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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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erschüttert -- eine Reise an, suchte christliche Prediger und
Gottesmänner auf und zeigte damals eine große Neigung, zur
Brüdergemeinde überzutreten. Dies unterblieb jedoch. 1744
im Spätherbst wurde er Vikar in Zerrenthin bei Prenzlau,
wo er empfinden lernte, "wie schwer sichs predigt, wenn nie-
mand hören will;" zwei Jahre später (1746) kam er als
Hauslehrer des jungen Grafen von Promnitz nach Drehna in
der Niederlausitz, wo er gleichzeitig mit großem Erfolge zu
predigen begann. Sein Prediger-Eifer und die ihm daraus
entspringende Kraft waren so groß, daß er in verhältnißmäßig
kurzer Zeit die wendische Sprache lernte, um auch den
Wenden (die im Spreewald und anderen Gegenden der Lausitz
zum Theil bis heute noch kein Deutsch verstehen) das Evange-
lium predigen zu können.

1748 erhielt er einen Ruf nach Bunzlau. Es hieß an-
fänglich: er sei zu jung. Am 20. Sonntage nach Trinitatis
aber predigte er über den Text: "Der Herr sprach zu mir,
sage nicht, ich bin zu jung; sondern Du sollst gehen, wohin
ich Dich sende, und predigen, was ich Dir heiße," mit solcher
Gewalt, daß er die ganze Gemeinde mit sich fort riß. Immer
neue Erbauungsversammlungen mußten abgehalten werden; die
Kirche hatte nicht Raum genug; unter freiem Himmel, im Bunz-
auer Stadtwald mußte er predigen; "es schien, als ob das
Feuer Christi die ganze Stadt anzünden wollte." Dabei blieb
er voll körperlicher und geistiger Frische. 1749 verlobte er sich
mit Johanna Sabina, Tochter des Pastors Zietelmann zu
Flieth bei Prenzlau; im Mai trafen sich die jungen Brautleute
in Berlin, wo neun Söhne (darunter bereits drei Pastoren),
eine Tochter und drei Schwiegertöchter des alten Pastors
Woltersdorf, sich zur Hochzeitsfeier versammelt hatten. Der
Vater segnete das Paar ein, das bald darauf in die Bunz-
lauer Pfarrwohnung einzog.

Die junge Frau brachte Glück und empfing es; aber die
Flitterwochen müssen andere gewesen sein als die unsrigen;
alles junge Glück der Liebe schloß eine immer wachsende geist-

erſchüttert — eine Reiſe an, ſuchte chriſtliche Prediger und
Gottesmänner auf und zeigte damals eine große Neigung, zur
Brüdergemeinde überzutreten. Dies unterblieb jedoch. 1744
im Spätherbſt wurde er Vikar in Zerrenthin bei Prenzlau,
wo er empfinden lernte, „wie ſchwer ſichs predigt, wenn nie-
mand hören will;“ zwei Jahre ſpäter (1746) kam er als
Hauslehrer des jungen Grafen von Promnitz nach Drehna in
der Niederlauſitz, wo er gleichzeitig mit großem Erfolge zu
predigen begann. Sein Prediger-Eifer und die ihm daraus
entſpringende Kraft waren ſo groß, daß er in verhältnißmäßig
kurzer Zeit die wendiſche Sprache lernte, um auch den
Wenden (die im Spreewald und anderen Gegenden der Lauſitz
zum Theil bis heute noch kein Deutſch verſtehen) das Evange-
lium predigen zu können.

1748 erhielt er einen Ruf nach Bunzlau. Es hieß an-
fänglich: er ſei zu jung. Am 20. Sonntage nach Trinitatis
aber predigte er über den Text: „Der Herr ſprach zu mir,
ſage nicht, ich bin zu jung; ſondern Du ſollſt gehen, wohin
ich Dich ſende, und predigen, was ich Dir heiße,“ mit ſolcher
Gewalt, daß er die ganze Gemeinde mit ſich fort riß. Immer
neue Erbauungsverſammlungen mußten abgehalten werden; die
Kirche hatte nicht Raum genug; unter freiem Himmel, im Bunz-
auer Stadtwald mußte er predigen; „es ſchien, als ob das
Feuer Chriſti die ganze Stadt anzünden wollte.“ Dabei blieb
er voll körperlicher und geiſtiger Friſche. 1749 verlobte er ſich
mit Johanna Sabina, Tochter des Paſtors Zietelmann zu
Flieth bei Prenzlau; im Mai trafen ſich die jungen Brautleute
in Berlin, wo neun Söhne (darunter bereits drei Paſtoren),
eine Tochter und drei Schwiegertöchter des alten Paſtors
Woltersdorf, ſich zur Hochzeitsfeier verſammelt hatten. Der
Vater ſegnete das Paar ein, das bald darauf in die Bunz-
lauer Pfarrwohnung einzog.

Die junge Frau brachte Glück und empfing es; aber die
Flitterwochen müſſen andere geweſen ſein als die unſrigen;
alles junge Glück der Liebe ſchloß eine immer wachſende geiſt-

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[423/0441] erſchüttert — eine Reiſe an, ſuchte chriſtliche Prediger und Gottesmänner auf und zeigte damals eine große Neigung, zur Brüdergemeinde überzutreten. Dies unterblieb jedoch. 1744 im Spätherbſt wurde er Vikar in Zerrenthin bei Prenzlau, wo er empfinden lernte, „wie ſchwer ſichs predigt, wenn nie- mand hören will;“ zwei Jahre ſpäter (1746) kam er als Hauslehrer des jungen Grafen von Promnitz nach Drehna in der Niederlauſitz, wo er gleichzeitig mit großem Erfolge zu predigen begann. Sein Prediger-Eifer und die ihm daraus entſpringende Kraft waren ſo groß, daß er in verhältnißmäßig kurzer Zeit die wendiſche Sprache lernte, um auch den Wenden (die im Spreewald und anderen Gegenden der Lauſitz zum Theil bis heute noch kein Deutſch verſtehen) das Evange- lium predigen zu können. 1748 erhielt er einen Ruf nach Bunzlau. Es hieß an- fänglich: er ſei zu jung. Am 20. Sonntage nach Trinitatis aber predigte er über den Text: „Der Herr ſprach zu mir, ſage nicht, ich bin zu jung; ſondern Du ſollſt gehen, wohin ich Dich ſende, und predigen, was ich Dir heiße,“ mit ſolcher Gewalt, daß er die ganze Gemeinde mit ſich fort riß. Immer neue Erbauungsverſammlungen mußten abgehalten werden; die Kirche hatte nicht Raum genug; unter freiem Himmel, im Bunz- auer Stadtwald mußte er predigen; „es ſchien, als ob das Feuer Chriſti die ganze Stadt anzünden wollte.“ Dabei blieb er voll körperlicher und geiſtiger Friſche. 1749 verlobte er ſich mit Johanna Sabina, Tochter des Paſtors Zietelmann zu Flieth bei Prenzlau; im Mai trafen ſich die jungen Brautleute in Berlin, wo neun Söhne (darunter bereits drei Paſtoren), eine Tochter und drei Schwiegertöchter des alten Paſtors Woltersdorf, ſich zur Hochzeitsfeier verſammelt hatten. Der Vater ſegnete das Paar ein, das bald darauf in die Bunz- lauer Pfarrwohnung einzog. Die junge Frau brachte Glück und empfing es; aber die Flitterwochen müſſen andere geweſen ſein als die unſrigen; alles junge Glück der Liebe ſchloß eine immer wachſende geiſt-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/441>, abgerufen am 24.11.2024.