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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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ausgefüllt und mit dunkelrother Farbe angestrichen, so daß drei
roth und weiß gestreifte Etagen drei schwarze Kuppeldächer tragen
und ein Ganzes herstellen, das am ehesten vielleicht an die hollän-
dischen Bauten aus dem Anfang des vorigen Jahrhunderts er-
innert.

Ehe wir in die Kirche selbst eintreten, steigen wir einige
Treppenstufen hinab in die Gruft der Kirche, die sich wenige Fuß
tief unter dem Ostflügel der Kirche befindet und in mehr als einer
Beziehung ein lebhaftes Interesse in Anspruch nimmt. Diese Gruft,
wenigstens ein Theil derselben, ist wahrscheinlich ein Ueberrest der
alten Kirche, die hier stand, eine Voraussetzung, die darin ihre
Berechtigung findet
, daß sich ein Sarg aus dem Jahr 1679
in derselben vorfindet, während die Kirche selbst nicht vor 1727
beendigt war. Die Gruft besteht aus zwei gewölbten Räumen, die
durch eine offene Thür mit einander in Verbindung stehen. Der
hintere Raum ist wahrscheinlich der ältere Theil des Gewölbes und
empfängt so wenig Licht, daß man eine Kerze anzünden muß, um
irgend etwas sehen zu können. Der andere Raum ist hell und ge-
räumig. Beide Theile der Gruft haben übrigens das gemeinsam,
daß die darin aufgestellten Todten zu Mumien werden. Die
hintere Gruftkammer beherbergt nur einen einzigen Sarg, in dem
andern Gewölberaum aber befinden sich einundzwanzig Särge, von
denen vierzehn zur Linken und sieben zur Rechten stehen; zwischen
beiden ein Gang. In den vierzehn Särgen zur Linken sind Mit-
glieder der Familie Viereck (darunter der Minister und seine beiden
Frauen) beigesetzt; die sieben Särge zur Rechten aber umschließen
Mitglieder der Familie Voß. *)

Wodurch diese Mumificirung erfolgt, ist noch nicht aufgeklärt.
Es herrscht keine Spur von Luftzug, aber es fehlt auch jene

*) Die Roebels, also die Vorbesitzer von Buch, haben (wie die
Sparr'sche Familie) ihr Erbbegräbniß in der Marienkirche zu Berlin.
In diesem Roebel'schen Erbbegräbniß befinden sich auch Mitglieder der
Familien Canstein und Canitz (vgl. Blumberg) beigesetzt.
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ausgefüllt und mit dunkelrother Farbe angeſtrichen, ſo daß drei
roth und weiß geſtreifte Etagen drei ſchwarze Kuppeldächer tragen
und ein Ganzes herſtellen, das am eheſten vielleicht an die hollän-
diſchen Bauten aus dem Anfang des vorigen Jahrhunderts er-
innert.

Ehe wir in die Kirche ſelbſt eintreten, ſteigen wir einige
Treppenſtufen hinab in die Gruft der Kirche, die ſich wenige Fuß
tief unter dem Oſtflügel der Kirche befindet und in mehr als einer
Beziehung ein lebhaftes Intereſſe in Anſpruch nimmt. Dieſe Gruft,
wenigſtens ein Theil derſelben, iſt wahrſcheinlich ein Ueberreſt der
alten Kirche, die hier ſtand, eine Vorausſetzung, die darin ihre
Berechtigung findet
, daß ſich ein Sarg aus dem Jahr 1679
in derſelben vorfindet, während die Kirche ſelbſt nicht vor 1727
beendigt war. Die Gruft beſteht aus zwei gewölbten Räumen, die
durch eine offene Thür mit einander in Verbindung ſtehen. Der
hintere Raum iſt wahrſcheinlich der ältere Theil des Gewölbes und
empfängt ſo wenig Licht, daß man eine Kerze anzünden muß, um
irgend etwas ſehen zu können. Der andere Raum iſt hell und ge-
räumig. Beide Theile der Gruft haben übrigens das gemeinſam,
daß die darin aufgeſtellten Todten zu Mumien werden. Die
hintere Gruftkammer beherbergt nur einen einzigen Sarg, in dem
andern Gewölberaum aber befinden ſich einundzwanzig Särge, von
denen vierzehn zur Linken und ſieben zur Rechten ſtehen; zwiſchen
beiden ein Gang. In den vierzehn Särgen zur Linken ſind Mit-
glieder der Familie Viereck (darunter der Miniſter und ſeine beiden
Frauen) beigeſetzt; die ſieben Särge zur Rechten aber umſchließen
Mitglieder der Familie Voß. *)

