die ihr das Theuerste gewesen waren. Auch auf dem Deckel ihres überaus prachtvollen Sarges ist ein kleines Fenster angebracht, durch das man die entseelte Hülle der alten Freifrau erblickt. Auf allen vier Särgen befinden sich die Familienwappen; auf drei derselben auch Name, Geburts- und Todestag.
Ueber 50 Jahre vergingen, eh ein neuer Ankömmling vor der Gitterthür hielt und Raum in der Familiengruft beanspruchte. Alles, was den Namen Graf Schlitz angenommen hatte, hatte sich auch im Tode noch von Zernikow, dem ursprünglichen Familiengut, geschieden und dem Graf Schlitz'schen Mausoleum auf Hohen Demzin den Vorzug gegeben; -- nicht so der älteste Sohn der Tochter der Frau von Labes. Am 16. Februar 1861 öffneten sich die schweren Gitterthüren des Fredersdorff'schen Erbbegräb- nisses noch einmal und der Sarg des Oberst-Schenk Carl Otto Ludwigs von Arnim wurde neben Mutter und Großmutter bei- gesetzt. Seine Inschrift lautet:
Dubius non impius vixi, Incertus morior, non perturbatus; Humanum est nescire et errare. Ens entium miserere mei.
In Zweifeln hab' ich gelebt, nicht unfromm, In Ungewißheit sterb' ich, nicht zitternd; Nichtwissen und irren ist Menschenloos. Ding aller Dinge erbarme dich mein.
Sein jüngerer Bruder, Achim von Arnim, ist auf dem Fami- liengut Wiepersdorf bei Dahme begraben; auch Bettina (gest. 1859 zu Berlin) ruht ebendaselbst.
die ihr das Theuerſte geweſen waren. Auch auf dem Deckel ihres überaus prachtvollen Sarges iſt ein kleines Fenſter angebracht, durch das man die entſeelte Hülle der alten Freifrau erblickt. Auf allen vier Särgen befinden ſich die Familienwappen; auf drei derſelben auch Name, Geburts- und Todestag.
Ueber 50 Jahre vergingen, eh ein neuer Ankömmling vor der Gitterthür hielt und Raum in der Familiengruft beanſpruchte. Alles, was den Namen Graf Schlitz angenommen hatte, hatte ſich auch im Tode noch von Zernikow, dem urſprünglichen Familiengut, geſchieden und dem Graf Schlitz’ſchen Mauſoleum auf Hohen Demzin den Vorzug gegeben; — nicht ſo der älteſte Sohn der Tochter der Frau von Labes. Am 16. Februar 1861 öffneten ſich die ſchweren Gitterthüren des Fredersdorff’ſchen Erbbegräb- niſſes noch einmal und der Sarg des Oberſt-Schenk Carl Otto Ludwigs von Arnim wurde neben Mutter und Großmutter bei- geſetzt. Seine Inſchrift lautet:
Dubius non impius vixi, Incertus morior, non perturbatus; Humanum est nescire et errare. Ens entium miserere mei.
In Zweifeln hab’ ich gelebt, nicht unfromm, In Ungewißheit ſterb’ ich, nicht zitternd; Nichtwiſſen und irren iſt Menſchenloos. Ding aller Dinge erbarme dich mein.
Sein jüngerer Bruder, Achim von Arnim, iſt auf dem Fami- liengut Wiepersdorf bei Dahme begraben; auch Bettina (geſt. 1859 zu Berlin) ruht ebendaſelbſt.
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die ihr das Theuerſte geweſen waren. Auch auf dem Deckel ihres
überaus prachtvollen Sarges iſt ein kleines Fenſter angebracht,
durch das man die entſeelte Hülle der alten Freifrau erblickt. Auf
allen vier Särgen befinden ſich die Familienwappen; auf drei
derſelben auch Name, Geburts- und Todestag.
Ueber 50 Jahre vergingen, eh ein neuer Ankömmling vor
der Gitterthür hielt und Raum in der Familiengruft beanſpruchte.
Alles, was den Namen Graf Schlitz angenommen hatte, hatte ſich
auch im Tode noch von Zernikow, dem urſprünglichen Familiengut,
geſchieden und dem Graf Schlitz’ſchen Mauſoleum auf Hohen
Demzin den Vorzug gegeben; — nicht ſo der älteſte Sohn der
Tochter der Frau von Labes. Am 16. Februar 1861 öffneten
ſich die ſchweren Gitterthüren des Fredersdorff’ſchen Erbbegräb-
niſſes noch einmal und der Sarg des Oberſt-Schenk Carl Otto
Ludwigs von Arnim wurde neben Mutter und Großmutter bei-
geſetzt. Seine Inſchrift lautet:
Dubius non impius vixi,
Incertus morior, non perturbatus;
Humanum est nescire et errare.
Ens entium miserere mei.
In Zweifeln hab’ ich gelebt, nicht unfromm,
In Ungewißheit ſterb’ ich, nicht zitternd;
Nichtwiſſen und irren iſt Menſchenloos.
Ding aller Dinge erbarme dich mein.
Sein jüngerer Bruder, Achim von Arnim, iſt auf dem Fami-
liengut Wiepersdorf bei Dahme begraben; auch Bettina (geſt.
1859 zu Berlin) ruht ebendaſelbſt.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/168>, abgerufen am 30.11.2024.
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