Dekorationen waren das Werk Schinkel's, die Musikstücke waren von Spontini componirt; bei Feststellung der Costüme waren die großen Werke von Forbes und Elphinstone benutzt worden. Alles was Berlin an bekannten Persönlichkeiten, oder gar an glänzenden Namen aufzuweisen hatte, war geladen; 4000 Gäste nahmen am Feste Theil.
Wir kehren nun zu unserem W. Hensel zurück. Ihm war die Aufgabe zugefallen, die lebenden Bilder zu stellen, und die Umsicht, die er dabei an den Tag legte, die Virtuo- sität vor Allem, mit der er die Hauptmomente, über die Dauer des Festes hinaus, in Aquarellbildern festzuhalten wußte, ver- schafften ihm so viel Huld und Wohlwollen, daß man, von jenem Lallah-Rukh-Feste an, einen Wendepunkt in seinem äußern Leben datiren muß. Der König (dadurch seinen Dank bethätigend) setzte ihn in den Stand, eine auf mehrere Jahre berechnete Reise nach Italien unternehmen zu können, was aber mehr, als alles Andere, entscheidend für ihn wurde, war, daß Fanny Mendelssohn im Kreise der Ihrigen der Aufführung des Festes beigewohnt und dadurch unserem Hensel Gelegenheit zu einer ersten Bekanntschaft mit dem Mendelssohn'schen Hause geboten hatte. Hensel, alsbald eingeführt und mit dem Bruder (Felix) befreundet, glaubte schon im Sommer 1822 um die Hand Fanny M.'s anhalten zu dürfen; die Familie indeß, mit Rücksicht auf die bereits feststehende Reise Hensel's nach Italien, hielt es für besser, beide Theile vorläufig nicht zu binden, und vertagte die Entscheidung. Die Neigung des Paares überdauerte die Trennung; 1828 kehrte Hensel nach fünfjähriger Abwesen- heit zurück; das Jahr darauf vermählte er sich mit seiner von ihm gefeierten Fanny.
Die nun folgenden 18 Jahre seiner Ehe, einschließlich der ihnen voraufgegangenen fünf Jahre in Rom, wie es die Tage seines Glückes waren, so auch die Tage seiner künstlerischen Production. Alles Vorhergehende war Vorbereitung, alles Fol- gende Nachklang, halb virtuoses, halb geselliges Spiel. Alle
25*
Dekorationen waren das Werk Schinkel’s, die Muſikſtücke waren von Spontini componirt; bei Feſtſtellung der Coſtüme waren die großen Werke von Forbes und Elphinſtone benutzt worden. Alles was Berlin an bekannten Perſönlichkeiten, oder gar an glänzenden Namen aufzuweiſen hatte, war geladen; 4000 Gäſte nahmen am Feſte Theil.
Wir kehren nun zu unſerem W. Henſel zurück. Ihm war die Aufgabe zugefallen, die lebenden Bilder zu ſtellen, und die Umſicht, die er dabei an den Tag legte, die Virtuo- ſität vor Allem, mit der er die Hauptmomente, über die Dauer des Feſtes hinaus, in Aquarellbildern feſtzuhalten wußte, ver- ſchafften ihm ſo viel Huld und Wohlwollen, daß man, von jenem Lallah-Rukh-Feſte an, einen Wendepunkt in ſeinem äußern Leben datiren muß. Der König (dadurch ſeinen Dank bethätigend) ſetzte ihn in den Stand, eine auf mehrere Jahre berechnete Reiſe nach Italien unternehmen zu können, was aber mehr, als alles Andere, entſcheidend für ihn wurde, war, daß Fanny Mendelsſohn im Kreiſe der Ihrigen der Aufführung des Feſtes beigewohnt und dadurch unſerem Henſel Gelegenheit zu einer erſten Bekanntſchaft mit dem Mendelsſohn’ſchen Hauſe geboten hatte. Henſel, alsbald eingeführt und mit dem Bruder (Felix) befreundet, glaubte ſchon im Sommer 1822 um die Hand Fanny M.’s anhalten zu dürfen; die Familie indeß, mit Rückſicht auf die bereits feſtſtehende Reiſe Henſel’s nach Italien, hielt es für beſſer, beide Theile vorläufig nicht zu binden, und vertagte die Entſcheidung. Die Neigung des Paares überdauerte die Trennung; 1828 kehrte Henſel nach fünfjähriger Abweſen- heit zurück; das Jahr darauf vermählte er ſich mit ſeiner von ihm gefeierten Fanny.
