlichen Kuppelthurm; dagegen besitzt das Rheinsberger Schloß, statt eines bloßen Eisengitters zwischen den Flügeln, eine geschmackvolle Colonnade, die den Bau in sehr gefälliger Weise abschließt. Vor Allem hat das Rheinsberger Schloß die Schönheit seiner Lage, Wasser, Wald und eine Fülle der reizendsten Fernsichten voraus. Mehr eine Eigenthümlichkeit als eine Schönheit bilden seine zwei abgestumpften Rundthürme, die sich an die Seitenflügel anlehnen und deren einem es vorbe- halten war, zu einer besonderen Berühmtheit zu gelangen.
Langsam nähern wir uns wieder dem Ufer, befestigen den Kahn an der Wassertreppe und schreiten nun den Weg zurück, den wir vor zehn Minuten mit absichtlicher Schnelligkeit passirten. Unter der Colonnade machen wir noch einmal Halt und recapi- tuliren uns die Geschichte des Orts. Es ist nöthig, sie gegen- wärtig zu haben.
Die Herrschaft Rheinsberg war ein altes Besitzthum der Bredows. Seit 1618 sind die Hauptdaten folgende:
Jobst v. Bredow verkauft Rheinsberg an Cuno v. Lochow, Domherrn zu Magdeburg 1618.
Der große Kurfürst nimmt, nach dem Erlöschen dieser Fa- milie v. Lochow, Rheinsberg in Besitz und schenkt es dem Ge- neral du Hamel 1685.
General du Hamel verkauft es sofort an den Hofrath de Beville.
Die Bevilles besitzen es, Vater und Sohn, bis 1734. Vom Sohn, dem Oberst-Lieutenannt Heinrich v. Beville, kauft es
König Friedrich Wilhelm I. und schenkt es an den Kron- prinzen Friedrich 1734.
Der Kronprinz (Friedrich der Große), obschon nur bis 1740 dort, behält es als Eigenthum bis 1744.
Im Jahre 1744 erhält es Prinz Heinrich von seinem
logis) und zwei Seitenflügeln und gleicht in ſeiner Grund-Anlage dem Charlottenburger Schloſſe auf ein Haar. Das letztere iſt größer und hat den ſtattlichen Kuppelthurm; dagegen beſitzt das Rheinsberger Schloß, ſtatt eines bloßen Eiſengitters zwiſchen den Flügeln, eine geſchmackvolle Colonnade, die den Bau in ſehr gefälliger Weiſe abſchließt. Vor Allem hat das Rheinsberger Schloß die Schönheit ſeiner Lage, Waſſer, Wald und eine Fülle der reizendſten Fernſichten voraus. Mehr eine Eigenthümlichkeit als eine Schönheit bilden ſeine zwei abgeſtumpften Rundthürme, die ſich an die Seitenflügel anlehnen und deren einem es vorbe- halten war, zu einer beſonderen Berühmtheit zu gelangen.
Langſam nähern wir uns wieder dem Ufer, befeſtigen den Kahn an der Waſſertreppe und ſchreiten nun den Weg zurück, den wir vor zehn Minuten mit abſichtlicher Schnelligkeit paſſirten. Unter der Colonnade machen wir noch einmal Halt und recapi- tuliren uns die Geſchichte des Orts. Es iſt nöthig, ſie gegen- wärtig zu haben.
Die Herrſchaft Rheinsberg war ein altes Beſitzthum der Bredows. Seit 1618 ſind die Hauptdaten folgende:
Jobſt v. Bredow verkauft Rheinsberg an Cuno v. Lochow, Domherrn zu Magdeburg 1618.
Der große Kurfürſt nimmt, nach dem Erlöſchen dieſer Fa- milie v. Lochow, Rheinsberg in Beſitz und ſchenkt es dem Ge- neral du Hamel 1685.
General du Hamel verkauft es ſofort an den Hofrath de Beville.
Die Bevilles beſitzen es, Vater und Sohn, bis 1734. Vom Sohn, dem Oberſt-Lieutenannt Heinrich v. Beville, kauft es
König Friedrich Wilhelm I. und ſchenkt es an den Kron- prinzen Friedrich 1734.
Der Kronprinz (Friedrich der Große), obſchon nur bis 1740 dort, behält es als Eigenthum bis 1744.
Im Jahre 1744 erhält es Prinz Heinrich von ſeinem
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logis) und zwei Seitenflügeln und gleicht in ſeiner Grund-Anlage
dem Charlottenburger Schloſſe auf ein Haar. Das letztere iſt
größer und hat den ſtattlichen Kuppelthurm; dagegen beſitzt das
Rheinsberger Schloß, ſtatt eines bloßen Eiſengitters zwiſchen den
Flügeln, eine geſchmackvolle Colonnade, die den Bau in ſehr
gefälliger Weiſe abſchließt. Vor Allem hat das Rheinsberger
Schloß die Schönheit ſeiner Lage, Waſſer, Wald und eine Fülle
der reizendſten Fernſichten voraus. Mehr eine Eigenthümlichkeit
als eine Schönheit bilden ſeine zwei abgeſtumpften Rundthürme,
die ſich an die Seitenflügel anlehnen und deren einem es vorbe-
halten war, zu einer beſonderen Berühmtheit zu gelangen.
Langſam nähern wir uns wieder dem Ufer, befeſtigen den
Kahn an der Waſſertreppe und ſchreiten nun den Weg zurück,
den wir vor zehn Minuten mit abſichtlicher Schnelligkeit paſſirten.
Unter der Colonnade machen wir noch einmal Halt und recapi-
tuliren uns die Geſchichte des Orts. Es iſt nöthig, ſie gegen-
wärtig zu haben.
Die Herrſchaft Rheinsberg war ein altes Beſitzthum der
Bredows. Seit 1618 ſind die Hauptdaten folgende:
Jobſt v. Bredow verkauft Rheinsberg an Cuno v. Lochow,
Domherrn zu Magdeburg 1618.
Der große Kurfürſt nimmt, nach dem Erlöſchen dieſer Fa-
milie v. Lochow, Rheinsberg in Beſitz und ſchenkt es dem Ge-
neral du Hamel 1685.
General du Hamel verkauft es ſofort an den Hofrath
de Beville.
Die Bevilles beſitzen es, Vater und Sohn, bis 1734. Vom
Sohn, dem Oberſt-Lieutenannt Heinrich v. Beville, kauft es
König Friedrich Wilhelm I. und ſchenkt es an den Kron-
prinzen Friedrich 1734.
Der Kronprinz (Friedrich der Große), obſchon nur bis 1740
dort, behält es als Eigenthum bis 1744.
Im Jahre 1744 erhält es Prinz Heinrich von ſeinem
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/110>, abgerufen am 24.11.2024.
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