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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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Des Näheren auf diese Bilder einzugehen, müssen wir
uns versagen. Nur wenige Worte. "Christus vor Pilatus"
pflegt als seine beste Arbeit angesehen zu werden, und wird in
der That, in Styl und Composition, von keinem andern seiner
Bilder übertroffen; wir dürften indessen kaum fehlgreifen, wenn
wir, unter voller Würdigung jenes Aneignungstalentes,
das er besaß (dies Wort im besten Sinne genommen), dennoch
zugleich die Ansicht aussprechen, daß seine eigentliche Begabung
nach einer andern Seite hin lag. In eine spätere Zeit gestellt,
die, wenigstens in vielen ihrer besten Schöpfungen, idealisirend
an das reale Leben herantrat, würde er ein geeigneteres Feld
für seine Thätigkeit gefunden haben. Wir kommen in der Kürze
auf diesen Punkt zurück.

Den 14. Mai 1847 starb ihm die geliebte Frau, an der
er, von dem ersten Tage ihrer Bekanntschaft an, in schwärme-
rischer, immer wachsender Neigung gehangen hatte; hiermit war
ein neuer Wendepunkt in seinem Leben gegeben. Er nahm nun
Abschied von jenem heiteren Reiche der Kunst in das die Lallah-
Rukh-Tage ihn eingeführt, worin die römischen Tage ihn
befestigt, die dreißiger Jahre zu Ruhm und Ansehn erhoben
hatten, er nahm Abschied von diesem heiteren Reiche, wobei
nur einzufügen bleibt, daß dieses Scheiden ein durch die unmit-
telbar voraufgehenden Jahre allmälig vorbereitetes Ereigniß war.
Das Erscheinen von Peter v. Cornelius in Berlin, die gewal-
tige Thätigkeit, die derselbe zu entfalten begann, die großartigen
Entwürfe zum Campo Santo, die Carton um Carton eben
damals entstanden, hatten ihn bereits um die Mitte der vier-
ziger Jahre empfinden lassen, daß es vergeblich sei, auf ver-
wandtem Gebiete neben diesem Riesen zu ringen. Ein andres
Gebiet sich unterthan zu machen, dazu war es nun zu spät.
Den Zeichenstift (wir kommen darauf zurück) behielt er in der
Hand, die Palette that er bei Seite.

Die bald eintretenden Vorgänge des Jahres 1848, erschüt-
ternd wie sie für sein loyales, ganz an dem alten Preußen
hängendes Herz waren, erleichterten ihm doch, eben in der

Des Näheren auf dieſe Bilder einzugehen, müſſen wir
uns verſagen. Nur wenige Worte. „Chriſtus vor Pilatus“
pflegt als ſeine beſte Arbeit angeſehen zu werden, und wird in
der That, in Styl und Compoſition, von keinem andern ſeiner
Bilder übertroffen; wir dürften indeſſen kaum fehlgreifen, wenn
wir, unter voller Würdigung jenes Aneignungstalentes,
das er beſaß (dies Wort im beſten Sinne genommen), dennoch
zugleich die Anſicht ausſprechen, daß ſeine eigentliche Begabung
nach einer andern Seite hin lag. In eine ſpätere Zeit geſtellt,
die, wenigſtens in vielen ihrer beſten Schöpfungen, idealiſirend
an das reale Leben herantrat, würde er ein geeigneteres Feld
für ſeine Thätigkeit gefunden haben. Wir kommen in der Kürze
auf dieſen Punkt zurück.