Die nun folgenden 18 Jahre ſeiner Ehe, einſchließlich der ihnen voraufgegangenen fünf Jahre in Rom, wie es die Tage ſeines Glückes waren, ſo auch die Tage ſeiner künſtleriſchen Production. Alles Vorhergehende war Vorbereitung, alles Fol- gende Nachklang, halb virtuoſes, halb geſelliges Spiel. Alle
25*
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0405"n="387"/>
Dekorationen waren das Werk <hirendition="#g">Schinkel’s</hi>, die Muſikſtücke<lb/>
waren von <hirendition="#g">Spontini</hi> componirt; bei Feſtſtellung der Coſtüme<lb/>
waren die großen Werke von Forbes und Elphinſtone benutzt<lb/>
worden. Alles was Berlin an bekannten Perſönlichkeiten, oder<lb/>
gar an glänzenden Namen aufzuweiſen hatte, war geladen;<lb/>
4000 Gäſte nahmen am Feſte Theil.</p><lb/><p>Wir kehren nun zu unſerem W. Henſel zurück. Ihm war<lb/>
die Aufgabe zugefallen, die <hirendition="#g">lebenden Bilder</hi> zu ſtellen,<lb/>
und die Umſicht, die er dabei an den Tag legte, die Virtuo-<lb/>ſität vor Allem, mit der er die Hauptmomente, über die Dauer<lb/>
des Feſtes hinaus, in Aquarellbildern feſtzuhalten wußte, ver-<lb/>ſchafften ihm ſo viel Huld und Wohlwollen, daß man, von<lb/>
jenem Lallah-Rukh-Feſte an, einen Wendepunkt in ſeinem<lb/>
äußern Leben datiren muß. Der König (dadurch ſeinen Dank<lb/>
bethätigend) ſetzte ihn in den Stand, eine auf mehrere Jahre<lb/>
berechnete Reiſe nach Italien unternehmen zu können, was aber<lb/>
mehr, als alles Andere, entſcheidend für ihn wurde, war, daß<lb/><hirendition="#g">Fanny Mendelsſohn</hi> im Kreiſe der Ihrigen der Aufführung<lb/>
des Feſtes beigewohnt und dadurch unſerem Henſel Gelegenheit<lb/>
zu einer erſten Bekanntſchaft mit dem Mendelsſohn’ſchen Hauſe<lb/>
geboten hatte. Henſel, alsbald eingeführt und mit dem Bruder<lb/>
(Felix) befreundet, glaubte ſchon im Sommer 1822 um die<lb/>
Hand Fanny M.’s anhalten zu dürfen; die Familie indeß, mit<lb/>
Rückſicht auf die bereits feſtſtehende Reiſe Henſel’s nach Italien,<lb/>
hielt es für beſſer, beide Theile vorläufig <hirendition="#g">nicht</hi> zu binden, und<lb/>
vertagte die Entſcheidung. Die Neigung des Paares überdauerte<lb/>
die Trennung; 1828 kehrte Henſel nach fünfjähriger Abweſen-<lb/>
heit zurück; das Jahr darauf vermählte er ſich mit ſeiner von<lb/>
ihm gefeierten Fanny.</p><lb/><p>Die nun folgenden 18 Jahre ſeiner Ehe, einſchließlich der<lb/>
ihnen voraufgegangenen fünf Jahre in Rom, wie es die Tage<lb/>ſeines Glückes waren, ſo auch die Tage ſeiner künſtleriſchen<lb/>
Production. Alles Vorhergehende war Vorbereitung, alles Fol-<lb/>
gende Nachklang, halb virtuoſes, halb geſelliges Spiel. Alle<lb/><fwplace="bottom"type="sig">25*</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[387/0405]
Dekorationen waren das Werk Schinkel’s, die Muſikſtücke
waren von Spontini componirt; bei Feſtſtellung der Coſtüme
waren die großen Werke von Forbes und Elphinſtone benutzt
worden. Alles was Berlin an bekannten Perſönlichkeiten, oder
gar an glänzenden Namen aufzuweiſen hatte, war geladen;
4000 Gäſte nahmen am Feſte Theil.
Wir kehren nun zu unſerem W. Henſel zurück. Ihm war
die Aufgabe zugefallen, die lebenden Bilder zu ſtellen,
und die Umſicht, die er dabei an den Tag legte, die Virtuo-
ſität vor Allem, mit der er die Hauptmomente, über die Dauer
des Feſtes hinaus, in Aquarellbildern feſtzuhalten wußte, ver-
ſchafften ihm ſo viel Huld und Wohlwollen, daß man, von
jenem Lallah-Rukh-Feſte an, einen Wendepunkt in ſeinem
äußern Leben datiren muß. Der König (dadurch ſeinen Dank
bethätigend) ſetzte ihn in den Stand, eine auf mehrere Jahre
berechnete Reiſe nach Italien unternehmen zu können, was aber
mehr, als alles Andere, entſcheidend für ihn wurde, war, daß
Fanny Mendelsſohn im Kreiſe der Ihrigen der Aufführung
des Feſtes beigewohnt und dadurch unſerem Henſel Gelegenheit
zu einer erſten Bekanntſchaft mit dem Mendelsſohn’ſchen Hauſe
geboten hatte. Henſel, alsbald eingeführt und mit dem Bruder
(Felix) befreundet, glaubte ſchon im Sommer 1822 um die
Hand Fanny M.’s anhalten zu dürfen; die Familie indeß, mit
Rückſicht auf die bereits feſtſtehende Reiſe Henſel’s nach Italien,
hielt es für beſſer, beide Theile vorläufig nicht zu binden, und
vertagte die Entſcheidung. Die Neigung des Paares überdauerte
die Trennung; 1828 kehrte Henſel nach fünfjähriger Abweſen-
heit zurück; das Jahr darauf vermählte er ſich mit ſeiner von
ihm gefeierten Fanny.
Die nun folgenden 18 Jahre ſeiner Ehe, einſchließlich der
ihnen voraufgegangenen fünf Jahre in Rom, wie es die Tage
ſeines Glückes waren, ſo auch die Tage ſeiner künſtleriſchen
Production. Alles Vorhergehende war Vorbereitung, alles Fol-
gende Nachklang, halb virtuoſes, halb geſelliges Spiel. Alle
25*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der dritte Band "Ost-Havelland. Die Landschaft um Spandau, Potsdam, Brandenburg" 1873 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/405>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.