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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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Das v. d. Reckeſche Haus wurde verkauft (ich weiß nicht,
wann) und die Mendelsſohns kauften es. Sie beſaßen es erſt
kurze Zeit, da gab es eine hohe Feier hier: die Freiwilligen
zogen aus und ein Abſchiedsfeſt verſammelte ſie in dieſem Garten.
Eine lange Tafel war gedeckt und aus der Mitte der Tafel
wuchs der alte Eibenbaum auf, wie ein Weihnachtsbaum,
ungeſchmückt, — nur die Hoffnung ſah goldne Früchte in
ſeinem Grün.

Und die Hoffnung hatte nicht gelogen: der Friede kam mit
goldner Frucht, und die heitern Künſte ſchaarten ſich jetzt um
den Eibenbaum, der, ernſt wie immer, aber nicht unwirſch
dreinſchaute. Felix Mendelsſohn, halb ein Knabe noch, hörte
unter ſeinem mondlichtdurchglitzerten Dach die Muſik tanzender
Elfen.

Und wieder andere Zeiten kamen. Vieles war begraben,
Menſchen und Dinge; da zog ſich auch über dem Eibenbaum
ein ernſtes Wetter zuſammen. Wer weiß, was geſchehen wäre,
wenn nicht des Eibenbaums beſter Freund noch gelebt hätte —
der lenkte den Strahl ab.

1852 brannte die „Erſte Kammer“ nieder (damals in der
Oberwallſtraße); das Mendelsſohnſche Haus, ſammt Garten und
Eibenbaum, wurde gekauft und das Preußiſche Oberhaus hielt
ſeinen Einzug an neuer Stelle. Niemand ahnte Böſes; da
ergab ſich’s, daß die Räumlichkeiten nicht ausreichten, — es
mußte gebaut werden. Ein großes Hintergebäude ſollte den feh-
lenden Raum ſchaffen. So weit war Alles klipp und klar,
wenn nur der Eibenbaum nicht geweſen wäre. Der ſchuf die
Schwierigkeit, der „beherrſchte die Situation.“ Einige wollten
zwar kurzen Proceß mit ihm machen und ihm einfach den Kopf
vor die Füße legen; aber die hatten es ſehr verſehen. Sie
erfuhren bald zu ihrem Leidweſen, welch hohen Fürſprecher der
Baum an entſcheidender Stelle hatte.

Was war zu thun? Der Baum ſtand juſt da, wo das
neue Gebäude ſeinen Platz finden ſollte. 1851 in London hatte
man über zwei alte Hydeparkbäume die Kuppel des Glaspalaſtes

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/75>, abgerufen am 20.02.2025.