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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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Zernikow besitzt neben einer sehenswerthen Kirche, in der sich
-- eben so wie im Herrenhause daselbst -- die Portraits von
Fredersdorff, dem v. Labes'schen Ehepaar und von deren Tochter,
der 1781 verstorbenen Frau v. Arnim befinden, auch ein mit
Geschmack und Munificenz hergestelltes Grabgewölbe, das Frau v.
Labes bald nach dem Tode ihres zweiten Gemahls errichten ließ.
Es trägt an seiner Front die Inschrift: "Fredersdorff'sches Erb-
begräbniß, errichtet von dessen hinterlassenen Wittwe, gebornen Caro-
line Marie Elisabeth Daum, nachmals verehelichten v. Labes. Anno
1777." Darunter in goldnen Buchstaben folgende verschlungene
Namenszüge: MGF (Michael Gabriel Fredersdorff) und CMED
(Caroline Marie Elisabeth Daum). Sofort nach der Vollendung
dieses Grabgewölbes nahm Frau v. Labes in dasselbe die sterb-
lichen Ueberreste ihrer Ehegatten Fredersdorff und von Labes
auf, welche sich bisher in einer Gruft unter der Kirche zu Zerni-
kow befunden hatten.

Der mit Leder überzogene und mit vergoldeten Füßen und
Handhaben versehene Sarg Fredersdorff's, auf dem sich noch die
Patrontasche befindet, die derselbe während seines Militärdienstes
im Schwerin'schen Regiment getragen hat, steht an der rechten
Seitenwand; der Sarg des Freiherrn von Labes unmittelbar
dahinter.

Vier Jahre später gesellte sich zu diesen beiden Särgen ein
dritter. Noch nicht zwanzig Jahr alt, war die mehrgenannte Frei-
frau Amalie Caroline v. Arnim, einzige Tochter der verwittweten
Frau v. Labes, im Januar oder Februar 1781 zu Berlin gestor-
ben und wurde von dort nach Zernikow übergeführt. Ihr Sarg,
in dessen Deckel ein kleines Fenster befindlich ist (eine unschöne
Aeußerung der Pietät, der man in jener Zeit öfters begegnet) steht
an der Hinterwand des Gewölbes und noch jetzt finden sich auf
demselben Kränze und Gedichte, die von der Hand der Mutter
geschrieben sind. Am 10. März 1810 entschlief die alte Freifrau
selber und nahm, ihrem letzten Willen gemäß, nach Freud und
Leid dieser Welt, ihren letzten Ruheplatz an der Seite derer ein,

Zernikow beſitzt neben einer ſehenswerthen Kirche, in der ſich
— eben ſo wie im Herrenhauſe daſelbſt — die Portraits von
Fredersdorff, dem v. Labes’ſchen Ehepaar und von deren Tochter,
der 1781 verſtorbenen Frau v. Arnim befinden, auch ein mit
Geſchmack und Munificenz hergeſtelltes Grabgewölbe, das Frau v.
Labes bald nach dem Tode ihres zweiten Gemahls errichten ließ.
Es trägt an ſeiner Front die Inſchrift: „Fredersdorff’ſches Erb-
begräbniß, errichtet von deſſen hinterlaſſenen Wittwe, gebornen Caro-
line Marie Eliſabeth Daum, nachmals verehelichten v. Labes. Anno
1777.“ Darunter in goldnen Buchſtaben folgende verſchlungene
Namenszüge: MGF (Michael Gabriel Fredersdorff) und CMED
(Caroline Marie Eliſabeth Daum). Sofort nach der Vollendung
dieſes Grabgewölbes nahm Frau v. Labes in daſſelbe die ſterb-
lichen Ueberreſte ihrer Ehegatten Fredersdorff und von Labes
auf, welche ſich bisher in einer Gruft unter der Kirche zu Zerni-
kow befunden hatten.

