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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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scheinen. Die Hausthür steht offen und gönnt einen Blick auf den
kühlen fliesengedeckten Vorflur; aber Niemand tritt aus der Thür
heraus, um die Gäste willkommen zu heißen. Die beiden Jungen
haben endlich das Terrain recognoscirt und kommen jetzt mit einer
barfüßigen alten Frau zurück, die sie hinten im Garten mit Un-
krautjäten beschäftigt fanden. Der Amtsactuarius poltert in dienst-
lichem Ton ein paar Fragen heraus; aber es ergiebt sich aus
einer Handbewegung, die die alte Frau macht, daß sie nicht hören
kann, und daß es gerathener ist, ihr ohne Weiteres die Gesammt-
kosten der Unterhaltung zuzuschieben, als durch ungeduldiges Fragen
sie zu verwirren. "Alles ausgeflogen, -- Alles in'n Wald, --
Ulekens Geburtstag." Diese Worte, die mit einer wiederholten
Handbewegung begleitet werden, um die Richtung anzugeben, wo
der Wald und vielleicht auch "Uleken," das Geburtstagskind, zu
finden sei, genügen völlig; unser Amtsactuarius ist lange genug
in der Werneuchener Pfarre aus- und eingegangen, um zu wissen,
wo der Wald zu finden ist und wo der Pfarrer von Werneuchen
seine Lieblingsplätze hat. Er winkt nun auch seinerseits der Alten
mit der Hand, ruft ihr mit lauter Stimme, wie zum Zeichen völ-
ligen Eingeweihtseins, den Räthselnamen "Uleken" zu und läßt im
nächsten Augenblicke weiter traben. Als die Pferde anrücken, fallen
wir auf dem Häckselsack nach hinten über und stoßen dabei so stark
an die Janitschar, daß alle Glocken zu klingen anfangen; aber
Alles ist bereits in solcher Aufregung, daß Niemand mehr darauf
achtet, welcher Mittagsspuk da hinten sein Wesen treibt.

Bis zum Gamen-Grund, dem Weststück jener reizenden Wald-
partie, die den Namen das "Blumenthal" führt, ist eine halbe
Stunde. Wir sind in die Fahrstraße eingebogen, die nach Freien-
walde hin abzweigt, und halten jetzt an einem Waldweg, dessen
Windungen wir durch das Gehölz hin verfolgen können. Quellen
sickern im Moos, Elsen und anderes Laubholz mischt sich unter
die Tannen und erfrischende Kühle weht uns an.

"Da singen sie schon; wußt' ich doch, daß wir sie hier finden
würden," -- mit diesen Worten, die wie eine Selbstgratulation

ſcheinen. Die Hausthür ſteht offen und gönnt einen Blick auf den
kühlen flieſengedeckten Vorflur; aber Niemand tritt aus der Thür
heraus, um die Gäſte willkommen zu heißen. Die beiden Jungen
haben endlich das Terrain recognoscirt und kommen jetzt mit einer
barfüßigen alten Frau zurück, die ſie hinten im Garten mit Un-
krautjäten beſchäftigt fanden. Der Amtsactuarius poltert in dienſt-
lichem Ton ein paar Fragen heraus; aber es ergiebt ſich aus
einer Handbewegung, die die alte Frau macht, daß ſie nicht hören
kann, und daß es gerathener iſt, ihr ohne Weiteres die Geſammt-
koſten der Unterhaltung zuzuſchieben, als durch ungeduldiges Fragen
ſie zu verwirren. „Alles ausgeflogen, — Alles in’n Wald, —
Ulekens Geburtstag.“ Dieſe Worte, die mit einer wiederholten
Handbewegung begleitet werden, um die Richtung anzugeben, wo
der Wald und vielleicht auch „Uleken,“ das Geburtstagskind, zu
finden ſei, genügen völlig; unſer Amtsactuarius iſt lange genug
in der Werneuchener Pfarre aus- und eingegangen, um zu wiſſen,
wo der Wald zu finden iſt und wo der Pfarrer von Werneuchen
ſeine Lieblingsplätze hat. Er winkt nun auch ſeinerſeits der Alten
mit der Hand, ruft ihr mit lauter Stimme, wie zum Zeichen völ-
ligen Eingeweihtſeins, den Räthſelnamen „Uleken“ zu und läßt im
nächſten Augenblicke weiter traben. Als die Pferde anrücken, fallen
wir auf dem Häckſelſack nach hinten über und ſtoßen dabei ſo ſtark
an die Janitſchar, daß alle Glocken zu klingen anfangen; aber
Alles iſt bereits in ſolcher Aufregung, daß Niemand mehr darauf
achtet, welcher Mittagsſpuk da hinten ſein Weſen treibt.

