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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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ziemlich zu gleicher Zeit in brandenburgische Dienste über und ver-
blieben darin, reich geehrt durch ihren Kriegs- und Landesherrn,
bis an ihr Lebensende. Die Schicksale Goertzke's und Sparr's
bieten sehr viel Uebereinstimmendes. Beide im Lande Barnim aus
reich begüterten Familien geboren, verloren diesen Besitz während
der Kriegslaäufte jener Zeiten völlig; beide kehrten, nach 20- oder
30jähriger Abwesenheit in fremdem Dienst, in die Dienste ihres
Landesherrn zurück und brachten es, fast an derselben Stelle, wo
sie geboren waren, zu neuem reichen Besitz und zu immer wach-
senden Ehren. Nur ihre Stammgüter waren Beiden für immer
verloren.

Die Unterhandlungen mit Sparr begannen 1649 und führten
rasch zum Ziele, aber erst 1651 erfolgte sein wirklicher Eintritt in
die Armee seines Landesherrn. Die nun folgende Epoche seines
kurfürstlichen Dienstes läßt sich wieder, wie schon Eingangs hervor-
gehoben, in zwei bestimmte Gruppen sondern, in eine kriegerische
Epoche, die mit seiner Ernennung zum Feldmarschall (1657) ab-
schließt, und in eine beinahe 11jährige Friedenszeit bis zu seinem
Tode, die nur einmal, um 1664, durch die Theilnahme an einem
Türkenzuge unterbrochen wird.

Der Mittelpunkt jener kriegerischen Epoche von 1651 bis
1657 ist der polnisch-schwedische Krieg und in demselben die
dreitägige Schlacht von Warschau. Wir werden bei den Ereig-
nissen, die zu diesem Kriege führten, wie namentlich auch bei der
berühmten Schlacht selbst, einen Augenblick zu verweilen haben.

In Schweden war Karl Gustav von Pfalz-Zweibrücken der
Königin Christine als erwählter König gefolgt und nahm mit
Leidenschaft die Idee auf, die seit fast einem halben Jahrhundert
die schwedische Politik bestimmt hatte: die Gründung eines
Baltischen Reiches
. Pommern, Preußen und die jetzt speciell
sogenannten Ostseeprovinzen, sollten theils erst erobert, theils fester dem
schwedischen Reich eingefügt werden. Es war eine Macht-Erweiterung
vor Allem auf Kosten Polens, und Karl Gustav suchte sich
dazu des brandenburgischen Beistandes zu versichern. Der Kurfürst

ziemlich zu gleicher Zeit in brandenburgiſche Dienſte über und ver-
blieben darin, reich geehrt durch ihren Kriegs- und Landesherrn,
bis an ihr Lebensende. Die Schickſale Goertzke’s und Sparr’s
bieten ſehr viel Uebereinſtimmendes. Beide im Lande Barnim aus
reich begüterten Familien geboren, verloren dieſen Beſitz während
der Kriegslaäufte jener Zeiten völlig; beide kehrten, nach 20- oder
30jähriger Abweſenheit in fremdem Dienſt, in die Dienſte ihres
Landesherrn zurück und brachten es, faſt an derſelben Stelle, wo
ſie geboren waren, zu neuem reichen Beſitz und zu immer wach-
ſenden Ehren. Nur ihre Stammgüter waren Beiden für immer
verloren.

Die Unterhandlungen mit Sparr begannen 1649 und führten
raſch zum Ziele, aber erſt 1651 erfolgte ſein wirklicher Eintritt in
die Armee ſeines Landesherrn. Die nun folgende Epoche ſeines
kurfürſtlichen Dienſtes läßt ſich wieder, wie ſchon Eingangs hervor-
gehoben, in zwei beſtimmte Gruppen ſondern, in eine kriegeriſche
Epoche, die mit ſeiner Ernennung zum Feldmarſchall (1657) ab-
ſchließt, und in eine beinahe 11jährige Friedenszeit bis zu ſeinem
Tode, die nur einmal, um 1664, durch die Theilnahme an einem
Türkenzuge unterbrochen wird.