Der mit Leder überzogene und mit vergoldeten Füßen und
Handhaben verſehene Sarg Fredersdorff’s, auf dem ſich noch die
Patrontaſche befindet, die derſelbe während ſeines Militärdienſtes
im Schwerin’ſchen Regiment getragen hat, ſteht an der rechten
Seitenwand; der Sarg des Freiherrn von Labes unmittelbar
dahinter.

Vier Jahre ſpäter geſellte ſich zu dieſen beiden Särgen ein
dritter. Noch nicht zwanzig Jahr alt, war die mehrgenannte Frei-
frau Amalie Caroline v. Arnim, einzige Tochter der verwittweten
Frau v. Labes, im Januar oder Februar 1781 zu Berlin geſtor-
ben und wurde von dort nach Zernikow übergeführt. Ihr Sarg,
in deſſen Deckel ein kleines Fenſter befindlich iſt (eine unſchöne
Aeußerung der Pietät, der man in jener Zeit öfters begegnet) ſteht
an der Hinterwand des Gewölbes und noch jetzt finden ſich auf
demſelben Kränze und Gedichte, die von der Hand der Mutter
geſchrieben ſind. Am 10. März 1810 entſchlief die alte Freifrau
ſelber und nahm, ihrem letzten Willen gemäß, nach Freud und
Leid dieſer Welt, ihren letzten Ruheplatz an der Seite derer ein,

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[149/0167] Zernikow beſitzt neben einer ſehenswerthen Kirche, in der ſich — eben ſo wie im Herrenhauſe daſelbſt — die Portraits von Fredersdorff, dem v. Labes’ſchen Ehepaar und von deren Tochter, der 1781 verſtorbenen Frau v. Arnim befinden, auch ein mit Geſchmack und Munificenz hergeſtelltes Grabgewölbe, das Frau v. Labes bald nach dem Tode ihres zweiten Gemahls errichten ließ. Es trägt an ſeiner Front die Inſchrift: „Fredersdorff’ſches Erb- begräbniß, errichtet von deſſen hinterlaſſenen Wittwe, gebornen Caro- line Marie Eliſabeth Daum, nachmals verehelichten v. Labes. Anno 1777.“ Darunter in goldnen Buchſtaben folgende verſchlungene Namenszüge: MGF (Michael Gabriel Fredersdorff) und CMED (Caroline Marie Eliſabeth Daum). Sofort nach der Vollendung dieſes Grabgewölbes nahm Frau v. Labes in daſſelbe die ſterb- lichen Ueberreſte ihrer Ehegatten Fredersdorff und von Labes auf, welche ſich bisher in einer Gruft unter der Kirche zu Zerni- kow befunden hatten. Der mit Leder überzogene und mit vergoldeten Füßen und Handhaben verſehene Sarg Fredersdorff’s, auf dem ſich noch die Patrontaſche befindet, die derſelbe während ſeines Militärdienſtes im Schwerin’ſchen Regiment getragen hat, ſteht an der rechten Seitenwand; der Sarg des Freiherrn von Labes unmittelbar dahinter. Vier Jahre ſpäter geſellte ſich zu dieſen beiden Särgen ein dritter. Noch nicht zwanzig Jahr alt, war die mehrgenannte Frei- frau Amalie Caroline v. Arnim, einzige Tochter der verwittweten Frau v. Labes, im Januar oder Februar 1781 zu Berlin geſtor- ben und wurde von dort nach Zernikow übergeführt. Ihr Sarg, in deſſen Deckel ein kleines Fenſter befindlich iſt (eine unſchöne Aeußerung der Pietät, der man in jener Zeit öfters begegnet) ſteht an der Hinterwand des Gewölbes und noch jetzt finden ſich auf demſelben Kränze und Gedichte, die von der Hand der Mutter geſchrieben ſind. Am 10. März 1810 entſchlief die alte Freifrau ſelber und nahm, ihrem letzten Willen gemäß, nach Freud und Leid dieſer Welt, ihren letzten Ruheplatz an der Seite derer ein,

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/167>, abgerufen am 30.11.2024.