Bis zum Gamen-Grund, dem Weſtſtück jener reizenden Wald-
partie, die den Namen das „Blumenthal“ führt, iſt eine halbe
Stunde. Wir ſind in die Fahrſtraße eingebogen, die nach Freien-
walde hin abzweigt, und halten jetzt an einem Waldweg, deſſen
Windungen wir durch das Gehölz hin verfolgen können. Quellen
ſickern im Moos, Elſen und anderes Laubholz miſcht ſich unter
die Tannen und erfriſchende Kühle weht uns an.

„Da ſingen ſie ſchon; wußt’ ich doch, daß wir ſie hier finden
würden,“ — mit dieſen Worten, die wie eine Selbſtgratulation

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[279/0297] ſcheinen. Die Hausthür ſteht offen und gönnt einen Blick auf den kühlen flieſengedeckten Vorflur; aber Niemand tritt aus der Thür heraus, um die Gäſte willkommen zu heißen. Die beiden Jungen haben endlich das Terrain recognoscirt und kommen jetzt mit einer barfüßigen alten Frau zurück, die ſie hinten im Garten mit Un- krautjäten beſchäftigt fanden. Der Amtsactuarius poltert in dienſt- lichem Ton ein paar Fragen heraus; aber es ergiebt ſich aus einer Handbewegung, die die alte Frau macht, daß ſie nicht hören kann, und daß es gerathener iſt, ihr ohne Weiteres die Geſammt- koſten der Unterhaltung zuzuſchieben, als durch ungeduldiges Fragen ſie zu verwirren. „Alles ausgeflogen, — Alles in’n Wald, — Ulekens Geburtstag.“ Dieſe Worte, die mit einer wiederholten Handbewegung begleitet werden, um die Richtung anzugeben, wo der Wald und vielleicht auch „Uleken,“ das Geburtstagskind, zu finden ſei, genügen völlig; unſer Amtsactuarius iſt lange genug in der Werneuchener Pfarre aus- und eingegangen, um zu wiſſen, wo der Wald zu finden iſt und wo der Pfarrer von Werneuchen ſeine Lieblingsplätze hat. Er winkt nun auch ſeinerſeits der Alten mit der Hand, ruft ihr mit lauter Stimme, wie zum Zeichen völ- ligen Eingeweihtſeins, den Räthſelnamen „Uleken“ zu und läßt im nächſten Augenblicke weiter traben. Als die Pferde anrücken, fallen wir auf dem Häckſelſack nach hinten über und ſtoßen dabei ſo ſtark an die Janitſchar, daß alle Glocken zu klingen anfangen; aber Alles iſt bereits in ſolcher Aufregung, daß Niemand mehr darauf achtet, welcher Mittagsſpuk da hinten ſein Weſen treibt. Bis zum Gamen-Grund, dem Weſtſtück jener reizenden Wald- partie, die den Namen das „Blumenthal“ führt, iſt eine halbe Stunde. Wir ſind in die Fahrſtraße eingebogen, die nach Freien- walde hin abzweigt, und halten jetzt an einem Waldweg, deſſen Windungen wir durch das Gehölz hin verfolgen können. Quellen ſickern im Moos, Elſen und anderes Laubholz miſcht ſich unter die Tannen und erfriſchende Kühle weht uns an. „Da ſingen ſie ſchon; wußt’ ich doch, daß wir ſie hier finden würden,“ — mit dieſen Worten, die wie eine Selbſtgratulation

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/297>, abgerufen am 23.11.2024.