Der Mittelpunkt jener kriegeriſchen Epoche von 1651 bis
1657 iſt der polniſch-ſchwediſche Krieg und in demſelben die
dreitägige Schlacht von Warſchau. Wir werden bei den Ereig-
niſſen, die zu dieſem Kriege führten, wie namentlich auch bei der
berühmten Schlacht ſelbſt, einen Augenblick zu verweilen haben.

In Schweden war Karl Guſtav von Pfalz-Zweibrücken der
Königin Chriſtine als erwählter König gefolgt und nahm mit
Leidenſchaft die Idee auf, die ſeit faſt einem halben Jahrhundert
die ſchwediſche Politik beſtimmt hatte: die Gründung eines
Baltiſchen Reiches
. Pommern, Preußen und die jetzt ſpeciell
ſogenannten Oſtſeeprovinzen, ſollten theils erſt erobert, theils feſter dem
ſchwediſchen Reich eingefügt werden. Es war eine Macht-Erweiterung
vor Allem auf Koſten Polens, und Karl Guſtav ſuchte ſich
dazu des brandenburgiſchen Beiſtandes zu verſichern. Der Kurfürſt

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[301/0319] ziemlich zu gleicher Zeit in brandenburgiſche Dienſte über und ver- blieben darin, reich geehrt durch ihren Kriegs- und Landesherrn, bis an ihr Lebensende. Die Schickſale Goertzke’s und Sparr’s bieten ſehr viel Uebereinſtimmendes. Beide im Lande Barnim aus reich begüterten Familien geboren, verloren dieſen Beſitz während der Kriegslaäufte jener Zeiten völlig; beide kehrten, nach 20- oder 30jähriger Abweſenheit in fremdem Dienſt, in die Dienſte ihres Landesherrn zurück und brachten es, faſt an derſelben Stelle, wo ſie geboren waren, zu neuem reichen Beſitz und zu immer wach- ſenden Ehren. Nur ihre Stammgüter waren Beiden für immer verloren. Die Unterhandlungen mit Sparr begannen 1649 und führten raſch zum Ziele, aber erſt 1651 erfolgte ſein wirklicher Eintritt in die Armee ſeines Landesherrn. Die nun folgende Epoche ſeines kurfürſtlichen Dienſtes läßt ſich wieder, wie ſchon Eingangs hervor- gehoben, in zwei beſtimmte Gruppen ſondern, in eine kriegeriſche Epoche, die mit ſeiner Ernennung zum Feldmarſchall (1657) ab- ſchließt, und in eine beinahe 11jährige Friedenszeit bis zu ſeinem Tode, die nur einmal, um 1664, durch die Theilnahme an einem Türkenzuge unterbrochen wird. Der Mittelpunkt jener kriegeriſchen Epoche von 1651 bis 1657 iſt der polniſch-ſchwediſche Krieg und in demſelben die dreitägige Schlacht von Warſchau. Wir werden bei den Ereig- niſſen, die zu dieſem Kriege führten, wie namentlich auch bei der berühmten Schlacht ſelbſt, einen Augenblick zu verweilen haben. In Schweden war Karl Guſtav von Pfalz-Zweibrücken der Königin Chriſtine als erwählter König gefolgt und nahm mit Leidenſchaft die Idee auf, die ſeit faſt einem halben Jahrhundert die ſchwediſche Politik beſtimmt hatte: die Gründung eines Baltiſchen Reiches. Pommern, Preußen und die jetzt ſpeciell ſogenannten Oſtſeeprovinzen, ſollten theils erſt erobert, theils feſter dem ſchwediſchen Reich eingefügt werden. Es war eine Macht-Erweiterung vor Allem auf Koſten Polens, und Karl Guſtav ſuchte ſich dazu des brandenburgiſchen Beiſtandes zu verſichern. Der Kurfürſt

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/319>, abgerufen am 17.06.2024.