Den 14. Mai 1847 ſtarb ihm die geliebte Frau, an der
er, von dem erſten Tage ihrer Bekanntſchaft an, in ſchwärme-
riſcher, immer wachſender Neigung gehangen hatte; hiermit war
ein neuer Wendepunkt in ſeinem Leben gegeben. Er nahm nun
Abſchied von jenem heiteren Reiche der Kunſt in das die Lallah-
Rukh-Tage ihn eingeführt, worin die römiſchen Tage ihn
befeſtigt, die dreißiger Jahre zu Ruhm und Anſehn erhoben
hatten, er nahm Abſchied von dieſem heiteren Reiche, wobei
nur einzufügen bleibt, daß dieſes Scheiden ein durch die unmit-
telbar voraufgehenden Jahre allmälig vorbereitetes Ereigniß war.
Das Erſcheinen von Peter v. Cornelius in Berlin, die gewal-
tige Thätigkeit, die derſelbe zu entfalten begann, die großartigen
Entwürfe zum Campo Santo, die Carton um Carton eben
damals entſtanden, hatten ihn bereits um die Mitte der vier-
ziger Jahre empfinden laſſen, daß es vergeblich ſei, auf ver-
wandtem Gebiete neben dieſem Rieſen zu ringen. Ein andres
Gebiet ſich unterthan zu machen, dazu war es nun zu ſpät.
Den Zeichenſtift (wir kommen darauf zurück) behielt er in der
Hand, die Palette that er bei Seite.

Die bald eintretenden Vorgänge des Jahres 1848, erſchüt-
ternd wie ſie für ſein loyales, ganz an dem alten Preußen
hängendes Herz waren, erleichterten ihm doch, eben in der

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[389/0407] Des Näheren auf dieſe Bilder einzugehen, müſſen wir uns verſagen. Nur wenige Worte. „Chriſtus vor Pilatus“ pflegt als ſeine beſte Arbeit angeſehen zu werden, und wird in der That, in Styl und Compoſition, von keinem andern ſeiner Bilder übertroffen; wir dürften indeſſen kaum fehlgreifen, wenn wir, unter voller Würdigung jenes Aneignungstalentes, das er beſaß (dies Wort im beſten Sinne genommen), dennoch zugleich die Anſicht ausſprechen, daß ſeine eigentliche Begabung nach einer andern Seite hin lag. In eine ſpätere Zeit geſtellt, die, wenigſtens in vielen ihrer beſten Schöpfungen, idealiſirend an das reale Leben herantrat, würde er ein geeigneteres Feld für ſeine Thätigkeit gefunden haben. Wir kommen in der Kürze auf dieſen Punkt zurück. Den 14. Mai 1847 ſtarb ihm die geliebte Frau, an der er, von dem erſten Tage ihrer Bekanntſchaft an, in ſchwärme- riſcher, immer wachſender Neigung gehangen hatte; hiermit war ein neuer Wendepunkt in ſeinem Leben gegeben. Er nahm nun Abſchied von jenem heiteren Reiche der Kunſt in das die Lallah- Rukh-Tage ihn eingeführt, worin die römiſchen Tage ihn befeſtigt, die dreißiger Jahre zu Ruhm und Anſehn erhoben hatten, er nahm Abſchied von dieſem heiteren Reiche, wobei nur einzufügen bleibt, daß dieſes Scheiden ein durch die unmit- telbar voraufgehenden Jahre allmälig vorbereitetes Ereigniß war. Das Erſcheinen von Peter v. Cornelius in Berlin, die gewal- tige Thätigkeit, die derſelbe zu entfalten begann, die großartigen Entwürfe zum Campo Santo, die Carton um Carton eben damals entſtanden, hatten ihn bereits um die Mitte der vier- ziger Jahre empfinden laſſen, daß es vergeblich ſei, auf ver- wandtem Gebiete neben dieſem Rieſen zu ringen. Ein andres Gebiet ſich unterthan zu machen, dazu war es nun zu ſpät. Den Zeichenſtift (wir kommen darauf zurück) behielt er in der Hand, die Palette that er bei Seite. Die bald eintretenden Vorgänge des Jahres 1848, erſchüt- ternd wie ſie für ſein loyales, ganz an dem alten Preußen hängendes Herz waren, erleichterten ihm doch, eben in der

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/407>, abgerufen am 24.11.2024.