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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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Es war Mittagsstunde, als wir vor dem Gasthause hielten.
Der Wagen fuhr in den breiten Schatten einer Linde, während
wir uns rüsteten und mit den Augen umher fragten. Unser
Erstes war ein Gang durch das Dorf, das eine gewisse pitto-
reske Bauanlage, Schlängellinien und schöne Baumgruppen vor
manchem anderen voraus hat. Am schönsten gelegen ist das
Herrenhaus. In Front ein Elsenbruch, an den Flügeln
zwei breite Seespiegel, und zwischen Schloß und Park ein
Wasserlauf, der diese beiden Seeflächen verbindet, -- das ist
in großen Zügen die Scenerie. Das Gesträuch des Parkes
wuchs weit über das Wässerchen hin und schuf einen Lauben-
gang, unter dem die Enten, alte und junge, auf und ab
fuhren und sich's wohl sein ließen.

Es war inzwischen heiß geworden, die Schatten dieses
Parkes luden zu einem Besuche ein, aber es war doch ein
anderes, was uns an diese Stelle geführt hatte und, den locken-
den Parkschatten aufgebend, suchten wir uns zunächst eines
sagen- und landeskundigen Blankenseeers zu versichern, der
wohl geeignet und geneigt sein möchte, die Dienste eines Führers
bei uns zu übernehmen.

Der Zufall wollte uns wohl. Am Rande des Dorfes
umher tappend wurden wir alsbald eines Mannes ansichtig, der,
in einem offenen Thorweg stehend, unseren unsicheren Bewe-
gungen schon seit länger gefolgt zu sein schien; -- als er uns
auf sich zuschreiten sah, schritt er uns seinerseits entgegen und
kam unserm Gruß zuvor. Es war ein großer, schöner Mann,
von militärischer Haltung, und zugleich voll jener ruhigen
Sicherheit, wie sie die bibelfesten Leute, besonders die Sektirer
zu haben pflegen. Es entspann sich folgendes Gespräch.

"Wir wollen auf den Kapellenberg. Können Sie
uns den Weg zeigen?"

"Ich kenne ihn nicht," antwortete der Angeredete; "aber
wie ich erst gestern gehört habe, -- der Weg ist nicht zu fehlen."

"So sind Sie nicht von Blankensee?"

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Es war Mittagsſtunde, als wir vor dem Gaſthauſe hielten.
Der Wagen fuhr in den breiten Schatten einer Linde, während
wir uns rüſteten und mit den Augen umher fragten. Unſer
Erſtes war ein Gang durch das Dorf, das eine gewiſſe pitto-
reske Bauanlage, Schlängellinien und ſchöne Baumgruppen vor
manchem anderen voraus hat. Am ſchönſten gelegen iſt das
Herrenhaus. In Front ein Elſenbruch, an den Flügeln
zwei breite Seeſpiegel, und zwiſchen Schloß und Park ein
Waſſerlauf, der dieſe beiden Seeflächen verbindet, — das iſt
in großen Zügen die Scenerie. Das Geſträuch des Parkes
wuchs weit über das Wäſſerchen hin und ſchuf einen Lauben-
gang, unter dem die Enten, alte und junge, auf und ab
fuhren und ſich’s wohl ſein ließen.

Es war inzwiſchen heiß geworden, die Schatten dieſes
Parkes luden zu einem Beſuche ein, aber es war doch ein
anderes, was uns an dieſe Stelle geführt hatte und, den locken-
den Parkſchatten aufgebend, ſuchten wir uns zunächſt eines
ſagen- und landeskundigen Blankenſeeers zu verſichern, der
wohl geeignet und geneigt ſein möchte, die Dienſte eines Führers
bei uns zu übernehmen.

Der Zufall wollte uns wohl. Am Rande des Dorfes
umher tappend wurden wir alsbald eines Mannes anſichtig, der,
in einem offenen Thorweg ſtehend, unſeren unſicheren Bewe-
gungen ſchon ſeit länger gefolgt zu ſein ſchien; — als er uns
auf ſich zuſchreiten ſah, ſchritt er uns ſeinerſeits entgegen und
kam unſerm Gruß zuvor. Es war ein großer, ſchöner Mann,
von militäriſcher Haltung, und zugleich voll jener ruhigen
Sicherheit, wie ſie die bibelfeſten Leute, beſonders die Sektirer
zu haben pflegen. Es entſpann ſich folgendes Geſpräch.

„Wir wollen auf den Kapellenberg. Können Sie
uns den Weg zeigen?“

„Ich kenne ihn nicht,“ antwortete der Angeredete; „aber
wie ich erſt geſtern gehört habe, — der Weg iſt nicht zu fehlen.“

„So ſind Sie nicht von Blankenſee?“

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[371/0389] Es war Mittagsſtunde, als wir vor dem Gaſthauſe hielten. Der Wagen fuhr in den breiten Schatten einer Linde, während wir uns rüſteten und mit den Augen umher fragten. Unſer Erſtes war ein Gang durch das Dorf, das eine gewiſſe pitto- reske Bauanlage, Schlängellinien und ſchöne Baumgruppen vor manchem anderen voraus hat. Am ſchönſten gelegen iſt das Herrenhaus. In Front ein Elſenbruch, an den Flügeln zwei breite Seeſpiegel, und zwiſchen Schloß und Park ein Waſſerlauf, der dieſe beiden Seeflächen verbindet, — das iſt in großen Zügen die Scenerie. Das Geſträuch des Parkes wuchs weit über das Wäſſerchen hin und ſchuf einen Lauben- gang, unter dem die Enten, alte und junge, auf und ab fuhren und ſich’s wohl ſein ließen. Es war inzwiſchen heiß geworden, die Schatten dieſes Parkes luden zu einem Beſuche ein, aber es war doch ein anderes, was uns an dieſe Stelle geführt hatte und, den locken- den Parkſchatten aufgebend, ſuchten wir uns zunächſt eines ſagen- und landeskundigen Blankenſeeers zu verſichern, der wohl geeignet und geneigt ſein möchte, die Dienſte eines Führers bei uns zu übernehmen. Der Zufall wollte uns wohl. Am Rande des Dorfes umher tappend wurden wir alsbald eines Mannes anſichtig, der, in einem offenen Thorweg ſtehend, unſeren unſicheren Bewe- gungen ſchon ſeit länger gefolgt zu ſein ſchien; — als er uns auf ſich zuſchreiten ſah, ſchritt er uns ſeinerſeits entgegen und kam unſerm Gruß zuvor. Es war ein großer, ſchöner Mann, von militäriſcher Haltung, und zugleich voll jener ruhigen Sicherheit, wie ſie die bibelfeſten Leute, beſonders die Sektirer zu haben pflegen. Es entſpann ſich folgendes Geſpräch. „Wir wollen auf den Kapellenberg. Können Sie uns den Weg zeigen?“ „Ich kenne ihn nicht,“ antwortete der Angeredete; „aber wie ich erſt geſtern gehört habe, — der Weg iſt nicht zu fehlen.“ „So ſind Sie nicht von Blankenſee?“ 24*

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/389>, abgerufen am 24.11.2024.