Wodurch dieſe Mumificirung erfolgt, iſt noch nicht aufgeklärt.
Es herrſcht keine Spur von Luftzug, aber es fehlt auch jene

*) Die Roebels, alſo die Vorbeſitzer von Buch, haben (wie die
Sparr’ſche Familie) ihr Erbbegräbniß in der Marienkirche zu Berlin.
In dieſem Roebel’ſchen Erbbegräbniß befinden ſich auch Mitglieder der
Familien Canſtein und Canitz (vgl. Blumberg) beigeſetzt.
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[241/0259] ausgefüllt und mit dunkelrother Farbe angeſtrichen, ſo daß drei roth und weiß geſtreifte Etagen drei ſchwarze Kuppeldächer tragen und ein Ganzes herſtellen, das am eheſten vielleicht an die hollän- diſchen Bauten aus dem Anfang des vorigen Jahrhunderts er- innert. Ehe wir in die Kirche ſelbſt eintreten, ſteigen wir einige Treppenſtufen hinab in die Gruft der Kirche, die ſich wenige Fuß tief unter dem Oſtflügel der Kirche befindet und in mehr als einer Beziehung ein lebhaftes Intereſſe in Anſpruch nimmt. Dieſe Gruft, wenigſtens ein Theil derſelben, iſt wahrſcheinlich ein Ueberreſt der alten Kirche, die hier ſtand, eine Vorausſetzung, die darin ihre Berechtigung findet, daß ſich ein Sarg aus dem Jahr 1679 in derſelben vorfindet, während die Kirche ſelbſt nicht vor 1727 beendigt war. Die Gruft beſteht aus zwei gewölbten Räumen, die durch eine offene Thür mit einander in Verbindung ſtehen. Der hintere Raum iſt wahrſcheinlich der ältere Theil des Gewölbes und empfängt ſo wenig Licht, daß man eine Kerze anzünden muß, um irgend etwas ſehen zu können. Der andere Raum iſt hell und ge- räumig. Beide Theile der Gruft haben übrigens das gemeinſam, daß die darin aufgeſtellten Todten zu Mumien werden. Die hintere Gruftkammer beherbergt nur einen einzigen Sarg, in dem andern Gewölberaum aber befinden ſich einundzwanzig Särge, von denen vierzehn zur Linken und ſieben zur Rechten ſtehen; zwiſchen beiden ein Gang. In den vierzehn Särgen zur Linken ſind Mit- glieder der Familie Viereck (darunter der Miniſter und ſeine beiden Frauen) beigeſetzt; die ſieben Särge zur Rechten aber umſchließen Mitglieder der Familie Voß. *) Wodurch dieſe Mumificirung erfolgt, iſt noch nicht aufgeklärt. Es herrſcht keine Spur von Luftzug, aber es fehlt auch jene *) Die Roebels, alſo die Vorbeſitzer von Buch, haben (wie die Sparr’ſche Familie) ihr Erbbegräbniß in der Marienkirche zu Berlin. In dieſem Roebel’ſchen Erbbegräbniß befinden ſich auch Mitglieder der Familien Canſtein und Canitz (vgl. Blumberg) beigeſetzt. 16

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/259>, abgerufen am 23.11.2024.