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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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ruhig weggeführt und die Einweihungsfeier unter grünem Dach
und zwitſchernden Vögeln gehalten; aber der alte Eibenbaum im
Sitzungsſaale des Herrenhauſes, — das ging doch nicht. Man
kam alſo auf die Idee einer Verpflanzung. Der König bot
Sansſouci, der Prinz von Preußen Babelsberg zu dieſem Be-
hufe an. Wer wäre nicht bereit geweſen, dem Alten eine Stätte
zu bereiten. Conſultationen wurden abgehalten und die Frage
aufgeworfen, „ob es wohl ginge“; aber ſelbſt die geſchickteſten
Operateure der Gartenkunſt mochten keine Garantie des Gelingens
übernehmen. So wurde denn der Plan einer „Verpflanzung
im Großen“ aufgegeben und ſtatt deſſen die Idee einer Ver-
ſchiebung
, einer Verpflanzung im Kleinen aufgenommen. Man
wollte den Baum loslöſen, den Garten abſchrägen und nun den
losgelöſten Baum, mit Hülfe der Schrägung, bis mitten in den
Garten hineinſchieben. Aber auch dieſe Procedur wurde, als
zu bedenklich, ad acta gelegt und endlich beſchloſſen, den Baum
am alten Platze zu laſſen. Da unſer Freund nicht in der Lage
war, ſich den Baumeiſtern zu bequemen, ſo blieb dieſen nichts
übrig, als ihrerſeits nachzugeben und die Mauer des zu bauen-
den Hauſes an dem Baume entlang zu ziehen. Man hat ihm
die Mauer empfindlich nahe gerückt, aber der Alte, über Aerger
und Rancune längſt weg, reicht ruhig ſeine Zweige zum Fenſter
hinein — ein Gruß, keine Drohung.

Seine Erlebniſſe indeß, auch ſeine Gefährdungen während
der Bauzeit ſind hiermit noch nicht zu Ende erzählt. Während
des Baues (ſo hatte es der hohe Fürſprecher gewollt) war der
Baum mit einem Brettergerüſt umkleidet worden, in dem er
ziemlich geborgen ſtand, eine Art Verſchlag, der die hübſche
Summe von 300 Thalern gekoſtet hatte. Der Freund in Sans-
ſouci gab es gern für ſeinen Freund im Reckeſchen Garten.
Der Vorſchlag war gut gemeint und that auch ſeine Dienſte;
aber er that ſie doch nicht ganz. Mauerſtaub und Berliner
Staub dringen überall hin; ſie finden den feinſten Spalt aus,
wie Luft und Licht. Als endlich das Haus ſtand und mit dem
Baugerüſt zugleich auch der Verſchlag des Baumes fiel, da ging

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/76>, abgerufen am 20.02.2025.