Decke etwas niedrig und würde bei ihrer reichen Ornamentik noch viel mehr den Eindruck davon machen, wenn nicht die hellen Farbentöne, die in dem ganzen Saale vorherrschen (weiß und lila) eine gewisse Luftigkeit wieder herstellten. Die völlig weiß ge- haltene Decke wird anscheinend von etwa zwanzig Karyatiden ge- stützt, die alle vier Seiten des Saales umstehen und auf ihrer Brust die Wappenschilder der verschiedenen kurbrandenburgischen Länder jener Epoche tragen. Eine bestimmte Reihenfolge nach den Provinzen ist bei Aufstellung derselben nicht beobachtet worden und Cassuben und Wenden, Jägerndorf und Minden, Ravensberg und Gützkow, Ruppin, Camin, Mark, Crossen, Barth, Pommern, Cleve u. s. w. folgen sich bunt auf einander. An den beiden Längs- wänden befinden sich ein paar große Kamine, reich verziert mit allerhand Emblemen und Wappenfiguren; alles weißer Stuck, wie der ganze Rest der Ausschmückung überhaupt. Das Ganze, ohne schön zu sein, hat ein entschieden historisches Gepräge und macht es einem glaublich, daß hier an langer Tafel das Kriegsgericht saß, das über Tod und Leben eines Prinzen und seiner Gefähr- ten aburtheilen sollte.
Der Tag, an dem die Kriegsgerichtssitzung im "Wappen- saale zu Coepenick" stattfand, war, wie bereits erwähnt, der 28. October 1730 und die Mitglieder derselben waren die folgen- den: der Generallieutenant von der Schulenburg als Vor- sitzender; die General-Majors von Schwerin, von Dönhoff, von Linger; die Obersten von Derschau, von Stedingk, von Wachholz; die Oberstlieutenants von Schenk, von Wey- her, von Milagsheim; die Majors von Einsiedel, von Lest- witz und von Lüderitz; schließlich die Capitains von Itzen- plitz, von Jeetz und von Podewils. Am Tage vor dem Kriegsgericht, am 27. October 1730, versammelten sich diese fünf Gruppen (Generale, Obersten, Oberstlieutenants, Majors und Ca- pitains), jede besonders, und gaben nach geschehener Berathung jede schriftlich ihr Votum ab. Diese fünf schriftlichen Vota wurden dem vorsitzenden General-Lieutenant v. d. Schulenburg übergeben,
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Decke etwas niedrig und würde bei ihrer reichen Ornamentik noch viel mehr den Eindruck davon machen, wenn nicht die hellen Farbentöne, die in dem ganzen Saale vorherrſchen (weiß und lila) eine gewiſſe Luftigkeit wieder herſtellten. Die völlig weiß ge- haltene Decke wird anſcheinend von etwa zwanzig Karyatiden ge- ſtützt, die alle vier Seiten des Saales umſtehen und auf ihrer Bruſt die Wappenſchilder der verſchiedenen kurbrandenburgiſchen Länder jener Epoche tragen. Eine beſtimmte Reihenfolge nach den Provinzen iſt bei Aufſtellung derſelben nicht beobachtet worden und Caſſuben und Wenden, Jägerndorf und Minden, Ravensberg und Gützkow, Ruppin, Camin, Mark, Croſſen, Barth, Pommern, Cleve u. ſ. w. folgen ſich bunt auf einander. An den beiden Längs- wänden befinden ſich ein paar große Kamine, reich verziert mit allerhand Emblemen und Wappenfiguren; alles weißer Stuck, wie der ganze Reſt der Ausſchmückung überhaupt. Das Ganze, ohne ſchön zu ſein, hat ein entſchieden hiſtoriſches Gepräge und macht es einem glaublich, daß hier an langer Tafel das Kriegsgericht ſaß, das über Tod und Leben eines Prinzen und ſeiner Gefähr- ten aburtheilen ſollte.
Der Tag, an dem die Kriegsgerichtsſitzung im „Wappen- ſaale zu Coepenick“ ſtattfand, war, wie bereits erwähnt, der 28. October 1730 und die Mitglieder derſelben waren die folgen- den: der Generallieutenant von der Schulenburg als Vor- ſitzender; die General-Majors von Schwerin, von Dönhoff, von Linger; die Oberſten von Derſchau, von Stedingk, von Wachholz; die Oberſtlieutenants von Schenk, von Wey- her, von Milagsheim; die Majors von Einſiedel, von Leſt- witz und von Lüderitz; ſchließlich die Capitains von Itzen- plitz, von Jeetz und von Podewils. Am Tage vor dem Kriegsgericht, am 27. October 1730, verſammelten ſich dieſe fünf Gruppen (Generale, Oberſten, Oberſtlieutenants, Majors und Ca- pitains), jede beſonders, und gaben nach geſchehener Berathung jede ſchriftlich ihr Votum ab. Dieſe fünf ſchriftlichen Vota wurden dem vorſitzenden General-Lieutenant v. d. Schulenburg übergeben,
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Decke etwas niedrig und würde bei ihrer reichen Ornamentik noch
viel mehr den Eindruck davon machen, wenn nicht die hellen
Farbentöne, die in dem ganzen Saale vorherrſchen (weiß und
lila) eine gewiſſe Luftigkeit wieder herſtellten. Die völlig weiß ge-
haltene Decke wird anſcheinend von etwa zwanzig Karyatiden ge-
ſtützt, die alle vier Seiten des Saales umſtehen und auf ihrer
Bruſt die Wappenſchilder der verſchiedenen kurbrandenburgiſchen
Länder jener Epoche tragen. Eine beſtimmte Reihenfolge nach den
Provinzen iſt bei Aufſtellung derſelben nicht beobachtet worden und
Caſſuben und Wenden, Jägerndorf und Minden, Ravensberg und
Gützkow, Ruppin, Camin, Mark, Croſſen, Barth, Pommern, Cleve
u. ſ. w. folgen ſich bunt auf einander. An den beiden Längs-
wänden befinden ſich ein paar große Kamine, reich verziert mit
allerhand Emblemen und Wappenfiguren; alles weißer Stuck, wie
der ganze Reſt der Ausſchmückung überhaupt. Das Ganze, ohne
ſchön zu ſein, hat ein entſchieden hiſtoriſches Gepräge und macht
es einem glaublich, daß hier an langer Tafel das Kriegsgericht
ſaß, das über Tod und Leben eines Prinzen und ſeiner Gefähr-
ten aburtheilen ſollte.
Der Tag, an dem die Kriegsgerichtsſitzung im „Wappen-
ſaale zu Coepenick“ ſtattfand, war, wie bereits erwähnt, der
28. October 1730 und die Mitglieder derſelben waren die folgen-
den: der Generallieutenant von der Schulenburg als Vor-
ſitzender; die General-Majors von Schwerin, von Dönhoff,
von Linger; die Oberſten von Derſchau, von Stedingk,
von Wachholz; die Oberſtlieutenants von Schenk, von Wey-
her, von Milagsheim; die Majors von Einſiedel, von Leſt-
witz und von Lüderitz; ſchließlich die Capitains von Itzen-
plitz, von Jeetz und von Podewils. Am Tage vor dem
Kriegsgericht, am 27. October 1730, verſammelten ſich dieſe fünf
Gruppen (Generale, Oberſten, Oberſtlieutenants, Majors und Ca-
pitains), jede beſonders, und gaben nach geſchehener Berathung jede
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/371>, abgerufen am 25.11.2024.
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