Die Tafel ist gedeckt, Wo nun der Schüsseln Duft die Lebensgeister weckt; Schweinbraten, ach, nach dir, nach euch, geback'ne Pflaumen, Sehnt sich die Braut schon längst! ihr glänzen beide Daumen; --
ich sage, die Popularität dieser und ähnlicher Zeilen hat unser Dichter mit dem besseren Theil seines Ruhmes bezahlen müssen.*) Dieser Aufsatz soll kein literar-historischer sein, er würde sich sonst die Aufgabe stellen, eine gewisse Verwandtschaft Schmidt's von Werneuchen mit Platen und seiner Schule und eine sehr große mit Freiligrath nachzuweisen.
Schmidt von Werneuchen handhabte Vers und Reim mit großer Leichtigkeit und zählte zu den productivsten Lyrikern jener Epoche. Man muß freilich hinzusetzen, er that des Guten zu viel. In dem kurzen Zeitraume von sechs Jahren erschien er mit fünf Bänden "Gedichte" vor dem Publicum, Gedichte, die sich unter einander zum Theil so ähnlich sehen, daß es schwer hält, sie in der Vorstellung von einander zu trennen. Sie erschienen in folgen- der Reihenfolge: "Kalender der Musen und Grazien," 1796; "Gedichte," erster Band, bei Haude und Spener, 1797; "Gedichte," zweiter Band, bei Oehmigke jun., 1798; "Roman- tisch-ländliche Gedichte," bei Oehmigke jun., 1798; "Alma- nach der Musen und Grazien" (Fortsetzung des "Kalenders der Musen und Grazien"), bei Oehmigke jun., 1802. Dies ist Alles, was ich aus der Epoche von 1796 bis 1802 von seinen Veröffentlichungen in Händen gehabt habe; doch möchte ich fast bezweifeln, daß die gegebene Aufzählung die Gesammtheit seiner damaligen Productionen umfaßt. Die Kluft zwischen 1798 bis
*) Es werden ihm auch folgende Zeilen, die mir in diesem Sommer citirt wurden, zugeschrieben:
"Und bei unsren Bohnen Kennen wir die Qualen nicht, Die in Torten wohnen;"
doch mag ich für die Echtheit dieser Zeilen keine Bürgschaft übernehmen.
Die Tafel iſt gedeckt, Wo nun der Schüſſeln Duft die Lebensgeiſter weckt; Schweinbraten, ach, nach dir, nach euch, geback’ne Pflaumen, Sehnt ſich die Braut ſchon längſt! ihr glänzen beide Daumen; —
ich ſage, die Popularität dieſer und ähnlicher Zeilen hat unſer Dichter mit dem beſſeren Theil ſeines Ruhmes bezahlen müſſen.*) Dieſer Aufſatz ſoll kein literar-hiſtoriſcher ſein, er würde ſich ſonſt die Aufgabe ſtellen, eine gewiſſe Verwandtſchaft Schmidt’s von Werneuchen mit Platen und ſeiner Schule und eine ſehr große mit Freiligrath nachzuweiſen.
Schmidt von Werneuchen handhabte Vers und Reim mit großer Leichtigkeit und zählte zu den productivſten Lyrikern jener Epoche. Man muß freilich hinzuſetzen, er that des Guten zu viel. In dem kurzen Zeitraume von ſechs Jahren erſchien er mit fünf Bänden „Gedichte“ vor dem Publicum, Gedichte, die ſich unter einander zum Theil ſo ähnlich ſehen, daß es ſchwer hält, ſie in der Vorſtellung von einander zu trennen. Sie erſchienen in folgen- der Reihenfolge: „Kalender der Muſen und Grazien,“ 1796; „Gedichte,“ erſter Band, bei Haude und Spener, 1797; „Gedichte,“ zweiter Band, bei Oehmigke jun., 1798; „Roman- tiſch-ländliche Gedichte,“ bei Oehmigke jun., 1798; „Alma- nach der Muſen und Grazien“ (Fortſetzung des „Kalenders der Muſen und Grazien“), bei Oehmigke jun., 1802. Dies iſt Alles, was ich aus der Epoche von 1796 bis 1802 von ſeinen Veröffentlichungen in Händen gehabt habe; doch möchte ich faſt bezweifeln, daß die gegebene Aufzählung die Geſammtheit ſeiner damaligen Productionen umfaßt. Die Kluft zwiſchen 1798 bis
*) Es werden ihm auch folgende Zeilen, die mir in dieſem Sommer citirt wurden, zugeſchrieben:
„Und bei unſren Bohnen Kennen wir die Qualen nicht, Die in Torten wohnen;“
doch mag ich für die Echtheit dieſer Zeilen keine Bürgſchaft übernehmen.
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Die Tafel iſt gedeckt,
Wo nun der Schüſſeln Duft die Lebensgeiſter weckt;
Schweinbraten, ach, nach dir, nach euch, geback’ne Pflaumen,
Sehnt ſich die Braut ſchon längſt! ihr glänzen beide Daumen; —
ich ſage, die Popularität dieſer und ähnlicher Zeilen hat unſer
Dichter mit dem beſſeren Theil ſeines Ruhmes bezahlen müſſen. *)
Dieſer Aufſatz ſoll kein literar-hiſtoriſcher ſein, er würde ſich ſonſt
die Aufgabe ſtellen, eine gewiſſe Verwandtſchaft Schmidt’s von
Werneuchen mit Platen und ſeiner Schule und eine ſehr große
mit Freiligrath nachzuweiſen.
Schmidt von Werneuchen handhabte Vers und Reim mit
großer Leichtigkeit und zählte zu den productivſten Lyrikern jener
Epoche. Man muß freilich hinzuſetzen, er that des Guten zu viel.
In dem kurzen Zeitraume von ſechs Jahren erſchien er mit fünf
Bänden „Gedichte“ vor dem Publicum, Gedichte, die ſich unter
einander zum Theil ſo ähnlich ſehen, daß es ſchwer hält, ſie in
der Vorſtellung von einander zu trennen. Sie erſchienen in folgen-
der Reihenfolge: „Kalender der Muſen und Grazien,“
1796; „Gedichte,“ erſter Band, bei Haude und Spener, 1797;
„Gedichte,“ zweiter Band, bei Oehmigke jun., 1798; „Roman-
tiſch-ländliche Gedichte,“ bei Oehmigke jun., 1798; „Alma-
nach der Muſen und Grazien“ (Fortſetzung des „Kalenders
der Muſen und Grazien“), bei Oehmigke jun., 1802. Dies iſt
Alles, was ich aus der Epoche von 1796 bis 1802 von ſeinen
Veröffentlichungen in Händen gehabt habe; doch möchte ich faſt
bezweifeln, daß die gegebene Aufzählung die Geſammtheit ſeiner
damaligen Productionen umfaßt. Die Kluft zwiſchen 1798 bis
*) Es werden ihm auch folgende Zeilen, die mir in dieſem Sommer
citirt wurden, zugeſchrieben:
„Und bei unſren Bohnen
Kennen wir die Qualen nicht,
Die in Torten wohnen;“
doch mag ich für die Echtheit dieſer Zeilen keine Bürgſchaft übernehmen.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/308>, abgerufen am 26.06.2024.
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